US-Rüstungsindustrie sieht längerfristigen Nutzen im Ukraine-Krieg: US-Senatoren verdienen mit
Der ganz materielle Druck, der aufgebaut wurde, führt dazu, dass sich der Punkt, an dem diese kognitive Dissonanz durchbrochen werden kann, immer weiter nach außen schiebt. Es bräuchte dafür eine ganze Flut abweichender Informationen oder unabweisbare, materielle Tatsachen, die einem auf die Haut rücken, wie sie die ökonomische Katastrophe, die die Sanktionen auslösen werden, liefern dürfte. Wenn ein möglicher Jobverlust angesichts eines gegebenen Mangels an Nahrungsmittel zu einer Banalität wird, beispielsweise. Aber das ist eine ungewisse Hoffnung, weil sowohl das emotionale Bombardement als auch die Sanktionsdrohung immer noch weiter aufgedreht werden können. In Tschechien stehen mittlerweile prorussische Äußerungen unter Strafe.
Politisch ist das ein Zeichen der Schwäche, und eine höchst gefährliche Strategie. Schon die massive Gleichschaltung der Medien, die spätestens seit 2014 zu beobachten ist, hat einen Preis – sie schneidet auch eine Informationsquelle ab, aus der die Herrschenden erfahren, wie die Stimmung in der Bevölkerung wirklich ist. Es ist kein Zufall, dass die Meinungsforschung, die das zumindest partiell kompensieren kann, in Deutschland von Joseph Goebbels eingeführt worden war. Wenn über Hunderte von Demonstrationen nicht berichtet wird, wie das bei den Spaziergängen der Fall war, dann ist das eine wichtige Information, die in gebündelter Form nicht mehr zur Verfügung steht. Für alle Beteiligten.
Dann gibt es noch die Frage der Kooperation. Kooperation ist das Kernstück jeder Macht; ihr Fehlen lässt sich nur kurzfristig und unvollkommen durch schiere Gewalt ersetzen. Die Beherrschten müssen beherrscht werden wollen. Wenn die Kooperation bricht, heißt das zwar noch nicht zwingend, dass eine Macht fällt, aber es heißt auf jeden Fall, dass sie jederzeit fallen kann. Ein kleines Beispiel dafür, wie zerbrechende Kooperation aussieht, konnte man sehen, als die USA jüngst versuchten, Ersatz für das russische Öl zu finden, und in den Golfstaaten schlicht niemand telefonisch erreichbar war.
Aber das gilt auch auf der unteren Ebene. Je schwächer die Kooperation, desto mehr Aufwand erfordert es, die eigenen Regeln durchzusetzen. Schon die Vereinheitlichung der öffentlichen Meinung, noch weit mehr aber die beständige Drohung, falls vom Pfad der Tugend abgewichen wird, sind Versuche, eine Kooperation zu erzwingen, die ansonsten nicht mehr gegeben wäre.
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Riskant ist das aus mehreren Gründen. Zum einen, weil große Teile der Konformen nicht überzeugt, sondern nur überwältigt oder durch den Druck eingeschüchtert sind, aber, je stärker die Erzählung von der Wahrheit abweicht, die Gefahr steigt, dass ein einzelnes Ereignis sie zusammenbrechen lässt. Dieser Schaden ist dann nicht mehr kompensierbar, die Glaubwürdigkeit ist ein für alle Mal komplett dahin. Importierte ukrainische Faschisten, die nur begrenzt kontrollierbar sind, wären etwa erstklassige Kandidaten dafür, solche Ereignisse zu liefern, die die jetzt mühsam heraufbeschworene “Solidarität mit der Ukraine” durch eine abrupte Begegnung mit einer widerlichen Wirklichkeit platzen lassen könnten.
Die ständige Erhöhung des Drucks auf Abweichler oder solche, die Abweichler werden könnten, hat ebenfalls eine unberechenbare Seite. Was, wenn die schiere Äußerung einer Meinung eine Strafe nach sich zieht, die einer schweren Körperverletzung entspricht? In Tschechien reicht der Strafrahmen für prorussische Äußerungen bereits bis zu drei Jahren Haft. Da kann man doch dem Gegenüber, statt ihm einen Satz ins Gesicht zu schleudern, gleich einen Schlag verpassen. Das ist jetzt nicht als Anregung gemeint, sondern als Feststellung. Je höher der Preis der abweichenden Meinung wird, desto weiter sinkt relativ der Preis des abweichenden Handelns. Auch solche Verschiebungen hatte es historisch bereits gegeben, aber man landet wieder bei den gleichen historischen Zeiträumen.
Eine stabile demokratische Gesellschaft hat so etwas nicht nötig. Je weiter diese Entwicklung fortschreitet, desto weiter schwinden Stabilität wie Demokratie, was wieder mit einer weiteren Erhöhung des propagandistischen Drucks aufgefangen werden muss. Die Perspektive ist also nicht hübsch, aber in ihren Tiefen verbirgt sich die Möglichkeit plötzlichen Wandels.
Meinung
Ein paar Worte zu Butscha
Wenn es aber darum geht, dieser Technik etwas entgegenzusetzen, sind die Möglichkeiten sehr begrenzt. Schließlich ist selbst bei größten Anstrengungen nur die erste Hälfte des Mechanismus angreifbar, die Propaganda selbst; die zweite Hälfte, die Drohkulisse, steht nur den Herrschenden zur Verfügung, sie ist Ausfluss materieller Macht, die mit Worten nicht aufgehoben werden kann. Damit einen Umschwung einer öffentlichen Meinung zu erreichen, die zwischen Überwältigung und Bedrohung eingekeilt ist, bleibt Illusion.
Und dennoch sind diese Bemühungen wichtig, denn auch solche Phasen dauern nicht ewig, und eine derart im Kern schwache Macht schwindet irgendwann. Wenn der Westen die Vorherrschaft endgültig verloren hat, wird die wirkliche Welt ihr Recht einfordern. Für diesen Moment braucht es genug klare Köpfe, und daran kann man selbst mit dem augenblicklich schwachen Mittel publizistischer Aufklärung arbeiten. Auch, wenn es nicht gelingt, den Kriegstreibern des Westens in den Arm zu fallen – die Grundsteine für den Frieden werden hier gelegt.
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