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C40 und Zwangsveganismus oder wie Milliardäre Städte lenken

C40 und Zwangsveganismus oder wie Milliardäre Städte lenken

Quelle: www.globallookpress.com © Detailfoto via www.imago-images.Symbolbild: Nur drei Kleidungsstücke im Jahr fordert C40

Von Dagmar Henn

Das unschuldig wirkende Bürgermeisternetzwerk “C40” ist ein ziemlich gutes Beispiel dafür, welche Tricks genutzt werden, um Themen erst von oben her zu verankern und dann, nach langem Vorlauf, die Grundlagen für massive Eingriffe zu schaffen.

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Solche Netzwerke von Städten gibt es viele, und sie werden gerne genutzt. Das ist eine der Nebenwirkungen einer Politik, die einen sehr starken Anteil von Werbung einschließt – es ist hilfreich, die Themen zu bespielen, die als “cool” und “modern” gelten, und wenn man erklären kann, in diesem oder jenem dieser Städtebündnisse zu sein, dann schmückt das erst einmal vor allem, ermöglicht dem Bürgermeister vielleicht eine nette Reise pro Jahr und ermöglicht es, den Eindruck von Aktivität zu erwecken, ohne allzu viel zu tun. Ausgesprochen nützlich, wenn man in stetiger Konkurrenz um mögliche Wähler steht und es trotz zu Tode gekürzter Lokalredaktionen schaffen muss, immer wieder möglichst positive Nachrichten zu liefern; solche Netzwerke bieten Anlässe für hübsche Presseerklärungen, die dann per Kopieren und Einfügen problemlos in Meldungen verwandelt werden.

Der wirkliche Trick bei dieser Nummer ist die Berichterstattungspflicht. So etwas kann man beispielsweise bei der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus (ECCAR) ansehen. Wobei man dazu sagen muss, dass das noch weit eher eine Umsetzung tatsächlicher kommunaler Positionen ist als C40. Aber man kann an diesem Beispiel leichter nachvollziehen, wie sich in der Folge eines Beschlusses, einem solchen Netzwerk beizutreten, die städtische Politik verändert. Die Berichterstattung soll nämlich wiedergeben, wie weit die Verwaltung die Ziele umgesetzt hat, zu der sich die Kommune verpflichtet hat. Im Falle von ECCAR geht es beispielsweise um statistische Erfassung von Diskriminierungen, um interkulturelles Training, um Beratung und Hilfe für die Opfer von Rassismus.

Praktisch bedeutet das, dass das entsprechende Thema in allen Teilen der Verwaltung präsent ist, ohne dass es von der Stadtgesellschaft selbst so gesetzt wurde. Weil alle Abteilungen dazu verpflichtet werden, in der einen oder anderen Weise tätig zu werden, führt das letztlich zu einer Ideologisierung der Verwaltung, die dann langfristig bereit und sogar überzeugt ist, im besten Sinne zu handeln. Selbst wenn sie Dinge tut, die die Stadtgesellschaft selbst mit breiter Mehrheit ablehnt.

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Für viele Kommunen sind solche Bündnisse auch deshalb interessant, weil sie im wirklichen Leben kaum mehr initiativ werden können. Das ist die Folge von zu wenig Geld, ein Zustand, der sich nur stetig weiter verschlimmert. Das meiste Geld der Kommunen geht in Pflichtaufgaben, und inzwischen haben viele Städte schon Probleme, diese Pflichtaufgaben überhaupt zu stemmen, die vom Betrieb der Meldebehörde über die städtischen Straßen, den Betrieb der Schulgebäude bis hin zur Unterbringung von Flüchtlingen reichen.

Während eigentlich die kommunale Ebene jene ist, auf der die Voraussetzungen für wirklich demokratische Entscheidungen am Besten sind – auch für direkte Demokratie –, sorgt die Verteilung der Finanzmittel dafür, dass vielerorts schlicht nichts zu entscheiden übrig bleibt. Das führt dazu, dass eine Möglichkeit, Zuschüsse zu erhalten, gleich, ob von Land, Bund oder EU, ein sehr wirkungsvolles Mittel ist, die Richtung der verbliebenen Entscheidungen zu lenken. Und dass Akte, die im ersten Moment eine rein symbolische, langfristig aber eine ideologisierende Wirkung haben, sehr attraktiv werden, weil man schließlich in irgendeinem Bereich Aktivität und Entscheidung zeigen muss.

Dabei darf man nicht vergessen, dass die Zeiträume, in denen sich politische Auseinandersetzungen entwickeln, länger sind, als man sich in der Regel vorstellt. Ein Beispiel: Um in München ein Sozialticket für den Nahverkehr durchzusetzen, brauchte es drei Jahre, und zwar von jenem Zeitpunkt an gerechnet, an dem das Bündnis aus Arbeitsloseninitiativen und Sozialverbänden stand, das die Kampagne getragen hat. Innerhalb dieser drei Jahre gab es ungefähr alle drei Monate irgendeine Veranstaltung, eine Aktion oder eine Pressekonferenz, wobei die Aktionen gegen Ende hin immer größer wurden. Einmal wurde sogar ein Mitarbeiter der Caritas festgenommen, weil er aus einer von uns gemieteten Straßenbahn heraus Flugblätter verteilt hatte.

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Die Stadt hatte ein vergünstigtes Ticket, aber nicht als Monatskarte, sondern in Gestalt von höchstens zehn Tageskarten im Monat zum halben Preis, von dem, zum Glück für den städtischen Haushalt, kaum jemand wusste. Der wirkungsvollste Schachzug der Kampagne bestand darin, diejenigen, die ein Anrecht auf diese Tickets hatten, an allen denkbaren Orten dazu aufzufordern, sie sich zu holen. Wodurch dann letztlich die Schwelle erreicht wurde, bei der eine regulär vergünstigte Monatskarte auch für die Stadt zur günstigeren Lösung wurde.

Das war ein einziger Beschluss, in einer Sache, die von vorneherein eine Mehrheit in der Stadt befürwortete, auf der gesamten Skala des politischen Handelns also eine sehr kleine Münze. Trotzdem wäre etwa ohne die Aktivität der Arbeitsloseninitiativen, die eifrig die Flugblätter verteilten, die über die vorhandenen Tageskarten wie über die Forderung nach einer Monatskarte informierten, nichts daraus geworden. Es brauchte schon dafür den langfristigen Einsatz einer ganzen Menge Menschen, die Räume mieteten, sich um Mikrofone und Lautsprecher kümmerten, Kuchen für kleine Feste buken… (nicht zu vergessen das ziemlich große Fest, mit dem wir am Ende unseren Sieg gefeiert haben).

Die Neigung der meisten Berufspolitiker, sich eher an irgendeines der bereits gesetzten Themen zu hängen – vor allem an jene, die von den Mainstreammedien gestützt werden –, hat auch damit zu tun, dass es wesentlich aufwendiger ist, ein Thema von unten nach oben zu bringen, als das, was ohnehin von oben da ist, einfach ein bisschen weiterzudrehen. Für die eigentlich demokratische Richtung, eben jene von unten nach oben, braucht man Menschen, mit denen man zusammenarbeiten kann, die man sich nicht backen kann. Die Anzahl durch bezahlte Kräfte zu ersetzen geht auch nur in begrenztem Maß, führt aber schon dazu, dass jene Themen, die die sozial Benachteiligten betreffen, die schlechtesten Karten haben.

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Je stärker die politische Passivität um sich greift, desto langwieriger und mühsamer wird es auch, solche Themen durchzusetzen. Der Grund, warum die klassischen Organisationen der Arbeiterbewegung eine starke Ideologie hatten, ist schlicht ein praktischer – das ist die Voraussetzung dafür, die Zeitspanne, die für politische Veränderungen von unten nach oben erforderlich ist, überhaupt bewältigen zu können (eine Erkenntnis, die schon der “Bundschuh” in den Bauernkriegen besaß). Und die so gerne zitierte “Wissenschaftlichkeit”, auf die sich die Anhänger der Klimaerzählung beispielsweise berufen, ist der Ausweg aus dem Dilemma, selbst eine Ideologie zu brauchen und zu gebrauchen, gleichzeitig aber Ideologie an sich zu verteufeln, um zu verhindern, dass sich eine Politik von unten nach oben überhaupt entwickeln kann.

Solche Städtebündnisse wie ECCAR treffen also auf Bedürfnisse, die eine Folge der politischen Zustände sind. C40 ist nun eine Variante, die geradezu im Herzen der Finanzwelt entstand – die Gründer waren 2005 Michael Bloomberg, damals gerade Bürgermeister von New York, eigentlich aber Wall-Street-Milliardär, und der Londoner Bürgermeister Ken Livingstone, der ebenfalls für eine Stadt stand, die vor allem von Spekulation und Banken lebt. Eigentlich muss man mehr gar nicht wissen, um die Interessen zu identifizieren, die das Programm bestimmen.

In der Anfangsphase war dieses Bündnis auch harmlos und vor allem eines der üblichen Vehikel kommunaler Eitelkeiten, die in diesem Fall durch die Megametropolen befriedigt wurden, die diese Struktur gegründet hatten. Aber wir reden hier von einer Struktur, die dazu dienen soll, ziemlich weitreichende Eingriffe in das Leben der unteren Klassen durchzusetzen. Was natürlich heißt, dass die erforderliche Zeit weit über den drei Jahren für so eine einfache Forderung wie das Sozialticket liegt. Ein Zeitrahmen, der in der Gegenrichtung, also für die Durchsetzung politischer Ziele von unten nach oben, bereits eine sehr straffe Organisation benötigt, weil sich die Anforderungen entsprechend erhöhen.

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Die Variante von oben nach unten hat es wesentlich leichter. C40 kann, dank der “Partner” wie Soros Foundation oder Ikea, problemlos Personal finanzieren, internationale Konferenzen, Studien in Auftrag geben, usw. usf. Man merkt es den Papieren an, dass sie aus irgendeiner der internationalen Beraterfirmen stammen, in Zusammenarbeit mit Universitäten; das Zahlenmaterial mag von Universitäten geliefert worden sein, die Aufbereitung kennt man von Deloitte, PWC und ähnlichen Firmen.

Auch das ist ein weiterer Vorteil, den diese Strukturen von oben nach unten und die Klimaerzählung gegenüber der Gegenrichtung haben. Es braucht Geld, um den Anspruch von Wissenschaftlichkeit zu erheben, oder, anders gesagt: Wenn man genug davon besitzt, ist es kein großes Problem, eine Studie zu beschaffen und entsprechend ausschmücken zu lassen, die genau das präsentiert, was man politisch gerne durchsetzen würde.

Machen wir einmal ein kleines Gedankenspiel. Es gibt eine ganze Reihe von Forschungsergebnissen, in verschiedenen Bereichen, zum Thema gesellschaftlicher Ungleichheit. So gibt es historische Untersuchungen über die Folgen eines großen Abstands zwischen Arm und Reich, die sogar statistisch belegen können, dass eine Gesellschaft durch zu große Ungleichheit zerstört wird. Es gibt psychologische Untersuchungen, die nachweisen, dass Menschen in einer gleicheren Gesellschaft glücklicher sind als in einer ungleichen. Es gibt die medizinische Erkenntnis, dass auch die Lebenserwartungen ungleich sind, und – erst vor wenigen Wochen – dass die Anfälligkeit für Krebs massiv vom vorhandenen oder nicht vorhandenen Wohlstand beeinflusst wird.

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Stellen wir uns einmal vor, dieser ganze Komplex an Informationen würde mit dem gleichen Eifer, mit den gleichen finanziellen Mitteln in die gesellschaftliche Debatte gedrückt wie die Klimaerzählung. Es gäbe eigene Institute, die sich mit nichts anderem beschäftigten als mit Ungleichheitsforschung; die Entwicklung in diesem Bereich würde jährlich auf allen Ebenen präsentiert, und der aktuelle Ungleichheitswert würde in den Fernsehnachrichten mit allen zusätzlichen Informationen präsentiert, wie etwa den durch Armut jährlich gestohlenen Lebensjahren.

Es gäbe im Internet oder auch gedruckt stapelweise Vorschläge, wie man die Ungleichheit weiter reduzieren könnte. Es gäbe Kurse für junge Leute, in denen sie über die Folgen der Ungleichheit aufgeklärt würden; es gäbe Ungleichheitsbeauftragte in den Städten; eine Abschlussarbeit oder gar eine Promotion, die sich mit diesem Thema befasste, wäre der Einstieg in eine gute Karriere. Fernsehreportagen würden mit bedrohlichen Bildern, etwa von den Zeltstädten in den US-Metropolen, unterlegt mit entsprechender Musik, erklären, wie gefährlich es sei, wenn zuviel Armut zuviel Reichtum erzeuge und umgekehrt (und die realen Folgen reichen tatsächlich von Bürgerkriegen bis zur Anomie). Man würde Protestierer bezahlen, die sich täglich an die Bankzentralen ketten oder vor die Einfahrten von Villen kleben.

Nein, das kann man sich nicht vorstellen. Das würde nämlich schlicht gegen die Interessen jener verstoßen, die üblicherweise solche Strukturen finanzieren, wie die Herren Bloomberg und Soros. Stattdessen gibt es Studien, die mit vielen hübschen Grafiken Kommunalpolitiker dazu motivieren sollen, ihren Stadtbewohnern das Fleischessen und den Konsum von Milchprodukten abzugewöhnen, und zwar bis 2030. Die sie in engere Wohnverhältnisse drängen sollen (Stahl und Beton sind auch böse, böse) und dazu bringen, noch die verdorbenen Lebensmittel brav aufzuessen (“0 Prozent Lebensmittelverschwendung in den Haushalten”). 90 Prozent der Wohngebäude aus Holz? Da bleibt von den Wäldern nicht mehr viel übrig; aber eine entwaldete Landschaft überzeugt ohnehin besser von den Gefahren des Klimawandels…

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Drei neue Kleidungssstücke im Jahr? Wer das erfunden hat, kauft seine Klamotten bestimmt nicht bei Primark oder anderen Billighändlern, wie das längst viele tun müssen. Bei drei Kleidungsstücken im Jahr wäre man in der normalen Preisklasse nach spätestens zwei Jahren nackt, weil das Getragene weit schneller abgenutzt als nachgekauft wird. Klar, wer sich Anzüge in der Saville Row kauft, kommt mit drei Stück im Jahr problemlos über die Runden.

Wie auch immer, was vor mehr als fünfzehn Jahren harmlos angefangen hat, stellt nun direkt gefährliche Forderungen. Gefährlich auch, weil klar ist, in welchen Bereichen eine Kommune das direkt umsetzen kann. Bei der Ernährung in den Kindergärten beispielsweise. Ein Verzicht auf Milchprodukte klingt harmlos. Das Ergebnis nennt sich Rachitis. Die Menschen in Europa haben nicht deshalb hellere Haut und vertragen zu großen Teilen ihr Leben lang Milchprodukte, weil das schön ist, sondern weil das hilft, einen Kalziummangel zu verhindern, der daher resultiert, dass durch die vergleichsweise geringe Sonneneinstrahlung zu wenig Vitamin D gebildet wird. Kindern tut der Veganismus gar nicht gut. Aber das ist es, worin die Vorschläge enden werden, die dieses vermeintliche Städtebündnis C40 macht.

Der Trick bei solchen langfristigen Projekten besteht darin, dass sie nach einer gewissen Zeit in den betroffenen Verwaltungen schlicht integriert sind. Es dauert fünf bis zehn Jahre, dann gibt es nur noch Verwaltungspersonal, für das dieses Projekt schlicht normaler Teil des Alltags ist. Das ist der Moment, an dem die Anforderungen heraufgesetzt werden können und der Angriff auf die Lebensverhältnisse beginnt.

Das wirkliche Problem ist allerdings noch nicht einmal, dass Einrichtungen wie C40 Transmissionsriemen für politische Maßnahmen sind, die der normalen Bevölkerung gegenüber zutiefst feindselig sind. Ein noch weit größeres Problem ist, dass auf diese Weise die Aufmerksamkeit sowohl der Politiker als auch des Publikums von den wirklich entscheidenden Fragen abgelenkt wird. Die Ungleichheit in der heutigen Gesellschaft bedroht tatsächlich ihre Funktionsfähigkeit; die Schlaglöcher in den Straßen sind ebenso echt wie die Bewohner von Notunterkünften. Aber die Politik von unten nach oben ist dermaßen ins Hintertreffen geraten, dass nur noch ein simmernder Zorn bleibt, während die von Hochglanzpräsentationen gelenkte politische Belegschaft munter dem Untergang entgegenzieht.

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