Was vor 20 Jahren noch ein Thema für den kleinen Kreis war, nämlich die Möglichkeit, dass der US-Dollar seine Vormachtstellung einbüßen könnte, hat sich in den letzten Monaten bis in die Redaktion der Financial Times und der Direktion der Europäischen Zentralbank (EZB) durchgesprochen.
Geopolitische Verschiebungen führen dazu, dass die Weltwirtschaft in “konkurrierende Blöcke” zerfalle, was zu einem inflationären Umfeld führen könne, sagte EZB-Chefin Christine Lagarde am 17. April. Dass es diesmal um die Zentralbanken und nicht “bloß” um den Bankensektor ging, wurde in der Rede klar – Lagarde sprach von tiefgreifenden Auswirkungen für die Zentralbanken, einschließlich “mehr Instabilität”, da das Angebot weniger elastisch werde. Lagarde wies darauf hin, dass die Zentralbanken während einer anderen großen Periode geopolitischer Umwälzungen in den 1970er-Jahren schlecht abgeschnitten haben. “Sie haben es nicht geschafft, einen Anker der monetären Stabilität zu setzen.”
In dieser zersplitterten Welt braut sich mit der aktuellen Finanzkrise etwas zusammen, das die Zentralbanken erschüttern könnte. Eine Kreditverknappung zeichnet sich jedenfalls in den USA ab. Und es sind die Zentralbanken, welche die entscheidende Rolle in der Kreditvergabe innehaben. Es ist etwas Bedeutendes schiefgelaufen, wenn man die Lagarde-Rede im Ohr hat. Spät, aber doch begriff auch die EZB, dass die Inflation zum Problem wurde, und zwar auf lange Sicht und nicht nur vorübergehend, wie seitens der EZB oft betont wird.
Zeitgleich verschiebt sich die Zusammensetzung im globalen Währungskorb und damit verändert sich auch die weltpolitische Balance.
So lautet ein Wortspiel, das ich gerne bediene und auch in diesem Zusammenhang einbringen möchte. Denn es sind die Entwicklungen auf den östlichen Erdölmärkten, welche viel in Bewegung bringen.
Der US-Dollar ist nicht tot, aber er ist auch nicht unsterblich – ungefähr so bringen es Erdölmarkt Analysten von “Energy Intelligence” auf den Punkt. Denn der Boden unter dem Petrodollar verschiebt sich, genau wie vieles im Nahen Osten seit Dezember, als der chinesische Präsident Xi Jinping in Riad den Golfstaaten des Nahen Ostens Kaufgarantien für Erdöl und Erdgas sowie Zugang zu sauberer Energie und digitalen Technologien anbot, wobei die Bezahlung in Yuan erfolgen sollte.
So hat Xi den Saudis und anderen Golfstaaten im Dezember neue Zahlungsmodalitäten angeboten. Das iranisch-saudische Abkommen ist bis zu einem gewissen Grad als von China vermittelter Ersatz für US-Sicherheitsgarantien für die Saudis und ihre Nachbarn am Golf zu verstehen. Währungspolitik und Geopolitik verzahnen sich neu. Begonnen hat dies eben im Orient.