Von Wladislaw Sankin
Das ZDF hatte es Ende Januar gewagt, “von beiden Seiten der Front” zu berichten, und den Moskauer Büroleiter Armin Coerper samt Drehteam in die stark zerstörte industrielle Großstadt Mariupol im Süden der Volksrepublik Donezk entsandt. Das reichte, um in Deutschland für viel Aufregung zu sorgen – RT DE hat berichtet.
Einige Tage nach dem Beitrag schaltete sich nun auch das ukrainische Außenministerium ein. Dessen Sprecher Oleg Nikolenko kritisierte in einer Stellungnahme auf X den ZDF-Beitrag scharf. “Verzerrung” sei kein Journalismus, schrieb er und fuhr fort:
“Der Besuch des Moskauer Büroleiters des ZDF ohne ukrainische Zustimmung verstößt gegen ukrainisches Recht.”
Er forderte eine “offizielle Erklärung” des Senders und drohte mit Konsequenzen für die weitere Berichterstattung des Senders aus der Ukraine.
Die Drohung muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Das ukrainische Außenministerium schreibt einem deutschen öffentlich-rechtlichen Sender vor, wie er über den Konflikt zu berichten hat. Das nennt man Chuzpe. Die Ukraine ist Empfängerland milliardenschwerer deutscher Hilfspakete, und ukrainische Diplomaten selbst werden nicht müde, das zu betonen:
“Präsident Selenskij begrüßt die Zustimmung des Bundestages zu 7,6 Mrd. Euro Militärhilfe für die Ukraine im Haushalt 2024 und dankt dem Bundesrat bzw. allen 16 Bundesländern für den wichtigen Antrag gestern.”
Letzteres twitterte erst am Freitag der ukrainische Botschafter auf X.
Am selben Tag retweetete er die Stellungnahme des Außenministeriums in Kiew zum ZDF-Beitrag. Die Ukraine weiß, dass die deutsche Bundesregierung Ukraine-Hilfen gerne auf die deutschen Steuerzahler umwälzt, und arbeitende Deutsche finden das nicht gerade toll, wie die letzten Bauernproteste gezeigt haben. Der ZDF-Bericht aus Mariupol könnte trotz üblicher Disclaimer über die russische “brutale Besatzung” aus der Sicht der Ukraine den zahlreichen Gegnern der Waffenlieferungen in die Ukraine zusätzliche Argumente liefern.
Sumlenny: “Fuck, ZDF!”
Auf wen sich die Ukraine aber immer noch sicher verlassen kann, sind zahlreiche Propagandisten aus der Berliner X-Blase wie Sergei Sumlenny und Medien wie der Focus, die Ergüsse dieser Hetzer ihren Lesern als der Weisheit letzten Schluss verkaufen (Zitat wie im Original):
“So schreibt etwa der Osteuropaexperte Sergej Sumlenny vom ‘European Resilience Initiative Center’ auf X: ‘Fuck, das ZDF erzählt im Ernst, dass vor russischer Besatzung es verboten war, russisch im Theater zu spielen, und deswegen seien viele Menschen froh, dass Russland die Stadt besetzt hat.'”
Sumlenny weiter:
“Das ganze sieht als böse Parodie aus. Wenn jemand ein Satire-Stück machen wollte, warum wir keinen ÖRR brauchen, hier haben wir ein brillantes Beispiel.”
Richtig wütend macht den “Experten” die Erwähnung im ZDF, Russland baue in Mariupol Schulen. Dieser unbestreitbaren Tatsache stellte er die Behauptung entgegen, Russland habe in der Stadt über 100.000 Zivilisten (!) umgebracht.
Wer die Ereignisse verfolgt, weiß, dass die UNO die Gesamtzahl von 10.000 seit dem 24. Februar 2022 getöteten Zivilisten, insgesamt und auf beiden Seiten der Front in der Ukraine, erst im Oktober 2023 erreicht sah. Zu Lügen, Russland habe mehr als 100.000 Mariupoler umgebracht, verstieg sich noch nicht einmal die ukrainische Gräuelpropaganda. Sie sprach bisher maximal von 22.000 Toten in Mariupol, was sich allerdings auch nicht mit den Erkenntnissen der UNO vereinbaren lässt.