Quelle: AP © Ina Fassbender Olaf Scholz mit Bundeswehrsoldaten, Militärflughafen Köln-Wahn, 23. Oktober 2023
Die Finanzspritze von Bundeskanzler Olaf Scholz in Höhe von 100 Milliarden Euro (109 Milliarden Dollar) für das deutsche Militär ist noch nicht in den Kasernen angekommen. Soldaten berichteten der New York Times , dass es ihnen immer noch an Waffen, Munition und funktionierenden Toiletten fehle.
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Wenige Tage nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine im vergangenen Februar kündigte Scholz an, die Regierung werde einen 100-Milliarden-Euro-Fonds zur Modernisierung des deutschen Militärs einrichten. Außerdem würden die Verteidigungsausgaben erhöht, um die von der NATO geforderte Schwelle von zwei Prozent des BIP zu erreichen.
Die Welt befinde sich an einer “Zeitenwende” sagte er in seiner Rede. Dabei sprach er von einer radikalen Abkehr von der Misere nach dem Ende des Kalten Krieges, als dem Militär die finanziellen Mittel entzogen wurden. In der letzten Amtszeit von Angela Merkel fehlte es an einsatzfähigen Fahrzeugen, Munition, Lebensmitteln und sogar an Stiefeln.
Wie die NYT am Mittwoch berichtete, sei die “Zeitenwende” jedoch “für die einfachen Soldaten, denen es immer noch an der einfachsten Infrastruktur, Munition und Ausrüstung fehlt, kaum sichtbar”. In der Artillerieschule der Bundeswehr würden regelmäßig Übungen wegen Munitionsmangels abgesagt. Die Truppen hätten noch keinen Ersatz für 14 Haubitzen erhalten, die in die Ukraine verschifft wurden, berichtet die Zeitung. Die Renovierung der Unterrichtsgebäude seien auf das Jahr 2042 verschoben worden. Somit müssten die Soldaten mit zerbrochenen Fenstern und undichten Dächern zurechtkommen. Die Toiletten seien wegen Baufälligkeit im letzten Jahr dauerhaft geschlossen worden.
Im Oktober habe die Bundeswehr zwar ihr erstes neues Artilleriebataillon in Dienst gestellt, doch verfüge sie derzeit nur über fünf solcher Bataillone. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges waren es noch 83. Während Deutschland aktuell plane, die Zahl der aktiven Soldaten bis 2030 auf knapp über 200.000 zu erhöhen, waren es zu Zeiten des Kalten Krieges fast eine halbe Million Soldaten.
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Darüber hinaus wurde die von Scholz versprochene Beschaffung neuer Waffen durch die deutsche Bürokratie blockiert. Bei Kaufanträgen von mehr als 5.000 Euro müsse das Militärpersonal einen Antrag bei einem zivil geführten Beschaffungsamt stellen. Bekanntlich bräuchten die Mitarbeiter dort jahrelang für die Abwicklung von Aufträgen.
Bis die Produktion nachgeholt werden könne, würde die Inflation die Kaufpreise in die Höhe treiben und die Investition von Scholz in Höhe von 100 Milliarden Euro entwerten.
“Wir sind Zeugen einer Täuschung”, sagte der ehemalige Oberst Roderich Kiesewetter der Zeitung.
Die NYT hat nicht als erste Zeitung bemerkt, dass die “Zeitenwende” vor allem ein Blendwerk war. Oppositionspolitiker warfen Scholz im November letzten Jahres vor, ein “Versprechen” gegenüber dem Militär gebrochen zu haben. Gegenüber dem Telegraph gaben Soldaten an, dass sich Angehörige anderer NATO-Streitkräfte bei gemeinsamen Übungen über ihre veralteten Funkgeräte lustig machten.
Laut Berichten vom Februar dieses Jahres soll weniger als ein Drittel der 100 Milliarden Euro Kriegskasse für Rüstungsaufträge verwendet worden sein. Außerdem habe Berlin sein Ziel von zwei Prozent für die Verteidigungsausgaben in den Jahren 2022 und 2023 nicht erreicht.
Sollte die Wiederbelebung des deutschen Militärs im derzeitigen Tempo fortgesetzt werden, schrieb die Wehrbeauftragte Eva Högl in einem Bericht Anfang des Jahres, “würde es etwa ein halbes Jahrhundert dauern, bis allein die derzeitige Infrastruktur des [Militärs] vollständig erneuert wäre”.
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