Quelle: Gettyimages.ru Symbolbild: Güterwagen mit Containern werden 2023 im Fährhafen vom kasachischen Quryq auf ein Fährschiff verladen und dann über das Kaspische Meer transportiert (21. Juni 2023).
Von Alex Männer
Nach dem Beginn des Ukraine-Krieges im vergangenen Jahr hatten die EU-Länder ihre Exporte nach Russland im Rahmen ihrer antirussischen Sanktionspolitik bekanntlich untersagt. Mit diesen Handelsbeschränkungen sollte die russische Industrie von den “Schlüsseltechnologien” abgeschnitten und so Russlands Wirtschaft entscheidend geschwächt werden.
Allerdings haben die Russen mit sogenannten “Parallelimporten” über Drittländer – vor allem über zentralasiatische Staaten – einen Weg gefunden, trotzdem an westliche Produkte zu kommen. Dass dieses Schema bislang auch in diesem Jahr aus russischer Sicht sehr erfolgreich funktionierte, beweist nicht nur die Unzufriedenheit in Brüssel, wo man offen eingesteht, Moskaus Parallelimporte nicht verhindern zu können.
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Auch die aktuellen Zahlen belegen, dass die besagten Handelsbeschränkungen wenig effektiv sind, weil High-Tech-Güter, industrielle Waren und andere Produkte aus der EU allem Anschein nach weiterhin nach Russland gelangen.
Das gilt unter anderem für die französischen Lieferungen, wie Euronews vor Kurzem berichtete. Demnach sollen die Russen – ungeachtet des Rückgangs ihrer Importe aus Frankreich – nach wie vor französische Waren im großen Umfang beziehen, und zwar hauptsächlich aus Kasachstan, Kirgisistan und Armenien. Diese Ex-Sowjetrepubliken beziehungsweise GUS-Staaten würden von den Franzosen nämlich weit über ihre eigenen Bedürfnisse hinaus beliefert werden, heißt es.
“Während die französischen Exporte nach Russland zwischen 2021 und 2022 um 52 Prozent zurückgingen, stiegen die Exporte nach Kasachstan, Armenien und Kirgisistan um jeweils 85 Prozent, 62 Prozent und 44 Prozent” , schreibt Euronews.
Derselbe Trend ist auch in Bezug auf die Exporte aus Deutschland, Polen und Tschechien zu verzeichnen, die ihre Lieferungen nach Russland – um bis zu 40 Prozent – zwar massiv einschränkten, die Ausfuhren in die drei genannten GUS-Länder jedoch zugleich deutlich erhöhten.
Umschlagplatz Kirgisistan
Hervorzuheben ist insbesondere der Export nach Kirgisistan. Laut aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamtes hat Deutschland seine Ausfuhren in diese zentralasiatische Republik nach dem Beginn des Ukraine-Krieges zunächst von knapp 50 Millionen Euro im Jahr 2021 auf 325 Millionen Euro 2022 gesteigert. Zwischen Januar und Oktober dieses Jahres machte der Export allerdings schon mehr als 590 Millionen Euro aus, und stieg damit um 180 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des letzten Jahres.
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Somit legten die deutschen Lieferungen seit Februar 2022 insgesamt bereits um das 12-Fache, also um etwa 1200 Prozent zu. Auch die Ausfuhren aus Polen und Tschechien nach Kirgisistan zeigen im gleichen Zeitraum einen bemerkenswerten Anstieg, der Prognosen zufolge jeweils etwa 1900 Prozent beziehungsweise 1000 Prozent betragen soll.
Obwohl der genaue Umfang des russischen Imports aus Kirgisistan nicht bekannt ist – weil Moskau diese Angaben nicht öffentlich macht – ist allerdings davon auszugehen, dass der umfangreiche europäische Export nach Kirgisistan einzig und allein Russlands Parallelimport dient.
Dass die Kirgisen offenbar den Russen dabei helfen, trotz der Sanktionen den Zugang zu europäischen Technologien und Produkten zu erhalten, dafür spricht auch die Tatsache, dass die Führung in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek sowohl ihre sehr engen diplomatischen Beziehungen als auch ihren regen Warenaustausch mit Moskau weiter ausbauen will. Nicht zu vergessen ist, dass beide Länder eine enge wirtschaftliche und sicherheitspolitische Kooperation pflegen und im Rahmen der “Eurasischen Wirtschaftsunion” (EAWU) sowie der Militärallianz “Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit” (OVKS) als Partner und Verbündete auftreten.
Die EU indes ist sich natürlich im Klaren darüber, wie erfolgreich Russland etwa mit Hilfe der GUS-Staaten die Exportbeschränkungen umgeht, kann dagegen jedoch nicht viel ausrichten, da die besagten Geschäfte zwischen allen Beteiligten aus EU-Sicht im Grunde rechtmäßig sind. Trotzdem hat die Europäische Kommission nunmehr Deutschland und den anderen Akteuren nachdrücklich empfohlen, jene Handlungen, die dem Kampf gegen Russland in der Ukraine schaden würden, zu unterlassen.
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