Der Verlust von Awdejewka wurde nicht nur für Kiew zu einer verheerenden moralischen und strategischen Niederlage, sondern auch für dessen westliche Verbündeten zu einem schweren Schlag. Das ist zwar noch kein K.-o.-Schlag, aber immerhin ein Zu-Boden-Gehen samt einer kollektiven euroatlantischen Gehirnerschütterung.
Dieses vernebelte Hirn versucht, eine Lösung zu finden und der sich im Niedergang befindenden Ukraine zu helfen. Doch parallel zu dieser Suche kommen Kiews Unterstützer zur – wenn auch nicht zur Schau getragenen – Erkenntnis, dass dies nicht möglich ist.
Welche Veränderung bringt der symbolträchtige Verlust von Awdejewka in Kiews Beziehungen zu seinen westlichen Verbündeten und in deren Beziehungen untereinander? Zwei Schlüsse können heute schon gezogen werden.
Erstens verwandelt sich die Unterstützung der Ukraine zwei Jahre nach dem Beginn der russischen Militäroperation für den Westen in eine Art Rollenspiel. Bei diesem Spiel ist es für Kiews Verbündete das Wichtigste, die Realitäten im Kampfgebiet nicht anzuerkennen, die Kosten einer weiteren Teilnahme am Ukraine-Konflikt zu minimieren und eine eigene geopolitische Niederlage zu vermeiden.
Zweitens kommt man nicht umhin, zu bemerken, dass die von US-Präsident Joe Biden zum Kampf gegen Russland erschaffene Koalition des Westens allmählich zerbricht. Der US-amerikanische und der europäische Flügel dieser Koalition beginnen, jeweils ein eigenes Leben zu führen, und gemeinsam werden diese zwei schwächelnden Flügel nicht mehr fliegen. Im Lager der westlichen Verbündeten herrschen bei aller vorgeblichen Einigkeit Irrungen und Wirrungen.