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100 Jahre Hitlers Bierputsch: Und Scholz führt Deutschland wieder auf die schiefe Bahn

100 Jahre Hitlers Bierputsch: Und Scholz führt Deutschland wieder auf die schiefe Bahn

Quelle: Gettyimages.ru © Heinrich Hoffmann/ullstein bildAdolf Hitler bei einer Gedenkfeier an den Bierputsch im Jahr 1938

Von Maxim Sokolow

Hätte sich der Münchener Bierputsch nicht vor hundert Jahren, am 8. und 9. November 1923, ereignet, sondern heute, würde man ihn nach der neuen Terminologie als Farbrevolution oder “Revolution der Würde” bezeichnen. Oder zumindest als Versuch einer solchen Revolution.

In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg gab es in Europa überall Revolutionsbestrebungen, nicht nur von der Linken und der Komintern, sondern auch in eine ganz andere Richtung zielend. Ein Jahr vor dem Bierputsch marschierten im Oktober 1922 die Schwarzhemden in Rom ein. Als Ergebnis dieser Aktion wurde Benito Mussolini zum Ministerpräsidenten Italiens mit außerordentlichen Vollmachten ernannt, den Posten des Duce hatte er bis zum 25. Juli 1943 inne. Dieser Zeitraum wird heute als “ventennio fascista” ‒ die “zwei Jahrzehnte des Faschismus” ‒ bezeichnet.

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Italien war formal eine Siegermacht des Weltkrieges, aber nur formal. Die wirtschaftliche Lage war beklagenswert und das politische Gewicht auf der internationalen Bühne ließ zu wünschen übrig. Das sicherte den Erfolg der faschistischen Unternehmung. Zu dieser Zeit dursteten viele Nationen nach Gerechtigkeit.

Aber wenn die Nachkriegssituation in Italien schon kein Honigschlecken war, so war sie im besiegten Deutschland noch hundertmal schlimmer. Steuern, untragbare Reparationszahlungen und als Folge davon die Hyperinflation, die 1922/1923 ausbrach. Bereits im Herbst 1923 brachte die Reichsbank Banknoten im Wert von einer Milliarde und später einer Billion Mark in Umlauf. Auf dem Höhepunkt der Inflation kostete ein Laib Brot 400 Milliarden Mark.

In Russland, das in den 1990er Jahren auch eine hohe Inflation erlebte (Milliarden-Rubel-Banknoten mussten allerdings nicht gedruckt werden), hat sich diese Zeit der Instabilität fest in die kollektive Erinnerung eingebrannt. In Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg war alles viel schlimmer.

Im Herbst 1923 gab es zunächst den Versuch einer sozialistischen Revolution (in Sachsen und Hamburg), und im November ‒ speziell in München ‒ den Versuch einer nationalistischen Revolution. In gewissem Sinne kann man dies als eine verspätete Revolution bezeichnen. Bereits eine Woche nach der Niederschlagung des Bierputsches endete die Inflation. Am 15. November wurde die Rentenmark in Umlauf gebracht, die einer Billion der früheren Reichsmark entsprach. Der Faktor der Inflation war für eine sehr lange Zeit aus dem deutschen Leben verschwunden.

Der Bierputsch wurde im Dritten Reich kanonisiert und mythologisiert, weshalb ihr später ‒ nicht nur von den Nazis ‒ nationalsozialistischer Charakter zugeschrieben wurde. Was kaum zutrifft: Die Ereignisse vor einem Jahrhundert waren eine Revolte der Unzufriedenen, und unzufrieden war 1923 fast jeder in Deutschland. Und diese Unzufriedenheit saß besonders tief in Bayern, wo die separatistischen Bestrebungen traditionell stark waren.

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Der Beginn des Putsches fand im Bürgerbräukeller statt, wo das örtliche Triumvirat vor der bayerischen Prominenz sprechen sollte: der kommissarische Diktator von Bayern, von Kahr, der Befehlshaber der Reichswehr in Bayern, General von Lossow, und der Chef der bayerischen Polizei, von Seißer. Diese drei waren entschlossen, eine eigenständige Politik in München und im Freistaat zu betreiben, in die sich Berlin nicht einzumischen hatte. Die Souveränität des Reiches über Bayern sollte zwar erhalten bleiben, aber nur formal und unter Bedingungen.

In Anbetracht der Schwäche der Berliner Zentralregierung hätte eine solche Politik sogar Aussicht auf Erfolg gehabt, wäre Hitler nicht aufgetaucht. Während von Kahrs Rede stürmte dieser in die Bierhalle, feuerte eine Pistole in die Luft, leerte einen Krug Bier und kündigte den Beginn einer nationalen Revolution an. Das sollte ein siegreicher Marsch auf Berlin werden ‒ in Analogie zum faschistischen Marsch auf Rom vor einem Jahr.

Doch es kam anders als geplant. Der Chef des bayerischen Triumvirats, von Kahr, war zwar ein rechtsextremer Nationalist, aber zugleich ein verantwortungsbewusster Politiker. Er erkannte, dass der Beginn der “nationalen Revolution” zwar sehr spektakulär sein könnte, aber in wenigen Tagen von Berlin zerschlagen werden würde. Und mit ihr auch die bayerischen Freiheiten. Das konnte man nicht zulassen, und so beschloss das Triumvirat, den Aufstand niederzuschlagen. Ungeachtet der großen Nähe des Münchener Dreiergespanns zu den Ansichten der Aufständischen:

“Des passt grad ned.”

Am nächsten Tag, dem 9. November, schoss die Polizei auf den Aufmarsch der “Revolutionäre” in der Münchener Residenzstraße. 16 Putschisten und vier Polizisten wurden bei dem Schusswechsel getötet. Die gefallenen Putschisten waren beliebige Personen: ein Ingenieur, ein Hutmacher, ein Student, ein Kellner. Das ist in solchen Fällen meistens der Fall. Doch wie auch 2014 in Kiew wurden sie zu so etwas wie der bayerischen “Himmlischen Hundertschaft” erklärt und zum Objekt kultischer Verehrung.

Hitler verrenkte sich auf der Flucht das Bein (er rettete ein kleines Mädchen aus dem Kugelhagel, so die Nazi-Legende). Er wurde bald zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, kam aber bereits nach neun Monaten wegen guter Führung vorzeitig frei.

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Hätte Janukowitsch im Februar 2014 den Befehl gegeben, das Feuer auf den Euromaidan in Kiew zu eröffnen, wäre das Ende vielleicht in etwa das gleiche gewesen. Uns geht es jedoch heute nicht um diesen Vergleich, sondern um andere verstörende Ähnlichkeiten: Die Ereignisse von vor einem Jahrhundert und die aktuelle Situation in Deutschland weisen auch einige Parallelen auf.

Die heutige Regierung in Berlin hat den Ruf, die unbeliebteste seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland zu sein. Das ist nicht verwunderlich, denn selbst der schlimmste Feind hätte die Zerstörung der deutschen Wirtschaft nicht derart erfolgreich meistern können. Was die gesellschaftspolitischen Folgen betrifft, so ist zwar noch nicht die Hyperinflation von 1923 erreicht, aber es geht in diese Richtung. 

Wie damals wächst die Popularität der Linken (Sahra Wagenknechts Bündnis) und der Rechten (Alternative für Deutschland). Um die Ähnlichkeit zu vervollständigen, erklärt der bayerische Ministerpräsident ‒ ein moderner von Kahr ‒ dem Berliner Kabinett bereits offen, dass es an der Zeit sei, dass Berlin abtritt. Dabei hieß der deutsche Reichskanzler im Jahr 1923 Gustav Stresemann, ein starker Mann ‒ im heutigen Deutschland sind Straßen und Plätze nach ihm benannt. Dass es in deutschen Städten jemals eine Olaf-Scholz-Straße geben wird, ist wenig wahrscheinlich. Von einer Baerbockstraße ganz zu schweigen. 

So Gott will, wird es nicht zu einem Putsch kommen, aber das wäre nicht das Verdienst der aktuellen deutschen Bundesregierung. Sie tut alles Mögliche und Unmögliche, damit sich die Ereignisse der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wiederholen.

Übersetzung aus dem Russischen. Der Artikel ist am 9. November 2023 auf ria.ru erschienen. 

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