Am Montag hat im ostthüringischen Gera ein Prozess gegen eine frühere Richterin begonnen. Die Staatsanwaltschaft Erfurt wirft der Frau Rechtsbeugung vor. Zuvor war die damalige Proberichterin nach einem Disziplinarverfahren bereits aus dem Dienst entlassen worden. Ihre Bemühungen, juristisch gegen diese Entlassung vorzugehen, blieben ohne Erfolg.
Die Richterin hatte im April 2020 verfügt, dass ein Pfarrer eine schwer kranke Bewohnerin eines Jenaer Pflegeheims hatte besuchen dürfen, um ihr seelsorgerisch beizustehen. Derartige Besuche waren nach der “Coronaschutzverordnung” untersagt gewesen. Durch den richterlichen Beschluss war es dem Geistlichen ermöglicht worden, der Palliativpatientin Beistand zu leisten.
Das Problem: Bei dem Pfarrer handelt es sich um den Vater der Richterin. Diese hatte an dem betreffenden Tag Bereitschaftsdienst gehabt und war auch für das Pflegeheim zuständig gewesen. Allerdings hätte sie sich nach Auffassung der Staatsanwaltschaft für befangen erklären und den Fall an Kollegen übergeben müssen, als ihr Vater zunächst telefonisch und dann schriftlich beantragt hatte, die Frau im Heim besuchen zu dürfen. Weil sie das nicht getan hatte, sieht die Anklagebehörde den Straftatbestand der Rechtsbeugung erfüllt.