Meinung Wohnungsbautag – aber die deutsche Misere bleibt erhalten
Bildungsdesaster
Die moderne Arbeitswelt im digitalen Zeitalter ist zunehmend auf Spezialisten angewiesen, sei es in der Medizin oder im IT-Bereich, in der Elektronikbranche oder einfach im Büro. Fachwissen ist gefragt, und das erwirbt man in einer Ausbildung. Doch daran hapert es in Deutschland offensichtlich.
Die BA verzeichnete zwischen Oktober 2023 und April 2024 etwa 342.000 Bewerber, die zur Arbeitsagentur gingen, weil sie keinen Ausbildungsplatz gefunden hatten. Das waren 6.000 mehr als im Vorjahreszeitraum. Über die Hälfte von ihnen stand im April noch immer ohne Stelle da.
Sehr wahrscheinlich scheitern viele Bewerber bereits an mangelhafter Schulbildung. Dafür wäre der Staat zuständig. Doch auch an Lehrern fehlt es bekanntlich. Allein in Sachsen fielen im ersten Halbjahr 2023/2024 mehr als eine Million Unterrichtsstunden aus.
Der Staat kümmert sich zu wenig um die Kinder. Während die Söhne und Töchter aus wohlhabenden Familien auf teure Privatschulen ausweichen können, müssen Ärmere mit staatlichen Angeboten vorliebnehmen. Doch statt diese, auch angesichts der gestiegenen Migration, besser auszustatten, wurde jahrelang gespart und gestrichen. Das potenzierte soziale Probleme und sorgt zunehmend für unerträgliche Arbeitsbedingungen. Nach ernsthaftem Bemühen um künftige Fachkräfte sieht das nicht aus.
Industrie wandert ab
Den Sozialabbau wiederum begründet die Bundesregierung mit Mindereinnahmen und Haushaltslöchern. Das ist kein Wunder, wenn Konzerne ihre Produktion in Billiglohnländer verlagern und zunehmend mit ausländischen Großunternehmen, gerne mit Hauptsitz in den USA, verschmelzen. Auch Steuerhinterziehung ist ein beliebter “Sport” der Superreichen. Ausgleichen sollen das die Lohnabhängigen. Ihr Netto vom Brutto wird immer weniger, geschröpft wird vor allem die arbeitende Mittelschicht.
Der Abzug der Produktion dahin, wo mit den geringsten Mitteln der meiste Profit erwirtschaftet werden kann, entspricht allerdings der kapitalistischen Logik. Wenn die Märkte offen sind und die Politik nicht eingreift, kann man das keinem Unternehmen verübeln. Denn der einzige Wert, den die westliche kapitalistische Wirtschaft kennt, ist bekanntlich das Kapital. Das muss sich möglichst profitabel verwerten lassen.
Absurde Sanktionspolitik
In Deutschland und der EU kommt freilich das Energiedesaster hinzu, verursacht vor allem durch die absurde Sanktionspolitik gegen Russland. Auch die Aufklärung des Terroranschlags gegen die Nordstream-Pipelines ist augenscheinlich unerwünscht. So haben die Entscheider im Bundestag und im EU-Parlament die europäische Wirtschaft praktisch abgeschnitten von ihrer Lebensader.
Unternehmen, die es sich leisten können, packen die Koffer und ziehen dorthin, wo es billiger ist, gefolgt von gutbetuchten Hochstudierten, also Fachkräften, die freilich auch dort benötigt werden. Zurück bleiben vor allem kleine Betriebe und Lohnabhängige, die der Staat zur Kasse bittet. Denn die zahlreichen Ableger von US-Konzernen wissen, wie man Steuern vermeidet und trotzdem Fördermittel kassiert. Da ist es nicht erstaunlich, dass zugleich Fachkräfte fehlen und die Arbeitslosigkeit steigt.
Abwärtsspirale
Die Abwärtsspirale ist also eine Mischung aus ökonomischen und politischen Faktoren: Politisch forcierte horrende Energiekosten und im Sinne der Logik des freien Marktes abwandernde Unternehmen sorgen für einen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Mangelhafte Bildung, zu Verwerfungen führende Sozialkürzungen und miese Arbeitsbedingungen bescheren zugleich den Fachkräftemangel.
Das ist ein Teufelskreis aus Deregulation der Märkte und Sozialabbau, mit dem unter anderem die kriegerische Aufrüstung finanziert werden soll. Politiker wie Finanzminister Christian Lindner (FDP) schwören gar darauf als Allheilmittel. Für die mächtigsten Großkonzerne, gerne mit Sitz in den USA, mag das stimmen. Doch für die Massen in Deutschland und Europa beschleunigt das die Abwärtsspirale weiter.
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