Der zweitägige Staatsbesuch von Joe Biden in Vietnam wurde in den Vereinigten Staaten mit großem Pomp präsentiert: Schaut euch an, welch hohes Niveau die Beziehungen zwischen den beiden Ländern erreicht haben, die vor einem halben Jahrhundert noch gegeneinander Krieg führten.
Nach den Gesprächen zwischen dem US-Präsidenten und Nguyễn Phú Trọng, dem Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Vietnams, erklärten beide Seiten, dass die bilateralen Beziehungen auf eine “umfassende strategische Partnerschaft” angehoben worden seien. Bis vor kurzem unterhielt Vietnam solche Beziehungen nur zu vier Ländern.
Biden und Nguyễn einigten sich unter anderem darauf, die “Verteidigungs- und Sicherheitsbeziehungen auszubauen”, während der nationale Sicherheitsberater der USA Jake Sullivan am Vorabend des Besuchs erklärte, die Stärkung der Beziehungen spiegele die führende Rolle wider, die Vietnam im Bereich der US-Partnerschaft in der indopazifischen Region spielen werde. Drängen die gerissenen Amis die Vietnamesen also dazu, sich mit China anzulegen und sich von Russland zu entfernen?
Nein, natürlich nicht. Das heißt, die Amerikaner versuchen es zwar, aber sie haben überhaupt keine Chance. Ja, Vietnam ist an Technik und Investitionen aus den USA interessiert und die USA wollen einen Teil der Halbleiterproduktion aus China dorthin verlagern. Vietnam will Flugzeuge von Boeing kaufen und seine Exporte in die USA steigern. Aber es ist absolut nicht bereit, dafür seine nationalen Interessen und die Beziehungen zu alten Verbündeten wie Russland zu opfern. Und in den Beziehungen zu seinem großen Nachbarn China, mit einer mehr als komplizierten Geschichte, denn Vietnam war auch ein Vasall des Reiches der Mitte, wird man für die Amerikaner nicht die Kastanien aus dem Feuer holen.