Quelle: AFP © Win McNamee / Getty Images North America Der Republikaner Kevin McCarthy am 3. Januar 2023 bei der Wahl des Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses in Washington, D.C.
Bei der Wahl des Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses hat der Republikaner Kevin McCarthy eine historische Schlappe erlitten. McCarthy verfehlte bei der Abstimmung in der konstituierenden Sitzung der Parlamentskammer am Dienstag in den ersten drei Wahlgängen die erforderliche Mehrheit für das mächtige Amt in den USA. Die nächste Abstimmung zum sogenannten “Speaker” soll am heutigen Mittwoch stattfinden.
Es ist das erste Mal seit einhundert Jahren, dass bei der Wahl mehr als ein Anlauf erforderlich ist und eine Fraktion ihrem Kandidaten im ersten Durchgang die Gefolgschaft verweigert.
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Nach den Parlamentswahlen im November kam der Kongress am Dienstag erstmals in neuer Konstellation zusammen. Die Republikaner übernahmen die Kontrolle im Repräsentantenhaus. Sie stellen künftig 222 der 435 Abgeordneten, das liegt nur knapp über der Mehrheit von 218 Stimmen. Im Senat haben die Demokraten von US-Präsident Joe Biden weiterhin eine knappe Mehrheit. Seit Wochen wütet nun der erbitterte interne Kampf der Republikaner um die Führung im Repräsentantenhaus. Indessen kam es für McCarthy noch schlimmer als erwartet.
Der Posten des Vorsitzenden in der Kammer, den in den vergangenen Jahren die Demokratin Nancy Pelosi innehatte, steht in der staatlichen Rangfolge der USA an dritter Stelle nach dem Präsidenten und dessen Vize. Üblicherweise ist die Wahl eine Formalie. Doch mehrere Parteikollegen lehnten sich gegen McCarthy auf und hatten bereits vor der Wahl signalisiert, nicht für McCarthy stimmen zu wollen. Dieser machte seinen Gegnern etliche Zugeständnisse, denn angesichts einer knappen Mehrheit der Republikaner in der Kammer ist er auf fast jede Stimme angewiesen.
Für McCarthy ist seine Niederlage in den Wahlgängen eine öffentliche Stellung, die auch die Zerrissenheit der Partei verdeutlicht. Es sind genau einhundert Jahre vergangen, seit das letzte Mal ein Kandidat bei der Abstimmung zum Vorsitz im Repräsentantenhaus nicht im ersten Wahlgang die nötige Mehrheit erreichen konnte: 1923 waren neun Wahlgänge nötig, um einen Vorsitzenden zu bestimmen. Damals zog sich das Ganze über mehrere Tage hin.
Da alle Abgeordneten einzeln aufgerufen werden, um ihren Wunsch-Kandidaten zu benennen, ist jeder Wahlgang sehr langwierig. McCarthy kam im ersten und zweiten Durchgang bei der mündlichen Abstimmung lediglich auf 203 von 434 abgegebenen Stimmen, denn 19 seiner Parteikollegen verweigerten ihm die Stimme. Für die Mehrheit sind 218 Stimmen erforderlich. Zuvor war bereits erwartet worden, dass gut ein Dutzend seiner Parteikollegen nicht hinter ihm stehen würden. Im dritten Wahlgang ging ihm dann noch eine weitere Stimme aus den eigenen Reihen verloren.
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Die Abgeordneten aus dem Lager des Ex-Präsidenten Donald Trump lehnen McCarthy als zu moderat ab. Nach dem ersten Wahlgang hatte der republikanische Abgeordnete Jim Jordan McCarthy für den zweiten Anlauf nominiert und seinen Parteikollegen ins Gewissen geredet, die Reihen zu schließen. Doch dann holte direkt im Anschluss einer der härtesten Gegner McCarthys, der Parlamentarier Matt Gaetz, zum Schlag aus – und nominierte ausgerechnet Jordan. Jordan ist ein Getreuer von Ex-Präsident Donald Trump und versammelte schließlich in der zweiten Runde alle 19 Abweichler hinter sich.
Angesichts der nur knappen Mehrheit muss McCarthy die verschiedenen Flügel hinter sich vereinen und selbst Mitglieder vom äußersten Rand seiner Fraktion für sich gewinnen, um Vorsitzender zu werden. Ob ihm das letztlich gelingen wird, bleibt abzuwarten. Der 57-jährige Kalifornier ist seit acht Jahren Fraktionschef der Republikaner. Medienberichten zufolge habe McGarthy seine Meinung in den vergangenen Jahren jedoch zu oft geändert, weshalb viele seiner Parteikollegen das Vertrauen in ihn verloren haben. Vor allem die Anhänger des ehemaligen US-Präsidenten Trump unter den republikanischen Abgeordneten halten ihn für zu offen für Kompromisse mit den Demokraten. Matt Gaetz aus Florida, einer der prominentesten Vertreter dieser Gruppe, sagte vor der Abstimmung gegenüber Reportern:
“Wir haben Schwierigkeiten, Herrn McCarthy zu vertrauen, weil sich seine Standpunkte und Positionen immer wieder verschieben wie Sand am Meer.”
McCarthy selbst sagte dem US-Sender ABC News , die Abstimmung sei “genau so ausgegangen, wie wir es uns vorgestellt hatten”, und warf Gaetz’ Gruppe vor, “für ihre eigenen persönlichen Interessen zu kämpfen und nicht für das Land”.
Auch wenn sich McCarthy am Ende durchsetzen sollte, wird er geschwächt aus dem Gerangel hervorgehen und wird sich in den kommenden Jahren auf einige Schwierigkeiten bei der Organisation von Mehrheiten in der Kongresskammer einstellen müssen.
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