Meinung Haltungspolitik: Garantie für Katastrophen
Die einzige “heldenhafte” Tat damals war ein Facebook-Posting, das meinem Gefühl Ausdruck verleihen sollte. Was genau ich damals postete, weiß ich nicht mehr, aber ich bekam ein paar Minuten später den Anruf eines guten Kollegen, der schon weit mehr als ich erlebt hatte. Er war in der Ukraine gewesen, als von den hiesigen Medien kaum jemand wusste, wo das Land überhaupt liegt. Er hatte sich mit dem Krieg Kiews im und gegen den Donbass auseinandergesetzt und alles, was er gesehen hatte, dokumentiert.
Der Kollege hatte meinen Facebook-Post gelesen und danach zum Telefon gegriffen. Und er sagte mir etwas, das sinngemäß in etwa so klang:
“Miss deinen Aktivitäten nicht zu viel Bedeutung bei, zumindest nicht für heute. Wir können nicht viel tun, die Gegenseite hat Macht, mehr als wir je haben werden. Aber wir dokumentieren, was sie tun. Das ist unser Job. Alles, was wir machen, wird später bedeutsam werden, nicht heute. Das ist manchmal frustrierend, aber wir haben keine andere Wahl. Und wenn wir später mit unseren Dokumentationen die Verbrechen von heute bezeugen und belegen können, ist das Belohnung genug. Allerdings werden wir das wohl nicht mehr erleben, aber was solls …”
Das mag etwas pathetisch klingen, aber es war damals genau das, was ich brauchte. Ich empfand ein bis dahin unbekanntes Gefühl der Verantwortlichkeit, einer Art Verpflichtung, mit dem, was ich tue, weiterzumachen.
Diese Tage der Frustration habe ich natürlich trotzdem noch, jeder, der als kritischer Geist und widerständig durch die Welt wandelt, wird das Gefühl kennen. Manchmal ist es nur die Tagesform, die darüber entscheidet, ob wir uns stark und mutig oder schwach und ängstlich fühlen. Alles in allem aber glaube ich, dass der Wille, etwas zu unternehmen, etwas zu verändern und zum Besseren zu führen, ein gutes und großes Gefühl ist, das uns ausmacht und dem wir mit Freude und ein wenig Stolz begegnen sollten. Denn leicht ist es nicht. Leicht ist es, sich zu beugen und anzupassen, das Bequeme zu wählen, das Gedankenlose zu denken, zu konsumieren, statt zu kritisieren.
Und ich hoffe, dass es viele Menschen gibt, die – ähnlich wie ich – daran glauben, dass die Geschichte zu Gerechtigkeit führen wird. Sie wird es früher oder später richten … hoffentlich.
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Texter, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen .
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