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Britisches Unterhaus beschließt Deportation von Asylbewerbern nach Ruanda

Britisches Unterhaus beschließt Deportation von Asylbewerbern nach Ruanda

Quelle: www.globallookpress.com © David RenkeKigali, Ruanda, 21.06.2023

Der Vorschlag stammte ursprünglich noch von Boris Johnson, aber der jetzige Premierminister Rishi Sunak, selbst indischer Abstammung, hat ihn jetzt durch das Unterhaus gedrückt: das Gesetz zur Deportation illegaler Einwanderer nach Ruanda. Dort sollen sie Asylanträge stellen, dort sollen sie bearbeitet werden; zu diesem Zweck hat die britische Regierung bereits einen Vertrag mit Ruanda abgeschlossen und bereits 140 Millionen britische Pfund (163 Millionen Euro) für Unterbringung und Versorgung der Deportierten gezahlt.

Großbritannien: Rekordzahl von Migranten kam 2022 auf dem Seeweg

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Eine erste Version dieses Gesetzes war am Obersten Gerichtshof gescheitert, der darin einen Verstoß gegen die Menschenrechte sah. Der aktuelle Gesetzestext ist maßgeschneidert, um diese Entscheidung zu umgehen; er passierte jetzt das Unterhaus mit 320 gegen 270 Stimmen, muss aber noch vom Oberhaus verabschiedet werden, wo die Beratungen frühestens Mitte Februar beginnen und beim letzten Anlauf drei Monate dauerten.

Der Zweck dieses Gesetzes soll es sein, illegale Migration abzuschrecken. Diese findet nach Großbritannien, immerhin eine Insel, in weit geringerem Ausmaß statt als nach dem Rest Europas; es geht im Grunde nur um jene Migranten, die den Ärmelkanal in Booten überqueren. Großbritannien hat eine große Migrationsbevölkerung; der indischstämmige Premier ist ein Teil davon, wenn auch ökonomisch alles andere als repräsentativ. Als Folge des einst gigantischen britischen Kolonialreiches beherrschten die meisten Einwanderer allerdings bereits die Sprache und waren auch mit dem Rechtssystem ansatzweise vertraut. Die Zahl der illegalen Einwanderer lag im vergangenen Jahr bei 29.437 Menschen. Die Zahl der Asylbewerber lag 2023 bei 175.438.

Im Dezember war ein Minister der Regierung Sunak zurückgetreten, weil ihm das Gesetz nicht weit genug ging. Der rechte Flügel der britischen Konservativen fordert, jeden Einspruch gegen die Entscheidung im dann in Ruanda geführten Asylverfahren vor internationalen Gerichten zu unterbinden.

Das kleine tropische zentralafrikanische Land mit einer Bevölkerung von 13,3 Millionen, aber einer Bevölkerungsdichte von 504 Einwohnern pro Quadratkilometer, hat kaum Rohstoffe und Industrie und einen Arzt auf 18.000 Einwohner. Eines der Hauptprobleme des Landes ist die Energieknappheit. Die 140 Millionen Pfund, die bereits von Großbritannien an die ehemalige belgische Kolonie gezahlt wurden, dürften zwischen sieben und zehn Prozent der Staatseinnahmen entsprechen (2016 betrugen sie 1,86 Milliarden US-Dollar).

Die Deportation nach Ruanda soll über die gesamte Zeit des Asylverfahrens andauern. Die Verfahren werden in Großbritannien extrem langsam bearbeitet; 2023 waren 83 Prozent der Anträge aus dem Jahr 2018 noch nicht beschieden.

Asylanträge um 50 Prozent gestiegen – Täglich Anträge von 370 jungen Männern

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Das Oberhaus blockiert ausgesprochen selten Gesetze, die bereits erfolgreich das Unterhaus passiert haben. In diesem Fall könnten sich, schreibt Politico, zwei Faktoren bemerkbar machen: die halbformellen Abkommen, Gesetze nicht zu blockieren, beruhen darauf, dass das Oberhaus nicht gewählt ist, die Mehrheit des Unterhauses sich aber auf ein Mandat des Wählers berufen könne; dieses Gesetz aber im Wahlprogramm der Konservativen noch nicht erwähnt ist, die Wähler also gar kein Mandat dazu erteilt haben können. Und zudem verstößt das Gesetz auch in seiner neuen Version mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen internationale Verträge, an die Großbritannien gebunden ist, und gegen die Menschenrechtskonvention. Unter diesen Umständen, so das Portal, könnte die Entscheidung anders ausfallen. Das Minimum, das aber erwartet werden kann, ist ein Hinauszögern der Entscheidung.

Wie widersprüchlich die ganze Auseinandersetzung in Großbritannien abläuft, zeigt sich vermutlich am deutlichsten an der ehemaligen Innenministerin Suella Braverman, die den ersten Entwurf für dieses Gesetz eingebracht hatte. Braverman ist das Kind indischer Migranten, die allerdings nicht direkt aus Indien kamen, sondern deren Vorfahren bereits zuvor nach Kenia und Mauritius ausgewandert waren. Sie hatte bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs im Unterhaus gesagt, es gebe “rund um die Erde hundert Millionen Menschen, die unter unseren jetzigen Gesetzen Anspruch auf Aufnahme geltend machen könnten. Und reden wir doch Klartext – die kommen hierher!”

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