Meinung In den Tagesthemen: Dumme Propaganda zum Wetter
So verschafft man sich auf schnellstem Wege die “Seriosität”, die man braucht, um ernst genommen zu werden. Ein gepfeffertes Autoritätsargument hier (“DIE Wissenschaft sagt …” ), zehn Esslöffel Todesangst dort (“deutlich höhere Opferzahlen, als wir bisher hatten.” ), ein dicker roter Hering (“Es ist doch nur für Eure Gesundheit!” ), eine Prise Infantilisierung (“Schützen Sie sich und andere!” ), eine Schöpfkelle feinsten Größenwahns (“wollen wir den Klimawandel beherrschen” ) und fertig ist das Hauptgericht: die Tagesschau ! Oder das ARD –Nachtmagazin .
Das titelte im Juli 2022: “Jedes Jahr Tausende Hitzetote”. Im Beitrag steht allerdings genau das Gegenteil dessen, was Martin Herrmann durch die Zähne geflogen kam:
“Den Schätzungen zufolge gab es 2018 – dem zweitwärmsten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1881 – etwa 8.700 hitzebedingte Sterbefälle. 2019 waren es etwa 6.900 und 2020 etwa 3.700 Hitzetote. Im vergangenen Jahr wurde keine signifikant erhöhte Übersterblichkeit aufgrund von Hitze registriert.”
Und weiter:
“Seit 1992 sei der Einfluss der hohen Temperaturen auf die Sterblichkeit insgesamt leicht zurückgegangen, heißt es in der Studie. Das weise auf eine gewisse Anpassung an die Hitze hin.”
Aha. Sofern diese Informationen stimmen, gibt es im Hinblick auf die vergangenen Jahre nicht den geringsten Grund, von einem “Hitzenotstand” auszugehen. Im Gegenteil, von 2018 bis 2020 gingen die Zahlen zurück und 2021 ist entweder niemand einen Hitzetod gestorben oder er wurde nicht in die Statistik eingepflegt. Außerdem sei der Einfluss hoher Temperaturen seit 1992 leicht zurückgegangen. Das klingt so gar nicht nach “Notstand”. Dennoch: Wenn Sie als ambitionierter Koch mit Ihrem Panikmenü wenigstens bei ein paar Menschen Bauchschmerzen und Völlegefühl erzeugen wollen, sollten Sie folgende Fehler unbedingt vermeiden :
1. Geben Sie auf gar keinen Fall die Quelle zur zitierten Studie an. Das könnte einige Ihrer Leser dazu veranlassen, die Informationen genauer zu prüfen.
2. Präsentieren Sie Zahlen stets isoliert und niemals im Verhältnis! Das ist essenziell, um die Panikwahrscheinlichkeit zu erhöhen. Verschweigen Sie, dass jährlich etwa eine Million Menschen sterben, etliche davon aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (340.619 laut Statista im Jahr 2021, davon über 45.000 Herzinfarkte) und Krebs (237.160 im Jahr 2021).
3. Behandeln Sie Ihre Leser auf keinen Fall wie Erwachsene, sondern erklären Sie Ihnen in aller Ausführlichkeit, wie sie sich die Hände zu waschen, andere zu begrüßen und welche Kleidung sie bei welchen Temperaturen zu tragen haben. Vergessen Sie nie: Die meisten Menschen wollen belehrt werden – von Ihnen!
4. Hören Sie endlich auf, die Begriffe, mit denen Sie hantieren, konkret zu definieren! Das erzeugt nur unnötige Klarheit. Werden Sie von einem lästigen Leser nach der Definition von Hitze gefragt, antworten Sie auf gar keinen Fall :
“Hitze … wird dabei ganz allgemein als Ausdruck für ungewöhnlich hohe Lufttemperaturen verwendet. … In der Meteorologie spricht man in den mittleren Breiten bei Tagen mit einer Tageshöchsttemperatur von über 25 °C von einem Sommertag, bei über 30 °C von einem heißen Tag (Hitzetag, Tropentag) und bei über 35 °C von einem Wüstentag. … Die empfundene Hitze ist jedoch vielmehr ein Ausdruck für die gefühlte Temperatur. … Zudem bezeichnet jeder Mensch aufgrund seines subjektiven Temperaturempfindens eine andere Temperatur als Hitze, Kälte oder angenehme Temperatur.”
( Wikipedia ist übrigens die einzige Quelle, die eine Definition zu bieten hat.)
An dieser Stelle müsste man selbstverständlich klären, was eine “ungewöhnlich hohe Lufttemperatur” ist, in welcher Klimazone sie vorkommt und welches Verhältnis sinnvoll ist, um sie angemessen zu beurteilen. Den “Experten” von heute ist allerdings zuzutrauen, dass sie den Parameter der “empfundenen Hitze” als ausreichend und konkret genug erachten, um weitreichende Einschränkungen in Gesetzen zu verankern. Reicht das nicht, zaubern sie eine Meta-Studie hervor. Diese Studie entstammt dann einer oder mehreren renommierten Universitäten und wurde in einem ebenso renommierten Fachblatt veröffentlicht. Auf diese Weise lässt sich auch die schwächste Hypothese zur “Tatsache” umdeuten.
Die Universität Bern und die London School of Hygiene and Tropical Medicine kommen in einer solchen Meta-Studie zu dem Ergebnis, dass der “menschengemachte Klimawandel” zwischen 1991 und 2018 für mehr als ein Drittel aller hitzebedingten Todesfälle verantwortlich war. Die Meta-Studie umfasst 732 Städte in 43 Ländern und ist damit die größte – und einzige – ihrer Art. Sie trägt den Titel “The burden of heat-related mortality attributable to recent human-induced climate change”. Veröffentlicht wurde die Studie in Nature , einem der renommiertesten internationalen Wissenschaftsjournale. Die Uni Bern erläutert dazu auf ihrer Website:
“Die Klimaerwärmung wirkt sich verschiedentlich auf unsere Gesundheit aus. Ein direkter Effekt zeigt sich im Anstieg der hitzebedingten Krankheits- und Sterberaten. Szenarien zukünftiger Klimabedingungen sagen voraus, dass die Durchschnittstemperaturen erheblich steigen und extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen häufiger auftreten werden. Das führt zukünftig auch zu einem Anstieg der damit verbundenen Gesundheitsbelastung.”
Das klingt ganz nach Martin Herrmann. Ich werde mich an dieser Stelle nicht zu einer Analyse dieses Ergebnisses versteigen. Man muss jedoch kein Wissenschaftler sein, um die Schlussfolgerung zu erraten, die für die Analyse der sogenannten “Hitzeaktionspläne” viel interessanter ist:
“Our findings support the urgent need for more ambitious mitigation and adaptation strategies to minimize the public health impacts of climate change. ( ncbi )”
Auf Deutsch:
“Unsere Ergebnisse belegen die dringende Notwendigkeit für ehrgeizigere Eindämmungs- und Anpassungsstrategien , um die Auswirkungen des Klimawandels auf die öffentliche Gesundheit zu minimieren.”
Die obligatorische Frage, die auf das Postulat dieser “dringenden Notwendigkeit” folgt, ist natürlich: Wie? Oder genauer: Wie in Deutschland? Mit der Antwort auf diese Frage schließt sich der Kreis: Die “ehrgeizige Strategie” unserer “Experten” sieht einen identischen oder ähnlichen Maßnahmenkatalog wie zu Coronazeiten vor, der diesmal im Doppelgewand des “Klima- und Gesundheitsschutzes” daherkommt: staatlich verordneter Verzicht und weitreichende Einschränkungen “zugunsten der Gesundheit aller” . Auf den “Coronaschutz” folgt der “Hitzeschutz”. Doch zuvor müssen unsere “Experten” ihre “Kompetenzen klären” . Das hat schließlich schon bei Corona einwandfrei funktioniert:
Seien Sie solidarisch, fahren Sie Ihr Lastenrad nur an milden Tagen! Verleiten Sie andere nicht zu unnötigen Spaziergängen im Hochsommer! Nehmen Sie Rücksicht und verzichten Sie auf den Sommerurlaub mit Oma und Opa – sie könnten den Hitzetod sterben! Tragen Sie Verantwortung: Bleiben Sie bei “ungewöhnlich hoher Lufttemperatur” zu Hause, halten Sie die Läden geschlossen, um unnötige Hitzebelastungen kaffeedurstiger Rentner zu minimieren, sperren Sie die Alten in ihren Zimmern ein, damit sie nicht an der Hitze vor der Haustür verenden, passen Sie auf, dass ihre Kinder nicht zu lange in der Sonne spielen – sie könnten einen Hitzeschaden erleiden.
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Arbeiten Sie im Home-Office und setzen Sie sich nicht den Gefahren eines überhitzenden Arbeitsweges aus! Sprechen Sie nicht mit Hitzenotstands- und Klimaleugnern! Schützen Sie die “Vulnerablen” und die “Risikogruppen” durch Ihre Enthaltung! Wie bitte? Sie sind bei 30 Grad im Schatten länger als eine Stunde an der frischen Luft gewesen? Das verstößt leider gegen das aktualisierte Hitzeschutzgesetz und macht ein Bußgeld von 300 Euro. Und ja, die Maßnahmen müssen so lange aufrechterhalten werden, bis wir unseren Anteil am “menschengemachten Klimawandel” so weit reduziert haben, dass niemand mehr einen Hitzetod stirbt. Jeder Hitzetote ist einer zu viel. Nobody is safe until everyone is safe!
Das ist natürlich maßlos übertrieben und würde in Deutschland nie passieren.
Oder?
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