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Gewaltsamer Start in 2023: Bereits der dritte Tote nach Polizeieinsatz in Los Angeles

Gewaltsamer Start in 2023: Bereits der dritte Tote nach Polizeieinsatz in Los Angeles

Quelle: Gettyimages.ru © Francine Orr / Los Angeles TimesPatrisse Cullors ist eine der drei Mitbegründerinnen der Black-Lives-Matter-Bewegung, hier bei einer Kundgebung am 07.06.2020 in Hollywood.

Das neue Jahr ist noch keine zwei Wochen alt, und doch muss sich die Polizei in Los Angeles für den bereits dritten Fall eines tödlichen Polizeieinsatzes seit Jahresbeginn rechtfertigen. Dieser Fall hat es in sich: Ausgerechnet der Cousin einer Mitbegründerin der Bewegung gegen Polizeigewalt “Black Lives Matter” (BLM) starb an Herzversagen, nachdem Polizisten des Los Angeles Police Department (LAPD) gegen ihn mehrfach den Elektroschocker eingesetzt hatten. Im Sommer 2020 führte die BLM-Bewegung landesweite Ausschreitungen nach Fällen von Polizeigewalt gegen Afroamerikaner an.

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Der Vorfall hatte sich bereits am 3. Januar ereignet, wurde jedoch erst am Mittwoch bekannt. Keenan Anderson, ein 31-jähriger Highschool-Lehrer, Familienvater und Cousin der BLM-Mitbegründerin Patrisse Cullors war an jenem Tag gegen 15.30 Uhr Ortszeit in einen Verkehrsunfall an der Kreuzung Venice und Lincoln Boulevard in Los Angeles verwickelt. Der zur Unfallaufnahme herbeigeeilte Polizeibeamte fand Anderson nach seinen Angaben mitten auf der Fahrbahn in einem offenbar verwirrten Zustand vor. Der Anweisung, sich auf den Bürgersteig zu setzen, folgte der Mann zuerst. Die Darstellungen zum weiteren Hergang gehen auseinander: Aus noch ungeklärten Gründen geriet Anderson in Panik und versuchte zu flüchten, wurde aber von mehreren Polizisten auf Motorrädern eingeholt und zu Boden gebracht. 

Was weiter geschah, zeigen die Aufnahmen der Bodycam eines der Beamten, die die Familie des Verstorbenen am Mittwoch veröffentlichte. Man sieht, wie mehrere Polizisten den mit Gesicht zur Fahrbahndecke liegenden Mann festhalten. Ein Beamter hat seinen Ellbogen auf Andersons Nacken gelegt. Anderson wehrt sich passiv, versucht sich aus dem Klammergriff zu entwinden. Dann holt ein weiterer Beamter den Elektroschocker hervor und betäubt den am Boden Liegenden etwa 30 Sekunden lang, obwohl dieser zwischenzeitlich mehrfach beteuert, sich nicht (mehr) zu wehren, und um Hilfe fleht. 

Später trafen Sanitäter am Tatort ein und brachten Anderson in ein Krankenhaus, wo er nach Angaben des LAPD viereinhalb Stunden später einen Herzstillstand erlitt und starb.

Unklar ist noch, ob der Einsatz des Elektroschockers den tödlichen Herzstillstand hervorgerufen hat. Der Chef des LAPD, Michel Moore, sagte in einer Pressekonferenz, Andersons Verhalten sei “unberechenbar” gewesen und er habe einen “medizinischen Notfall” erlitten. Er behauptete, dass ein vorläufiger Bluttest Cannabis und Kokain in Andersons Körper nachgewiesen habe. Eine formelle Todesursache wurde noch nicht festgestellt.

Video: Situation aus einer anderen Perspektive

Die BLM-Mitbegründerin Cullors ist sich jedoch sicher, dass das “polizeiliche Fehlverhalten” zumindest einen entscheidenden Beitrag zum Versterben ihres Cousins geleistet hat:

“Es war ein Verkehrsunfall. Anstatt ihn wie einen potenziellen Kriminellen zu behandeln, hätte die Polizei den Krankenwagen rufen sollen. Wenn es eine Politik gäbe, bei der bei Verkehrskontrollen unbewaffnete Fachleute vor Ort wären, um in jeder Situation zu helfen, dann hätte das den Tod meines Cousins verhindert. Und das hätte so viele andere Todesfälle verhindert.” 

Gegenüber dem britischen Guardian wurde Cullors deutlicher:

“Mein Cousin hat um Hilfe gebeten, und er hat sie nicht bekommen. Er wurde getötet. Niemand verdient es, in Angst zu sterben, in Panik zu geraten und um sein Leben zu fürchten. Mein Cousin hatte Angst um sein Leben. Er war die letzten zehn Jahre Zeuge einer Bewegung, die sich gegen die Tötung von Schwarzen wendet. Er wusste, was auf dem Spiel stand, und er wollte sich schützen. Niemand war bereit, ihn zu schützen.”

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Nach Angaben des Polizeichefs von Los Angeles gibt es in Kalifornien keine expliziten Vorschriften, die den Einsatz von Elektroschockern reglementieren. Es gibt keine festgelegte Höchstzahl, wie oft ein Taser in einer bestimmten Situation eingesetzt werden kann. Beamte sind lediglich generell angewiesen, wiederholte oder gleichzeitige Aktivierungen gering zu halten, um mögliche Verletzungen zu vermeiden. Bekannt ist inzwischen, dass gegenüber Anderson der Elektroschocker zehnmal aktiviert wurde. 

Untersuchungen zur Häufigkeit und den Umständen des Einsatzes von Elektroschockern in den USA deuten darauf hin, dass sich die ursprüngliche Erwartung, das Teasern werde den polizeilichen Einsatz von Schutzwaffen reduzieren, nicht erfüllt haben. Die Zahl der polizeilichen Erschießungen ist seit Einführung der Elektroschocker nicht signifikant zurückgegangen. Offenbar setzen die Polizeibeamten die neuen Geräte in Situationen ein, in denen sie früher ohne Waffe zurechtkamen oder in denen zuvor das Vorzeigen der Schusswaffe ausgereicht hatte. In Situationen, die die Beamten als für sich gefährlich empfinden, setzen sie hingegen weiterhin und offensichtlich unvermindert die Schusswaffe ein.

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