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Washington nennt nicht die wahren Gründe, warum es China sanktionieren will

Washington nennt nicht die wahren Gründe, warum es China sanktionieren will

Quelle: AFP © GETTY IMAGES NORTH AMERICA / Getty Images via AFPUS-Präsident Joe Biden (Washington D.C., 16. September 2022)

Von Rachel Marsden

Medienberichten zufolge erwägen die USA, China als Abschreckung für einen möglichen Angriff auf Taiwan zu sanktionieren. Washington rechtfertigt Wirtschaftssanktionen immer mit dem Hinweis auf eine militärische oder sicherheitspolitische Bedrohung für die USA oder einen ihrer Verbündeten. Dann arbeitet man aktiv daran, die Legitimität dieser Bedrohung zu beweisen – oder eine Illusion davon zu erzeugen.

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Ein solcher Fall betraf die Reise der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, nach Taipeh im vergangenen Sommer, was eine unnötige Provokation gegenüber China war, zu einem Zeitpunkt, an dem die USA aktiv an der Bewaffnung, Ausbildung und Finanzierung von Kämpfern gegen Russland im Ukraine-Konflikt beteiligt sind. Es wird dieselbe Blaupause angewandt, um Spannungen gegen Washingtons geopolitische Feinde zu verstärken, die bereits auf der ganzen Welt angewandt wurde, von Lateinamerika bis zum Nahen Osten.

Die Formel ist einfach. Man finde und unterstütze Oppositionsgruppen oder Regierungen – entweder innerhalb des Ziellandes selbst oder direkt an seinen Landesgrenzen –, die bereit sind, Washingtons Vorgaben zu erfüllen, im Austausch für Vorteile – oder Versprechungen davon. Wenn das Zielland darauf reagiert, wird es vom Westen als “Unterdrückung” oder “scharfes Vorgehen” qualifiziert, was beides praktischerweise die Tür für den Einsatz verschiedener Instrumente im westlichen Arsenal für globale Hegemonie öffnet – alles im Namen der Verteidigung von Freiheit und Demokratie. Und natürlich der Menschenrechte.

Washington war sich voll und ganz bewusst, dass die Reise von Pelosi nach Taiwan ein hohes Risiko barg, eine militärische Reaktion Chinas zu provozieren. Jede solche Reaktion wäre vom Westen ausgenutzt worden – was Peking zweifellos verstanden hat, als es sich weigerte, den Köder zu schlucken. Aber das hat die USA nicht davon abgehalten, trotzdem Strafsanktionen voranzutreiben, als wäre Chinas Zurückhaltung nicht gerade getestet und bewiesen worden oder als habe die offizielle US-Politik nicht offiziell anerkannt, dass Taiwan tatsächlich ein Teil Chinas ist. Washington scheint entschlossen zu sein, sein langjähriges Verteidigungsabkommen zu nutzen, um Waffen an Taipeh zu verkaufen, um es so aussehen zu lassen, als sei Taiwan ein separates Land, das sich gegen China verteidigen muss, obwohl es in Wirklichkeit weder von den Vereinten Nationen, den USA oder dem Völkerrecht als ein solches anerkannt wird.

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Und jetzt baut Washington ein Narrativ auf, in dem Taiwan zur neuen Ukraine wird – der rauflustige kleine Kerl, der sich gegen den Riesen von nebenan stellt und der Captain America braucht, der zu seiner Rettung eilt. Diese Optik hat es Washington ermöglicht, Waffen im Wert von 1,1 Milliarden US-Dollar an Taiwan zu verkaufen, im Nachgang zu einer früheren Lieferung im Wert von 2,37 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020, die als Teil eines Auftragsvolumens von insgesamt 14 Milliarden US-Dollar noch gar nicht nicht erfüllt wurde.

Laut Reuters arbeitet die Regierung von Präsident Joe Biden auch an einem Sanktionspaket, das den chinesischen Fertigungssektor für Konsumgüter treffen würde, und verwies auf die Komplexität der Verflechtungen der globalen Lieferketten mit der US-Wirtschaft. Es scheint, dass Sanktionen für Washington immer das Endspiel sind, genauso wie es bei Militärinterventionen in fremden Ländern letztendlich darum geht, die US-Wirtschaft durch den militärisch-industriellen Komplex anzukurbeln oder wirtschaftliche Interessen der USA durchzusetzen.

Sanktionen kippen auch das globale wirtschaftliche Spielfeld zugunsten Washingtons, indem sie Nationen, deren Unternehmen mit den USA oder in US-Dollar Geschäfte machen wollen, davon abhalten, mit von den USA sanktionierten Ländern Geschäfte zu machen. Selbst die EU, ein enger Verbündeter der USA, sieht sich aufgrund des Drucks durch US-Sanktionen regelmäßig gezwungen, Handelsbeziehungen oder Handelsambitionen – beispielsweise mit Russland, Iran oder Kuba – aufzugeben.

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Die Auswirkungen von Anti-China-Sanktionen auf die EU wären verheerend, insbesondere angesichts der wirtschaftlichen Schlagseite, den die Union bereits durch die antirussischen Sanktionen abbekommen hat. Man hat die eigene billige russische Energieversorgung gekappt, weil man sich von Washington dazu aufstacheln ließ, sich mit der Ukraine zu solidarisieren. China ist einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands, und aufgrund der Auswirkungen der antirussischen Sanktionen auf seinen Industriesektor steht Berlin beinahe vor einer Deindustrialisierung.

Gleichzeitig hat Washington munter Ausnahmen bei den Sanktionen für US-Unternehmen erlassen. Selbst im Fall von Sanktionen gegen Moskau erteilen die USA beispielsweise eine Reihe von Autorisationen für Transaktionen und allgemeine Lizenzen, um einige US-Unternehmen vor den harten wirtschaftlichen Maßnahmen zu schützen, die solche Sanktionen mit sich bringen, heißt es in einem Bericht von LexisNexis. Der Weg zu einer Befreiung von US-Sanktionen für ausländische Unternehmen ist jedoch weniger klar. Beim russischen Öl beispielsweise ist die EU auf das Wohlwollen Washingtons angewiesen, wenn man weiterhin von den USA sanktionierten russischen Treibstoff importieren will.

Im Grunde kann Washington also die Sanktionen nutzen, um den Handel in der EU und darüber hinaus zu kontrollieren und zu diktieren. Es sei denn natürlich, genügend Länder haben es satt und suchen nach einem alternativen System. Genau das scheint sich im Zuge der westlichen Sanktionen im Zusammenhang mit der Ukraine zu entwickeln, wobei Russland, China, Iran und der globale Süden jene Zusammenarbeit vertiefen, mit der man letztendlich die westliche Finanzsphäre umgehen könnte.

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Es ist kaum überraschend, dass das Gerede über die China-Sanktionen just nach einem kürzlich erfolgten Besuch des US-Außenministeriums in Mexiko aufkommt, bei dem die mexikanische Halbleiterfertigung als Teil eines 50 Milliarden US-Dollar schweren Investitionspakets präsentiert wurde. Damit wollen die USA ihre Unabhängigkeit von Halbleitern erleichtern, die sie jährlich im Wert von etwa einer Milliarde US-Dollar aus China importieren.

Die USA arbeiten stets daran, ihre eigenen Interessen zu sichern – wie es jedes Land tun sollte. Aber Washington ist eindeutig bereit, alle Register zu ziehen, um seine globale Wettbewerbsfähigkeit zu maximieren. Vielleicht werden seine Verbündeten eines Tages anfangen, diesem Beispiel zu folgen und strikt das Beste für sich und ihre eigenen Bürger tun, auch wenn dies bedeutet, ihre Interessen von denen Washingtons abzukoppeln.

Übersetzt aus dem Englischen.

Rachel Marsden ist eine Kolumnistin, politische Strategin und Moderatorin eines unabhängig produzierten französischsprachigen Programms, das auf Sputnik France ausgestrahlt wird. Ihre Website finden man unter rachelmarsden.com

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