Analyse Abgehörte Bundeswehr-Beratung: Deutschland plant Zerstörung der Krim-Brücke
“Versuche, um Antworten herumzukommen, werden als Schuldeingeständnis gewertet”, zitierte das Medium des regierungsnahen Ströer-Konzerns hierzu “Moskaus Außenamtssprecherin” Maria Sacharowa. Die Brisanz der Enthüllung wird dabei heruntergespielt. Im Gespräch gehe es darum, ob Taurus-Raketen theoretisch technisch in der Lage wären, die von Russland gebaute Brücke zur Halbinsel Krim zu zerstören.
Es wurde im T-Online -Artikel auch fälschlicherweise behauptet, dass die RT -Chefin Margarita Simonjan nichts dazu gesagt habe, wie sie an die Audioaufnahme gekommen sei. Sie hat dies in ihrer ersten Veröffentlichung unmissverständlich zu erkennen gegeben, nämlich dass ihr der Mitschnitt von den Spezialdiensten zugespielt wurde – eine übliche Praxis auch der westlichen Medien, die stets ihre “Quellen” bei den Geheimdiensten haben. Erst recht gilt dies für T-Online , das seinen Themenschwerpunkt in der Ausspähung mutmaßlicher Kreml-Agenten oder inländischer Regierungsgegner hat. Dazu schrieb Simonjan Folgendes:
“Etwas sehr Interessantes wurde mir von Kameraden mit Schulterklappen übermittelt, gerade an dem Tag, an dem Scholz sagte, dass die NATO nicht in den ukrainischen Konflikt involviert sei und nicht sein werde.”
Ansonsten haben die deutschen Medien die Nachricht über die ziemlich ausgereiften deutschen Angriffsdebatten erst zur späteren Stunde aufgegriffen – die Hauptmeldung des Tages war für sie die Beerdigung des Kreml-Gegners Alexei Nawalny in Moskau und nicht ein möglicher Casus Belli im Konflikt mit einer Nuklear-Supermacht. Nur das Portal Merkur widmete dem Thema etwas früher als andere Medien einen Artikel, der sich hauptsächlich mit den russischen Reaktionen auf die Enthüllung befasste.
Verfasst wurde der Text in einer betont tendenziös-feindseligen Manier. Moskau habe eine Propaganda-Attacke gegen Deutschland gestartet, von der “Kreml-Propagandistin” Simonjan angeleitet. Die Aufzeichnung würde dem Regime von Kreml-Chef Wladimir Putin nutzen, um Deutschland erneut als “Kriegspartei” zu brandmarken. Etwas voreilig vom Merkur. Da haben die Kollegen wohl folgende entlarvende Überlegung des Luftwaffenchefs, Generalleutnant Ingo Gerhartz, übersehen:
“Und da hat man dann eben Angst, wenn der direkte Link unserer Streitkräfte in die Ukraine geht. Und da wär’ dann halt immer die Frage, kann man den Krieg pullen, dass man unsere Leute abstellt zur MBDA. Dass nur ‘ne direct line zwischen der MBDA und der Ukraine ist. Dann ist es weniger schlimm wie wenn die direct line unserer Luftwaffe zu finden ist.”
In der Äußerung tut der General es einem ausgewachsenen Berufskriminellen gleich, der bei einer Tat nicht erwischt werden will – sprich, wie man die deutsche Mitwirkung bei einem massiven Angriff auf hauptsächlich zivile russische Infrastruktur am geschicktesten verschleiert.
Ansonsten geht aus dem Telefonat klar hervor, dass der terroristische Charakter der geplanten Attacken den am Gespräch beteiligten Offizieren durchaus bewusst ist und dass der Tod vieler unbeteiligter Zivilisten, darunter Kinder, in Kauf genommen wird – für den Merkur offenbar eine Bagatelle. Ohne darauf hinzuweisen, dass die russische Erinnerungskultur durchaus Gründe hat, gerade die Deutschen mit einem besonderen Augenmaß zu betrachten, wirft das Portal den Russen gleich in den Schlagzeilen unmotivierte Aggressivität vor. “Angebliche Bundeswehr-Aufzeichnung: Medwedew schäumt und fordert ‘Tod deutscher Faschisten'” (sinngemäß übersetzt wäre “Nazi-Invasoren” jedoch korrekter in Anlehnung an historische Begriffe), titelt der Merkur .
Noch später als der Merkur ging zudem das Boulevardblatt Bild dem Thema nach und skandalisierte den Leak als “unfassbare Bundeswehr-Panne”. Der Inhalt der Gespräche stellte für das explizit antirussische Medium dagegen keinen Skandal dar – es seien die “russischen Propaganda-Medien”, die offenbar völlig unschuldige deutsche “Gedankenspiele” umlügen: “Vier Offiziere gehen nicht davon aus, dass dafür unbedingt deutsche Soldaten in die Ukraine entsandt werden müssten.”
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Darüber, inwieweit die Bundeswehr mit diesen “Gedankenspielen” in Wirklichkeit in den Ukraine-Krieg involviert ist, können sich in Deutschland nur RT -Leser ein eigenes Bild machen. Das Transkript und der Audio-Mitschnitt sind unter diesem Link zu finden, und hier ist die Erst-Analyse eines Juristen dazu.
Als der vorliegende Artikel schon fast vollendet war, kam die Tagesschau mit einer Kurzmeldung dazu (Stand 21:55 Uhr), die im Wesentlichen den Text von T-Online wiederholte. Beendet wurde die Meldung mit dem obligatorischen Hinweis: “Bundeskanzler Olaf Scholz hat mehrfach betont, dass er gegen die Lieferung von ‘Taurus’-Raketen an die Ukraine ist. Er begründete dies mit der Gefahr, dass Deutschland in den von Russland begonnenen Angriffskrieg hineingezogen werden könnte.”
Mein eigener Kurzkommentar dazu: Am besagten Freitag habe ich mit mehreren Berliner Passanten gesprochen und Talk-Runden zur deutschen Kriegsbeteiligung auf ZDF und Welt-TV angesehen. Die Tendenz, die sich in Deutschland abzeichnet, ist äußerst beunruhigend. Die Zerstörung der Krim-Brücke durch Taurus wurde in den letzten Tagen von mehreren hochrangigen Militärs klar nahegelegt oder sogar gefordert. Die bellizistische Propaganda in der endlosen Fernsehschleife und auf YouTube zielt darauf ab, das Bild zu vermitteln, dass es momentan angeblich schon egal sei, welches Kriegsgerät die Deutschen und wie sie es in die Ukraine liefern, denn Wladimir Putin sieht die NATO sowieso schon mit Russland im Krieg und hat trotzdem seinen Drohungen bislang keine Taten folgen lassen.
Das Austesten der russischen Duldsamkeit bei der Abschreckung Deutschlands und der NATO-Mächte kann also weitergehen. Das Szenario eines deutsch-russischen Krieges oder vielmehr eines NATO-Russland-Krieges mit einer immer wahrscheinlicher werdenden Option für den Einsatz taktischer Atomwaffen schreckt die einfachen Bürger immer weniger ab – das belegen auch die Umfragen. Viele nehmen die Eskalation bereits in Kauf und artikulieren es gern ‒ als Gründe plappern die “Mutigen” Argumente eines kollektiven Carlo Masala nach. Eine Massenbewegung für Frieden ohne weiteren Waffengang kommt hingegen nicht zustande. Russische Befürchtungen über die Wiedergeburt eines explizit deutschen antirussischen Militarismus und einer Großmannssucht oder gar eines Nazi-Geistes im neuen Gewand unter vermeintlich edlen Vorwänden bekommen jeden Tag immer mehr Nährboden.
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