“Stimmungsmache gegen Andersdenkende” – Kabarettistin kritisiert “heute-show” und Böhmermann
Aber der Kernpunkt ist ein ganz anderer. Kollegen, ihr habt das Prinzip nicht verstanden. Es gäbe nur ein einziges Gegenargument, und das lautet: Es fließt gar kein Geld aus Deutschland in die Ukraine. Weil man mit Satire keine Detaildebatte beginnen kann. Sie trifft oder sie trifft nicht. Die Behauptung, es würde in Deutschland nichts weggenommen oder gekürzt, weil man “die Ukraine” unterstützen muss (in Wirklichkeit hilft man bei ihrer Zerstörung), oder weil wegen der Ukraine jetzt viel mehr Geld in die Rüstung gehen muss, ist schlicht nicht haltbar.
Zugegeben, das mit “Heil Selenskij” ist die knappste Zusammenfassung zum Thema ukrainischer Nazismus, die ich bisher gesehen habe. Aber da sind die ganzen deutschen Politiker, die völlig ernsthaft und ohne mit der Wimper zu zucken ihre Reden mit “Heil Ukraine” beenden. Auch Scholz. Das ist der nächste Punkt, an dem ihr euch nackig macht. Im Umgang mit Satire darf man nicht kleinlich sein.
Es ist völlig egal, ob die Schauspieler deutsch, russisch oder paraguayisch sind. Sie sind gut. Vor allem die Darstellerin der Bundeswehroffizierin (deren absolut akzentfreies Deutsch übrigens gegen die Russland-These spricht; wer russische Serien oder Filme mit akzentfreiem Deutsch sehen will, muss auf alte sowjetische Produktionen mit DDR-Darstellern zurückgreifen). Es ist auch egal, wo und von wem dieser Clip produziert wurde. Er sitzt, und das tut natürlich weh.
Die Bayerische Staatsregierung hat die Nummer damals übrigens auch versucht und hat behauptet, das, was der Scheibenwischer gesagt hätte, sei staatsfeindlich. Und noch einmal: Es hat alles nichts genützt. So wie es geradezu das Sahnehäubchen auf eure Fehlreaktion setzt, dann erst den “Investigativjournalisten Lars Wienand” als Zeugen zu zitieren, ein Mann, dessen wirklicher Auftraggeber, wie bei Bellingcat, irgendein Dienst und dessen Haupttätigkeit die Denunziation ist, und dann noch ganz ernsthaft das Bundesamt für Verfassungsschutz zu befragen. Wegen eines satirischen Videos. Die Passage sollte man sich ausdrucken und einrahmen.
“Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) kennt das Video – es “fügt sich inhaltlich in fortlaufende Bemühungen prorussischer Desinformationsakteure ein”, heißt es auf Anfrage von ZDF heute. Es werde immer wieder darauf abgezielt, “die hiesige Bevölkerung gegen die Bundesregierung sowie gegen die Unterstützung der Ukraine bei ihrer Verteidigung gegen den russischen Aggressor aufzuwiegeln”, schreibt die Behörde.”
Wie geht das weiter? Veröffentlicht ihr demnächst Listen mit Witzen, die man nicht mehr erzählen darf? Oder verbietet ihr vorsichtshalber das Lachen an sich, weil man ja nie wissen kann, worüber derjenige lacht, der gerade lacht? Es könnte ja Baerbock sein, oder, Gott bewahre, Joe Biden?
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Wenn ihr in die Archive geht und nachschlagt, was damals nach der Abschaltung des Scheibenwischers passiert ist, werdet ihr herausfinden, dass sich unzählige Leute damals in Bayern darum bemühten, irgendwie an ein Video der Passage zu kommen, bei der der Bildschirm schwarz wurde. Die Einschaltquoten des Scheibenwischers wuchsen beträchtlich. Aber damals kam natürlich noch niemand an und nannte es “Delegitimierung des Staates”, wenn ein lächerliches Verhalten lächerlich genannt wurde. Wahrscheinlich habt ihr inzwischen einfach völlig die Orientierung verloren, was Satire ist, seit so etwas wie Böhmermann und Bosetti unter dieser Bezeichnung versendet werden. Also nur zur Erinnerung – Tucholsky antwortete einmal auf die Frage, was Satire dürfe: “Alles”.
Übrigens, auch ihr kommt in dem Text schon vor, in dem Tucholsky das geschrieben hat. Der erste Satz lautet nämlich “Wenn einer bei uns einen guten politischen Witz macht, dann sitzt halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt es übel.”
Aber zurück zu eurem Versagen. Eigentlich wirklich nett von euch, dafür zu sorgen, dass jeder, der das Video noch nicht kannte, jetzt danach sucht. Wobei eure Hypothese, das Video sei russischen Ursprungs, mir fast einen meiner liebsten Witze zerstört:
Begegnen sich zwei Rotarmisten im Sommer 1945 vor dem Reichstag. Einer davon blickt bedrückt auf den Boden. Sagt der andere zu ihm: Genosse, warum schaust du so traurig? Der antwortet: Ich finde es so schlimm, dass wir den Informationskrieg gegen Goebbels verloren haben …
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