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Bosnien-Herzegowina: Ungewisse EU-Perspektive – sicherer Schaden durch Unterwürfigkeit

Bosnien-Herzegowina: Ungewisse EU-Perspektive – sicherer Schaden durch Unterwürfigkeit

Quelle: Gettyimages.ru © Thierry MonasseSymbolbild

Eine Analyse von Marinko Učur (Banja Luka)

Ist Bosnien-Herzegowina neben Serbien das einzig verbliebene Land im übrigen Europa, das keine Sanktionen gegen Russland verhängt hat?

Wenn wir serbische Quellen zitieren, erfahren wir aus ihnen, dass dies offenbar nicht der Fall ist, und dass es auch ohne einen Konsens zwischen den Vertretern der drei konstitutiven Völker gar nicht möglich wäre. Jede Seite hat ein verfassungsmäßiges Vetorecht bei Fragen von nationalem Interesse. Wenn wir andererseits kroatische oder bosniakische Quellen zitieren, wird diese Angelegenheit als erledigt betrachtet, und demzufolge findet eine operative Umsetzung von Sanktionen gegen die Russische Föderation bereits statt. Dies, obwohl eigentlich unklar ist, was das in der Praxis bedeutet, weil aus diesem Land weder kaum etwas nach Russland exportiert wird, noch weil es gar keine Direktflüge in dieses Land gibt. Andererseits ist die Föderation Bosnien und Herzegowina (BIH) aber zu 100 Prozent von russischem Gas abhängig.

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Die Frage bleibt also bestehen, was dieses postjugoslawische Land, das aus dem blutigen Bürger-, Religions- und Völkerkrieg der 1990er Jahre hervorgegangen ist, durch ein Bekenntnis für die eine oder die andere Seite im aktuellen Russland-Ukraine-Konflikt nach der russischen speziellen Militäroperation gewinnen oder verlieren wird.

Die Antwort auf die Frage nach dem Gewinn lautet: nichts, der Gewinn ist gleich Null!

Der Verlust jedoch wäre immens, und es bleibt auch eine Tatsache, dass die Verfassung dieses Landes Entscheidungen verbietet, die den vitalen nationalen Interessen eines der drei konstituierenden Völker zuwiderlaufen. Fakt ist auch, dass außenpolitische Entscheidungen in der dreiköpfigen Präsidentschaft nur im Konsens getroffen werden können, was in der Frage der Beziehungen zur Ukraine und zu Russland ausgeblieben ist.

Daher werden immer wieder Versuche gestartet, Entscheidungen “aus dem Hinterzimmer” durchzusetzen, obwohl die den Serben in Bezug auf mögliche Sanktionen gegen Russland nicht zusagten, betonte Milorad Dodik als deren Vertreter in der dreiköpfigen Präsidentschaft des Landes bereits zu Beginn der Krise in der Ukraine, und er meinte, es sei am besten, neutral zu bleiben und sich auf niemandes Seite zu stellen. Erklärt wurde das damals mit den Interessen eines Staates, der in der europäischen Politik kein Potenzial besitzt und dessen Votum vor allem im EU-Kontext ohnehin nichts bedeutet. Andererseits würde die Einführung von Sanktionen gegen Russland aufgrund der Abhängigkeit von russischen Energieträgern diesem fragilen Staatenbund, der 1995 durch das Friedensabkommen von Dayton geschaffen wurde, nur schaden.

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Vielleicht würde in den aktuellen innenpolitischen Auseinandersetzungen die Stimme der Vernunft überwiegen, vielleicht wären Appelle an eine “Blockfreiheit” auch im Land selbst auf fruchtbaren Boden gestoßen, wenn sich nicht in Brüssel die Kommission als dortige “EU-Verwaltung” eingemischt und die Verantwortlichen in Sarajewo beharrlich zum Einhalten der westlichen Sanktionen gedrängt hätte.
Und natürlich trug diese “Überzeugungsarbeit” Früchte, nämlich auf der kroatischen und der bosniakischen Seite, indem deren Vertreter in der Präsidentschaft von BIH Željko Komšić und Šefik Džaferović gegenüber Brüssel bereits ihre Unterwürfigkeit zum Ausdruck gebracht und ohne Blick auf mögliche Folgen bereitwillig der Anordnung des Westens aus Brüssel Folge geleistet haben.

Für den 2. Oktober dieses Jahres sind Parlamentswahlen in der Föderation Bosnien und Herzegowina angesetzt, und es ist mehr als klar – in der parteiübergreifenden Kampagne steht dann die Frage der Unterstützung der russischen oder der westlichen Seite auf der Tagesordnung des Wahlkampfes aller politischen Parteien, die durch ihre jeweiligen pro- oder antirussischen Bekenntnisse mit mehr Stimmen rechnen.

Der Schaden, der dem Land selbst aus einer solchen Parteinahme entstehen kann, ist sicherlich viel größer als der fragwürdige Nutzen, den die “Big Player” auf internationaler Ebene wegen der Parteinahme dieses ohnehin fragilen Staates haben könnten. Aber der skrupellose Druck aus dem Ausland, insbesondere aus Brüssel, sowie trügerische Hoffnungen auf eine “europäische”, also EU-Zukunft des Westbalkans wird diesen Rest der ehemaligen jugoslawischen Republik jedoch immer weiter von einem dringend notwendigen internen Konsens und einer inneren Stabilität entfernen.

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Was das offizielle Moskau anbelangt, so hält es nach einer Mitteilung der russischen Botschaft in Sarajevo an den Grundsätzen des Völkerrechts fest und unterstreicht die Erwartung, dass alle Entscheidungen, einschließlich derjenigen über das mögliche Verhängen von Sanktionen gegen Drittländer, im Konsens und nicht durch Mehrheitsbeschluss getroffen werden.

Daher könnte die Antwort auf die eingangs gestellte Frage lauten, dass Bosnien und Herzegowina das einzige Land in Europa ist, welches ohne Zustimmung seiner drei Völker und ohne Einhaltung der verfassungsgemäßen Verfahrensregeln dennoch Sanktionen gegen Russland verhängt hat. Es sei den Lesern dieser Zeilen überlassen zu entscheiden, wie legitim und glaubwürdig eine solche Entscheidung ist.

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