Ausland

Chinas Agraroffensive ist Vorsorge für den Kriegsfall

Chinas Agraroffensive ist Vorsorge für den Kriegsfall

Symbolbild: Landwirtschaft in China

Von Timur Fomenko

Um die heimische Nahrungsmittelversorgung zu sichern und die Abhängigkeit von ausländischen Importen zu verringern, erweitert China seine Agrarflächen. Wie die Zeitung China Daily erklärte, “hat die rasch alternde Landbevölkerung es für China schwieriger gemacht, die Ernährungssicherheit zu gewährleisten”. Sie hat zu einem Rückgang der Anzahl der Bauern geführt und das Land gezwungen, sich stärker von importierten Produkten abhängig zu machen.

Da China mit über 1,4 Milliarden Menschen das hinsichtlich der Bevölkerungszahl zweitgrößte Land der Welt ist (im April 2023 wurde China in dieser Hinsicht von Indien überholt), versteht es sich von selbst, dass der Nahrungsmittelbedarf des Landes astronomisch ist. Es nimmt von Jahr zu Jahr zu, da die Bevölkerung mit der wirtschaftlichen Entwicklung auch mehr isst und die Nahrungsmittelimporte entsprechend steigen.

Aber Chinas plötzlicher Drang nach noch mehr Landwirtschaft trägt ein zusätzliches geopolitisches Element in sich. Die Verwendung des Wortes “Ernährungssicherheit” im oben verlinkten Artikel zeigt, dass Peking sich durchaus bewusst ist, dass seine zunehmende Abhängigkeit von ausländischen Nahrungsmittelimporten ein kritisches strategisches Risiko für das Land darstellt, das genutzt werden kann, um es in die Knie zu zwingen. Man muss annehmen, dass Peking Notfallpläne für einen möglichen Krieg mit den Vereinigten Staaten vorbereitet und daher seine Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten, von denen ein Großteil aus den USA selbst stammen, deutlich reduzieren muss.

Warum China sich bei seinen Ansprüchen im Südchinesischen Meer zurückhalten muss

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Eine effektive Möglichkeit, eine Nation in einem Krieg zu besiegen, besteht darin, sofern die Geografie es zulässt, eine Seeblockade gegen das Land zu verhängen, um es von wichtigen Import- und Exportrouten abzuschneiden. Dadurch wird das Land in einen Zermürbungskrieg gezwungen, während seine Ressourcen schwinden und es gegen die Zeit spielen muss. Dem britischen Empire ist dies zweimal gegen Deutschland gelungen, das ungünstig im Herzen Mitteleuropas gefangen war, indem London die Übermacht der Royal Navy für Seeblockaden nutzte. Sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg war es Großbritannien aufgrund seines geografischen Vorteils möglich, den kommerziellen Zugang Deutschlands zum Atlantik sowohl über die Nordsee als auch über die Straße von Gibraltar zu sperren. Da es an wichtigen Ressourcen wie Öl und ausreichend Nahrungsmitteln mangelte, war Deutschland strategisch eingekesselt und konnte einen langwierigen Krieg nicht gewinnen. 

Seeblockaden sind verheerend, und deshalb zielt die amerikanische Strategie gegen China darauf ab, die an China angrenzenden Meere mit ineinandergreifenden Allianzen und einer wachsenden militärischen Präsenz vollständig zu beherrschen. Im Falle eines Krieges würden die USA versuchen, China mit einer Seeblockade wirtschaftlich zu erwürgen, mit dem Ziel, das Land von wichtigen Importen abzuschneiden – und Nahrungsmittel wären da keine Ausnahme. Wenn das chinesische Volk massiv hungert, stürzt das Regime und der Krieg ist gewonnen.

Eine strategische Möglichkeit Chinas zur Bewältigung dieser Situation bestand darin, die Belt and Road Initiative (BRI) ins Leben zu rufen und im Rahmen dessen mehrere Logistikkorridore durch Eurasien einzurichten, um das Land strategisch weniger anfällig für eine Seeblockade zu machen. Aber das reicht nicht. Aufgrund der schieren Größe der chinesischen Bevölkerung und damit der Nahrungsmittelnachfrage hat Peking in dieser Hinsicht nur minimalen Spielraum für Kompromisse. Seine Abhängigkeit von in den USA massenhaft angebauten Produkten wie Sojabohnen stellt eine enorme Belastung dar. Aus diesem Grund hat China nicht nur die BRI vorangetrieben, sondern es setzt sich auch an allen Fronten für eine Doktrin der Eigenständigkeit ein, die Xi Jinping als “duale Zirkulation” bezeichnet hat. Dazu gehören nicht nur Dinge wie die Herstellung von Mikrochips, sondern auch Landwirtschaftsprodukte und Nahrungsmittel.

Chinas neue wirtschaftliche Ausrichtung ist eine Reaktion darauf, dass die Ära der Globalisierung – auch ohne den Gedanken an Krieg – zu Ende geht und die USA sie gewaltsam und strategisch geplant zerreißen. Das Hauptziel Chinas muss darin bestehen, sich auf sich selbst und seine eigenen Märkte zu verlassen, um das Wirtschaftswachstum aufrechtzuerhalten. Zumal einige Länder feindselig wurden, Barrieren errichten oder Aspekte der Zusammenarbeit für eigene strategische Ziele nutzen.

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Sieht man sich die kommerziellen Ziele der USA in Bezug auf China an, besteht das Ziel der US-Führung darin, Chinas Halbleiter- und Hightech-Industrie lahmzulegen und dann von Peking den Aufkauf von Sojabohnen im Wert von Hunderten von Milliarden zu verlangen, um die amerikanische Landwirtschaft mit Aufträgen zu versorgen. Das ist genau das, was Trump bereits 2019 in seinem “Handelsabkommen” mit China vorgeschlagen hat. Die für Washington einzig akzeptablen Handelsbeziehungen sind solche, die auf Ausbeutung beruhen, aber im Bereich der Landwirtschaft ist die Nachfrage da, und die USA wissen das.

Daher hat Chinas Vorhaben, seine eigene Landwirtschaft zu stärken und auszubauen, sowohl eine militärische als auch eine strategische Dynamik. Erstens verhindert es, dass ein Mangel an Nahrungsmitteln in einer Embargosituation zu einer Belastung wird. Zweitens verringert es die Abhängigkeit vom US-Markt für Agrarimporte als Mittel zur Handelsfinanzierung. 

Das heißt aber nicht, dass das alles ohne Risiko bleibt. Ein gewisses ehemaliges chinesisches Staatsoberhaupt hat dies schon früher mal versucht, mit dem Ziel, die Reisproduktion massiv zu steigern, um die Eigenständigkeit Chinas zu stärken und die westlichen Mächte zu überholen. Diese als “Der große Sprung nach vorn” bekannte Anstrengung endete in einer Katastrophe – einer der größten Hungersnöte in der Geschichte der Menschheit und Millionen und Abermillionen Toten. Chinas jüngster Vorstoß muss durchdachter sein und sich an der Marktdynamik orientieren. Peking braucht nicht noch mehr wirtschaftliche Ziele, als es ohnehin schon hat.

Aus dem Englischen.

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