Elon Musk will Twitter doch kaufen
Autorität wird nicht an der Zahl der Twitter-Abonnenten gemessen. Doch ist Twitter als Plattform insofern einzigartig, dass dort der Informationskrieg gleichsam in Anwesenheit von Staats- und Regierungschefs stattfindet. Alle ihre Accounts streiten nun mit Musk. Doch nicht einmal zusammengerechnet kommen sie auf die Anzahl vom Musks Abonnenten.
Niemand sonst könnte im meist politisierten Segment des Internets so viel Aufmerksamkeit auf seine Meinung über den Ukraine-Konflikt ziehen. Musk zwang einen wesentlichen Teil der Weltbevölkerung, zumindest kurz über ein offensichtliches, doch tabuisiertes Thema nachzudenken – nämlich, dass die Ukraine diesen Konflikt nicht zu ihren Bedingungen gewinnen kann.
Jetzt wird versucht, diese Meinung schnellstmöglich zu entwerten oder zumindest vulgär zu beschimpfen. Die Avatare der höchsten Amtsträger von Kiew und den NATO-Ländern sind daran beteiligt.
Voraussichtlich erwartet den Milliardär eine vorsätzliche Dämonisierung, hat er doch die US-amerikanische Elite, der er selbst angehört, zum zweiten Mal innerhalb des Jahres verraten. Zum ersten Mal geschah es, als er verkündete, für Republikaner statt für Demokraten zu stimmen. In der Vorwahlperiode galt dies als nichts Geringeres als ein Übertritt auf die Seite des Bösen – die Seite von “Faschisten”, Abtreibungsgegnern, homophoben Menschen und selbstverständlich Russland Freunden.
Bereits jetzt gibt es vorhersehbar viele Meinungen, dass Musk – ob willentlich oder nicht – für Moskau arbeitet. Ob es einem paradoxal oder logisch erscheinen mag, so ist der reichste Mann der Welt nicht vor dem Verdacht auf grenzenlose Geldgier sicher.
Indessen ist der “Musk-Plan” für Russland mindestens aus zwei Gründen nicht annehmbar.
Erstens verbietet die Verfassung der Russischen Föderation Gebietsabtritte. Ein Gebiet kann sich Russland anschließen, es aber nicht wieder verlassen. Und eine Änderung des Grundgesetzes kann nicht Gegenstand von Verhandlungen mit ausländischen Mächten sein. Im Fall Russlands sollte sie es zumindest nicht sein, handelt es sich doch um einen Grundsatz der staatlichen Souveränität.
Der russische Präsident erklärte während der feierlichen Vertragsunterzeichnung mit den Oberhäuptern von vier neuen Gebieten der Föderation:
“Menschen, die in Lugansk, Donezk, Cherson, Saporoschje leben, werden zu unseren Staatsbürgern. Für immer.”
Zweitens, und das ist wohl der wichtigste Grund: Selbst wenn man alles vorher Gesagte nicht beachtet, wäre ein Kompromiss “nach Musk” nur dann möglich, wenn eine kompromissbereite Ukraine existieren würde. Doch eine solche Ukraine existiert nicht. Ein Beleg dafür sind die wiederholt bestätigten und von vornherein unausführbaren Forderungen Kiews nach einer “Denuklearisierung und Demilitarisierung Russlands”.
Die reale Ukraine gleicht einem wütenden Tier. Und sie ist nicht nur im gegebenen Moment wütend, sondern lebt von Rachegelüsten. Jede Verhandlung über eine Deeskalation mit ihr ist vorübergehend und wird umgehend gebrochen werden, sobald Kiew die Kräfte für eine Revanche sammelt.
Neues Gesetz in der Ukraine verbietet jegliche Verhandlung mit Putin
Ob man es mag oder nicht, die Frage der nationalen Sicherheit Russlands hängt nun davon ab, dass das Tier an den Grenzen geschwächt werden und die Angriffsmöglichkeiten für Jahrzehnte oder für immer verlieren soll. Ob es durch den Verlust der großen Industriezentren, des Meereszugangs oder anderweitig geschieht, wird sich zeigen, doch bis dahin wird es ganz sicher keine Grundlagen für einen dauerhaften Frieden geben.
Allen Anzeichen nach wird ein dauerhafter Frieden allen Konfliktteilnehmern, darunter auch dem Westen, wesentlich teurer zu stehen kommen. Für einen von Musk vorgeschlagenen Preis ist er seit etwa April 2022 nicht mehr verfügbar.
Dennoch ist es kein Grund zu der Annahme, dass der Milliardär naiv sei, wie nun einige seiner Kritiker behaupten. Möglicherweise haben in diesem Fall gerade diejenigen recht, die auf seine Habgier hinweisen.
Vor dem Hintergrund der durch Musks Tweets verursachten Empörungswelle hat manch einer begonnen, seine Tesla-Aktien zu verkaufen. Dadurch ist ihr Wert spürbar gefallen. Das war vorhersehbar. Doch es ist schwer, sich vorzustellen, wie groß die Versuchung eines Geschäftsmanns sein kann, der weiß, dass er mit einem Fingerschnippen den Aktienpreis in die Tiefe treiben kann, um sie danach wieder aufzukaufen und lächelnd die unausweichliche Kurssteigerung zu erwarten.
Nothing political, just business.
Übersetzt aus dem Russischen.
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