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Dieser Schuss geht nach hinten los: Die Drohungen der EU gegen Ungarn

Dieser Schuss geht nach hinten los: Die Drohungen der EU gegen Ungarn

Quelle: www.globallookpress.com © Dominika Zarzycka / Keystone Press Agency via Global Look Press

Von Andrew Korybko

Die britische Financial Times berichtete in den Tagen vor dem EU-Gipfel in der vergangenen Woche, dass die Europäische Union plante, Ungarns Wirtschaft zu sabotieren, sollte Premierminister Orban nicht die 50 Milliarden Euro an Fördermitteln für die Ukraine genehmigen, die in den folgenden vier Jahren ausgeschüttet werden sollen, nachdem Ungarn eine entsprechende Einigung im Dezember vergangenen Jahres verhindert hat. Letztendlich stimmte Orbán vergangene Woche dem Vorschlag der Europäischen Kommission zu, unter der Bedingung, dass die blockierten Beitragszahlungen Ungarns nicht in die Ukraine umgeleitet werden und dass ein Kontrollmechanismus eingeführt wird, der letztlich kein Vetorecht vorsieht.

Financial Times als Propaganda-Arm der britischen Regierung: Der "Fall Ungarn" beweist es

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Analyse Financial Times als Propaganda-Arm der britischen Regierung: Der “Fall Ungarn” beweist es

Das ist eigentlich alles, was Orbán von Anfang an wollte. Allerdings hat sich die EU beim letzten Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs im vergangenen Dezember geweigert, auf die Forderung Ungarns einzugehen, weshalb Ungarn den Vorschlag ablehnte und somit blockierte. Aus diesem Grund feierte Orbán auf Twitter den Durchbruch in den Verhandlungen, indem er erklärte: “Mission erfüllt. Ungarns Mittel werden nicht in der Ukraine enden und wir haben einen Kontrollmechanismus etabliert. Unsere Position zum Krieg in der Ukraine bleibt unverändert. Wir brauchen einen Waffenstillstand und Friedensgespräche.”

Aufgrund weit verbreiteter Fehlinformationen in den Medien über den Zweck dieser Mittel, stellte der ungarische Staatschef außerdem klar, dass diese offiziell dazu dienen sollen, der Ukraine bei der Deckung ihres zivilen Haushaltsbedarfs zu helfen, und nicht für die Beschaffung von zusätzlicher militärischer Ausrüstung, obwohl zwangsläufig einiges dafür abgezweigt werden wird. Deshalb konnte Orbán auch bekräftigen, dass sich die Position seines Landes gegenüber dem Ukraine-Konflikt nicht geändert hat, da Ungarn nicht für die Fortsetzung dieses Konflikts einsteht, sondern lediglich dafür, zu verhindern, dass der ukrainische Staat zusammenbricht.

Die Forderungen von Viktor Orbán waren berechtigt. Es wäre schwierig, eine Person zu finden, die nicht damit einverstanden wäre, mit der Notwendigkeit einer Rechenschaftspflicht und einer Verhinderung, dass ungarische Beitragszahlungen für andere Zwecke umgeleitet werden. Dennoch war die EU dermaßen darüber verärgert, dass man sich im vergangenen Dezember kollektiv den Forderungen Ungarns widersetzte, und sich anschickte, die vorgeschlagene Finanzierung ohne die ungarischen Bedingungen zu genehmigen. Die EU reagierte darauf in der Folge in harscher Weise und drohte Berichten zufolge damit, die ungarische Wirtschaft zu sabotieren, falls Orbán diesen Entscheidungsprozess ein zweites Mal behindern sollte.

Offensichtlich waren auf dem letzten Gipfel so viele rationale Führungspersönlichkeiten vertreten, dass die beiden Parteien Ungarn und EU diesbezüglich einen Kompromiss erzielen konnten, der Orbán alles gab, was er ursprünglich wollte. Es kann nur spekuliert werden, wer diese Leute waren – vielleicht war die italienische Ministerpräsidentin Meloni unter ihnen –, aber sie förderten eine Vereinbarung im guten Glauben zwischen Budapest und Brüssel, ohne dass die Europäische Union den Rubikon hätte überschreiten müssen, indem sie die Wirtschaft eines Mitglieds derselben Union aus rein politischen Gründen, und im Interesse eines Nichtmitglieds, sabotiert hätte.

Angesichts des Endergebnisses des jüngsten EU-Gipfels war die Veröffentlichung dieser Drohungen in der Financial Times völlig fehl am Platz und im Grunde genommen kontraproduktiv. Damit wurde die Soft Power der Europäischen Union zusätzlich untergraben, indem der Artikel der weit verbreiteten Kritik, dass die Union im vergangenen Jahrzehnt ins Totalitäre abgeglitten ist, zusätzliche Glaubwürdigkeit verlieh. Diese Konsequenz war jedoch vorhersehbar, sodass es unklar bleibt, warum die Entscheidung getroffen wurde, den Plan der EU gegen Ungarn an die Presse weiterzugeben. Ein möglicher Grund dafür könnte sein, dass dies mit der kurzsichtigen Absicht geschah, damit lediglich eine bestimmte Zielgruppe anzusprechen.

Insbesondere hätten die Eurokraten damit rechnen können, dass nach Vorgesprächen mit anderen Staats- und Regierungschefs, von Anfang an eine Einigung erzielt werden wird, von denen einige vermutlich ihre Absicht geäußert hätten, einen pragmatischen Kompromiss jener Art zu vermitteln, wie Orbán es sich vorgestellt hatte. Als sie dieses Ergebnis vorhersahen und sich an den Medienrummel nach dem letzten Gipfel im vergangenen Dezember erinnerten, wollten sie vielleicht präventiv das Narrativ formulieren, dass Orbán kapituliert und deshalb seine Interessen verraten hat.

Die Einzigen, die für diese Wendung empfänglich wären, sind eingefleischte EU-Befürworter, die Orbán aus ideologischen Gründen hassen. Es besteht auch die Möglichkeit, dass dadurch einige sogenannte “Euroskeptiker” sich von Orbán abgewendet haben, nachdem sie auf dieses falsche Narrativ der Financial Times hereingefallen sind. Die New York Times deutete dies in einem direkt nach dem Gipfel veröffentlichten Artikel an, in dem sie schrieb: “Das wahre Ziel von Orbán besteht darin, eine populistische und basisorientierte Rebellion gegen die liberale Elite Europas anzuführen, obwohl diese Kampagne Anzeichen dafür zeigt, dass sie ins Stocken gerät.”

Die pathologische Angst davor, dass Orbán mehr Herzen und Köpfe innerhalb der gesamten Union gewinnen kann, was mit der Zeit zu weiteren demokratisch motivierten populistischen Aufständen führen könnte, hat sie möglicherweise blind für die Kontraproduktivität gemacht, die Drohung auszusprechen, die ungarische Wirtschaft zu sabotieren, falls es zu keiner Einigung kommt. Auf diese Weise hat die EU möglicherweise die Moral einiger Anhänger von Orbán geschwächt und möglicherweise eine statistisch unbedeutende Anzahl seiner Anhänger in die Irre führen können, allerdings um den Preis, sich selbst einen irreparablen Rufschaden zugefügt zu haben.

Es ist keine “Verschwörungstheorie” mehr, zu behaupten, dass die EU demokratisch gewählte konservativ-nationalistische Regierungen durch hybride Kriegsmittel zu untergraben versucht, nachdem ein führendes liberal-globalistisches Medium wie die Financial Times unter Berufung auf Insider-Quellen berichtet hat, dass dies genau das sei, was geplant war. Der Leser sollte bedenken, dass es mittlerweile wahrscheinlich ist, dass es von Anfang an zu einem Kompromiss kam, da Orbán letztendlich erreichte, was er erreichen wollte, und dass dieses ganze mediale Komplott somit aus rein politischen Gründen erfolgte.

Gezielte "Einschüchterung": Wie die EU Orbán zum Einlenken bei den Ukraine-Hilfen drängte

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Aber Orbán ließ sich davon nicht beeindrucken, da er bereits Wind von dieser “Verschwörung” bekommen hatte und deren allgemeine Ziele seit Jahren kennt. Außerdem entsprach der daraus resultierende Kompromiss seinen zuvor dargelegten nationalen Interessen, was der Behauptung noch mehr Gewicht verleiht, dass das Vorgehen der EU auf propagandistischen Motiven beruhte. 

Für die Europäische Union ging der Schuss jedoch nach hinten los. Niemand wird vergessen, was Ungarn angedroht wurde, was dazu führen wird, dass Orbán all die zusätzlichen Herzen und Köpfe gewinnt, die Brüssel gerade verloren hat.

Aus dem Englischen.

Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger amerikanischer Politologe, der sich auf die US-Strategie in Afrika und Eurasien sowie auf Chinas Belt & Road-Initiative, Russlands geopolitischen Balanceakt und hybride Kriegsführung spezialisiert hat.

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