“Keine Grenzen setzen” – Washington erteilt Israel Freibrief bei Einsatz von US-Waffen
Habeck weiß auch, wie unsinnig seine Forderung ist, muslimische Verbände sollten sich von der Hamas distanzieren. Und dass Demonstrationen für Palästina nicht automatisch “islamistische Demonstrationen” sind, auch wenn es in Deutschland tatsächlich viele Islamisten gibt. Tschetschenische beispielsweise, die in Deutschland aufgenommen wurden, weil sie gegen Russland kämpfen, oder syrische, die gegen Baschar al-Assad nützlich waren.
Nein, das ist alles das übliche Geschäft, das verlogene Gerede, das in diesem Zusammenhang eben geliefert wird. Auch der Schlenker, den Habeck in Richtung Iran macht (“die Perspektive einer Zweistaatenlösung, all das wollen die Hamas und ihre Unterstützer, insbesondere die iranische Regierung, nicht”), ist einfach nur das, was die Neocons in Washington, was Antony Blinken und Victoria Nuland und die übrigen Kriegstreiber vorgeben, die so gerne endlich Krieg gegen den Iran führen wollen.
Wirklich abgrundtief ekelerregend wird die Rede von Habeck erst, wenn man den Kernsatz in Verbindung mit der Wirklichkeit setzt. Mit jener Wirklichkeit, die außerhalb der westlichen Blase existiert.
“Die Sicherheit Israels ist unsere Verpflichtung.”
Wäre dieser Satz wirklich ernst gemeint, Habeck müsste dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit aller Kraft in den Arm fallen. Eine Annalena Baerbock müsste von Land zu Land reisen, um für einen Waffenstillstand zu werben, eine Aufhebung der Belagerung von Gaza, ein Ende der Bombardierungen. Denn die Welt sieht, was tatsächlich geschieht. Sie kennt die Zweifel an der Vorgeschichte des Überfalls vom 7. Oktober, die ägyptischen Warnungen, die, wie inzwischen feststeht, an Netanjahu persönlich ergingen; sie kennt die Planungen für eine Vertreibung aller Palästinenser, die ganz offiziell von israelischen Behörden betrieben wurden.
Wenn man die Sicherheit Israels ernst nimmt und nicht die Sicherheit der Karriere Netanjahus, nein, die Sicherheit all der Menschen, die dort leben, arbeiten, Kinder großziehen, dann ist es absolut unabdingbar, dieses Blutvergießen zu beenden.
Was geschieht denn, wenn sich aus diesem israelischen Einmarsch in Gaza ein größerer Krieg entwickelt? Nach dem Angriff auf Dschabaliya wird die Hisbollah nicht mehr lange abseitsstehen können. Die Vereinigten Staaten haben im Mittelmeer eine Flotte aufgefahren, die im Grunde nur für einen Angriff auf den Iran Sinn ergibt. Der irakische Widerstand hat gestern erklärt, die US-Truppen dort jetzt militärisch vertreiben zu wollen. Und jedes neue Bild aus Gaza erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Regierungen der Nachbarländer Jordanien und Ägypten am Ende gezwungen sein werden, gegen Israel vorzugehen. Von dem kleinen Problem “Samson-Option” wollen wir gar nicht anfangen.
Meinung Welt im Wandel: Der Westen ist einsam
Statt im Interesse der Menschen auch in Israel zumindest dazu beizutragen, dass dieses Pulverfass nicht explodiert, und damit dafür zu sorgen, dass es am Ende dieser Geschichte noch einen Staat Israel gibt, gießt Habeck mit salbungsvollen Worten Öl ins Feuer. Weil es seinen Verstand übersteigt, dass der schlimmste Feind der israelischen Bevölkerung jetzt gerade Netanjahu heißt und dass die Vereinigten Staaten gerade dabei sind, Israel genauso zu opfern, wie sie bereits die Ukraine geopfert haben.
Die gewöhnliche Doppelmoral des westlichen Alltagsgeschäfts ignoriert das Völkerrecht ebenso wie das Elend der Palästinenser. Sie macht aller Welt den Vorwurf, Juden und die israelische Politik gleichzusetzen, und arbeitet selbst mit allen Kräften an dieser Gleichsetzung. Das ist so seit Jahrzehnten.
Aber derzeit geht es nicht nur um die Fortsetzung der üblichen Heuchelei, und Russland und China bemühen sich nicht um ein Eingreifen der UNO, nur um die absteigenden Vereinigten Staaten zu demütigen. Sie tun es, weil die reale Gefahr eines großen Krieges im Nahen Osten besteht, der nur noch eine begrenzte Zeit lang verhindert werden kann, weil jedes neue Bild aus Gaza es schwerer macht.
Was Habeck in seiner vermeintlich so moralischen Rede vertritt, ist eine verhängnisvolle Erbarmungslosigkeit bar jeden Gespürs für die Folgen des eigenen Tuns. Er ist geschickt darin, die erwünschten Floskeln abzusondern. Was aber reale Menschlichkeit, selbst was ein Gespür für die Gefahren betrifft, ist Habeck so leer wie der Blick, den er in die Kamera wendet.
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