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Auf Kriegskurs: Bayern will Unis zur Militärforschung zwingen und Schüler per Gesetz indoktrinieren

Auf Kriegskurs: Bayern will Unis zur Militärforschung zwingen und Schüler per Gesetz indoktrinieren

Quelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Ardan Fuessmann via www.imago-images.deNormalisierung der Präsenz des Militärs im öffentlichen Raum: Der bayerische Innenminister Florian Herrmann (CSU) während eines Auftritts anlässlich eines öffentlichen Gelöbnisses der Bundeswehr in Nürnberg, 7. März 2024. In seiner Rede bezeichnete sich Herrmann als “bayerischen Bundeswehrminister”.

Von Susan Bonath

Deutschlands Kriegstreiber sind offenbar auf der Suche nach Kanonenfutter. Mit systematischer Indoktrination wollen sie Jugendliche fürs Militär begeistern. Bayerns Staatsregierung gibt mal wieder den Vorreiter: Ihr am Mittwoch in erster Lesung beratener Entwurf für ein “Gesetz zur Förderung der Bundeswehr” soll Bildungseinrichtungen zur Zusammenarbeit mit der Bundeswehr und der NATO verpflichten sowie Hochschulen zu militärischer Forschung zwingen.

Das Vorhaben sei ein eklatanter Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit und treibe die Militarisierung der Gesellschaft voran, warnen Kritiker. Zudem hebele das Gesetz das politische Überwältigungsverbot gegenüber Schutzbefohlenen aus. Es verstoße damit gegen das Grundgesetz.

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“Beitrag zur Zeitenwende”

Bayerns Staatsminister Florian Herrmann (CSU) freute sich zum Auftakt der Debatte darüber, “Rechtsgeschichte zu schreiben”. Der von seiner Regierungskoalition aus CSU und Freien Wählern (FW) eingebrachte Gesetzentwurf sei “unser Beitrag zur Zeitenwende”, frohlockte er. Als erstes Bundesland habe man so ein Gesetz initiiert, “um Soldaten bei der Bündnisverteidigung zu unterstützen”. Denn die Zeitenwende brauche Bewusstsein, so Herrmann.

Das “Gesetz zur Förderung der Bundeswehr” soll Herrmann zufolge “die sicherheitspolitische Forschung erleichtern, die Bundeswehr in der Mitte der Gesellschaft verankern und bürokratische Hürden reduzieren”.

Der Entwurf sieht nicht nur die Abschaffung, sondern sogar ein Verbot der sogenannten Zivilklausel vor. Darauf konnten sich Schulen und Universitäten freiwillig berufen, um militärische Angebote für Berufswerbung, “Unterricht” durch Jugendoffiziere oder Forschungsaufträge abzulehnen.

Forschen für Kriegstreiber

Die bayerische Staatsregierung will laut dem Minister unter anderem “die Forschung für rein zivile Zwecke von vornherein gesetzlich ausschließen und Hochschulen zur Kooperation mit der Bundeswehr und der NATO verpflichten”. Denn das Militär sei auf Wissenstransfer und Ausbildung von Fachkräften angewiesen. Herrmann erläuterte:

“Das ist notwendig, wenn man sieht, welche hochmodernen Drohnen von bayrischen Unternehmen in Richtung Ukraine geschickt werden, und die Abhängigkeit und Notwendigkeit, in diesem Bereich topmoderne Produkte liefern zu können, ist ja mittlerweile völlig unbestritten.”

Politisch korrekt indoktrinieren

Überdies sagte Herrmann den politischen Gegnern seiner Partei den Kampf an. Diese dürften die Auftritte von Jugendoffizieren und militärische Berufsberatung in Schulen, wo Jugendliche am besten zu erreichen seien, nicht länger verhindern, betonte er. Seine Regierung werde

“der Gefahr begegnen, dass extreme politische Kräfte und Urheber von Desinformationskampagnen den Informationsbedarf junger Menschen für sich nutzen”.

Anders ausgedrückt: Es geht den Regierenden um die Deutungshoheit, frei nach dem Motto: Über die politischen Lehrinhalte eurer Bildung bestimmen wir und sonst niemand. Schüler sollen also per Gesetz politisch korrekt indoktriniert werden. Der Kriegskurs der Regierung benötigt willfährige Unterstützer.

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Schwache Opposition

Die Freien Wähler stehen als Koalitionspartner freilich hinter dem Entwurf. Auch die SPD, die schon vor über 100 Jahren die Arbeiterklasse für die Interessen von Kriegstreibern verraten hatte, pflichtete dem bei. Die AfD hingegen will sich enthalten. Man stehe zwar an der Seite der Streitkräfte, hätte auch gern die Wehrpflicht zurück, sei aber gegen die Kriegstreiberei gegen Russland, bekundete AfD-Mann Dieter Arnold.

Die Grünen indes wetterten in bekannter Manier des nach dem Wind gedrehten Fähnchens: Der Entwurf sei unnötig, da Bayerns Schulen schon weitläufig mit der Bundeswehr kooperierten. Außerdem solle sich die Landesregierung stattdessen auf “echte Probleme im Freistaat” konzentrieren.

Statt Schulen und Unis zu bevormunden, solle sie lieber dringend benötigte Wohnungen bauen, den Personalmangel in der Pflege bekämpfen sowie die Energiewende voranbringen, hieß es aus dieser Ecke. Insgesamt aber zeigte sich eine politische Opposition, die dieser Bezeichnung mal wieder nicht gerecht wird.

Linke: “Massiver Angriff auf die Freiheit der Forschung”

Das Gesetzesvorhaben rüttelte immerhin den bayerischen Landesverband der Linken wach. Die Partei hat sich selbst mittlerweile durch opportunistische Anbiederung an die Herrschenden ins politische Aus manövriert. Nun aber monierte sie: Die Hochschulen dürften nicht zur Kriegsforschung gezwungen werden. Weiter schrieb sie:

“Was die bayrische Staatsregierung hier vorgelegt hat, ist ein massiver Angriff auf die Freiheit der Forschung.”

Überdies werbe die Bundeswehr schon jetzt immer heftiger an vielen Schulen. Nun wolle die bayerische Staatsregierung auch jene Bildungseinrichtungen, die dies ablehnten, dazu verpflichten. Der Gesetzentwurf diene der Militarisierung. Stattdessen sei die Friedensforschung und Diplomatie zu stärken, so die Linke.

GEW: Verstoß gegen Grundgesetz

Gegen das Vorhaben der Kriegshardliner im Freistaat stellt sich auch die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaften (GEW). Sie wirft Bayerns Regierung vor, trotz massiver Kritik von Verbänden und Gewerkschaften den Gesetzentwurf unverändert eingereicht zu haben. In Ihrer Stellungnahme bekannte die GEW Bayern zunächst:

“Nach mehr als einem Jahr “Zeitenwende” in der Politik der Bundesregierung bekräftigen wir als Gewerkschafter unsere Positionen für Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung.”

Bayern setze nun den gegenteiligen politischen Kurs fort. Die Regierung hebele die Lehrfreiheit aus und unterwerfe das Bildungswesen zunehmend ökonomischen, militärischen und politischen Interessen, so die GEW. Die geplante Novelle verstoße eklatant gegen das Grundgesetz.

Indoktrinationsverbot ausgehebelt

Zudem hebelt das bayerische Vorhaben laut GEW den sogenannten Beutelsbacher Konsens aus. Diese Richtlinie besagt unter anderem:

“Es ist nicht erlaubt, den Schüler – mit welchen Mitteln auch immer – im Sinne erwünschter Meinungen zu überrumpeln und damit an der Gewinnung eines selbständigen Urteils zu hindern.”

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An dieser Stelle, so heißt es darin weiter, “verläuft nämlich die Grenze zwischen politischer Bildung und Indoktrination”. Letzteres sei “unvereinbar mit der Rolle des Lehrers einer demokratischen Gesellschaft”.

Bereits jetzt nähmen Jugendoffiziere Einfluss auf die politische Willensbildung von Kindern und Jugendlichen, mahnte die GEW. Dies könne niemals neutral verlaufen, da die Bundeswehr keine neutrale Organisation sei. Bayern unterlaufe dies und knüpfe so offenbar an die von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im vergangenen Jahr verkündete “neue Anwerbekampagne” für das Militär an.

Kriegsgegner wollen demonstrieren

Scharfe Kritik gab es auch aus der Friedensbewegung, so unter anderem vom “Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz” und vom Verein “Informationsstelle Militarisierung”. “Bayern macht Militarisierung zum Gesetz”, mahnten die Gruppen.

Wie die Berliner Tageszeitung junge Welt berichtete, rufen Gewerkschafter und Friedensaktivisten nun zu weiteren Protesten gegen das bayerische Vorhaben auf. So seien unter anderem am 1. und am 8. Mai Demonstrationen im Freistaat geplant.

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Meinungsdrill statt Demokratie

Neu sind solche Vorgänge aber nicht. Politische “Querdenker” unter Professoren und Lehrbeauftragen in Hochschulen müssen zunehmend um ihren Arbeitsplatz fürchten. So kündigte beispielsweise die Christian-Albrechts-Universität (CAU) in Kiel ihrem ehemaligen Lehrbeauftragten, dem Journalisten und Buchautor Patrik Baab, im Herbst 2022 den Vertrag wegen seiner Recherchereise in den Donbass.

Auch der Kommunikationswissenschaftler Michael Meyen steht unter dem Druck der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). Diese schikaniert ihren Professor, weil er unter anderem zur Corona-Pandemie nicht die erwünschte Mehrheitsmeinung vertreten hatte. Sein Buch “Wie ich meine Uni verlor” verdeutlicht die schleichende Politisierung und Ökonomisierung der deutschen Hochschulbildung in den letzten 30 Jahren.

Es ist nicht zu leugnen: Der wertewestlich-demokratische Anstrich verblasst. Stattdessen setzt die kriegstreibende Politik auf Konformismus, zunehmend erzeugt durch Zwang und Repression, Meinungsdrill und Indoktrination – notfalls, wie in Bayern, per Gesetz.

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