Quelle: Sputnik © Sergei Bobylew Start der Angara-A5-Rakete vom Kosmodrom Wostotschny.
Von Irina Alksnis
Zum diesjährigen Tag der Raumfahrt hat sich Russland ein großartiges Geschenk gegönnt.
Am Tag zuvor, dem 11. April, wurde vom Kosmodrom Wostotschny die schwere Trägerrakete Angara-A5 gestartet. Der Raumschlepper Orion brachte erfolgreich den Satelliten Gagarinez des Privatunternehmens Avant Space in den Orbit.
Es war nicht der erste Start für die Trägerrakete. Zuvor waren die Angara-A5 und ihre leichtere “Schwester” Angara-1.2 jeweils dreimal vom Militärkosmodrom Plessezk gestartet worden. Doch das mindert keinesfalls die Bedeutung des gestrigen Ereignisses. Erstens deswegen, weil der Start gerade am Kosmodrom Wostotschny stattfand, das damit seinen Status eines vollwertigen Weltraumbahnhofs bestätigte. Zweitens, weil dies der erste Start der Angara-A5 war, bei dem sie nicht nur mit Nutzlastattrappen, wie zuvor, sondern mit einer realen Nutzlast ausgestattet war. Drittens, weil das an die erste postsowjetische russische Rakete gestellte Ausmaß an Aufgaben erstaunt. Sie soll die altgediente Proton-Rakete ablösen und die Arbeit an einer ganzen Menge von russischen Weltraumprojekten übernehmen: Mondstationen, die russische Orbitalstation oder das Projekt Sfera (Sphäre), dessen Satelliten Russland permanent mit einer Internetverbindung versorgen sollen. Kurz, für die neue Rakete gibt es Arbeit im Überfluss.
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Dass ein derartig bedeutender Start der neuen Rakete kurz vor dem Tag der Raumfahrt stattfand, verleiht dem Geschehen zusätzliche Bedeutung: Russland hat bei der Erschließung des Weltraums neue Kraft geschöpft. Und wie oben bereits angemerkt, wurde der Start zu einem Geschenk des Landes an sich selbst, denn hinter dem Erfolg vom 11. April stehen Jahre hartnäckiger Arbeit von hunderten Kollektiven und zehntausenden Menschen, die direkt oder indirekt an diesem Erfolg mitgewirkt haben.
Doch in diesem Ereignis zeigt sich noch ein weiteres interessantes und wichtiges Phänomen, das nicht nur den Weltraum betrifft. Um den Start der Angara-A5 machte man sich Sorgen, denn er gelang erst beim dritten Versuch – die ersten beiden Starts brach die Automatik wegen technischer Probleme ab. Bemerkenswert ist auch, mit welcher genüsslichen Hoffnung auf ein Unglück westliche Medien, aber auch russische Oppositionelle über das Ereignis berichteten – und welche unverhohlene Enttäuschung sie am 11. April zeigten, als der Start doch noch erfolgreich gelang.
An dieser Stelle könnte man sich in Moralpredigten über Russlands Gegner ergehen. Doch an diesem freudigen Tag sollten wir einander gratulieren, dass Russland gerade solche Gegner hat – genauer gesagt, dass sich die Gegner Russlands zu einem solchen Verhalten erniedrigt haben.
Denn faktisch fußt die ganze Strategie des Westens auf der Hoffnung, dass Russland scheitern, ein Unglück erleben, irgendeinen verhängnisvollen Fehler begehen und eine selbst verursachte Katastrophe erleiden werde. Seit Jahren redet sich der Westen mantraartig ein, dass bei den Russen jeden Augenblick die Wirtschaft zusammenbreche, sich die Goldreserven erschöpfen, sich die Waffenlager leeren, die Infrastruktur kollabieren, die wertvollsten Kader verloren gehen würden. Diese Liste ließe sich lange fortsetzen.
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Das Amüsanteste ist, dass man nicht sagen kann, dass diese apokalyptischen Prognosen völlig aus dem Nichts kamen. In der Regel werden sie mit durchaus realen negativen Entwicklungen begründet. Vor wenigen Jahren schlugen bei uns selbst die glühendsten Patrioten wegen des Zustands der russischen Raumfahrt Alarm: wegen des Ausruhens auf den Lorbeeren und des Leersaugens des sowjetischen Erbes, wegen der ausufernden Korruption beim Bau von Wostotschny, wegen einer miserablen Unfallstatistik bei den Starts und zahlreicher anderer Probleme. Kein Wunder also, dass im Westen umfangreiche analytische Berichte mit dem Leitmotiv “Die russische Raumfahrt ist hinüber, man muss nur ein wenig auf ihren endgültigen Untergang warten” erschienen. Bis heute prägen solche Berichte dort die Einstellung zu Russland und bilden die Grundlage für Entscheidungen. In Wirklichkeit gelang es Russland indessen, den Verfall der Raumfahrtindustrie aufzuhalten, das Blatt zu wenden und zu neuem Wachstum überzugehen.
Und so steht es um alle Bereiche: die Wirtschaft, das Militär, die Infrastruktur oder gar um den Staat als solchen. Krisen, Probleme und selbst Katastrophen sind ein Teil des Lebens. Das Wichtigste ist es, rechtzeitig – und sei es auch am Rande des Abgrunds – anzuhalten und anzufangen, hartnäckig an einer Entwicklung zum Besseren zu arbeiten. Rückblickend kann man sich dann auch einen Scherz über einen Pinguin leisten – ein stolzer Vogel, der erst dann fliegt, wenn man ihm einen Tritt verpasst.
In seiner Geschichte gelang Russland dieses Kunststück mehrfach, aus scheinbar aussichtslosen Katastrophen heil herauszukommen, und zwar so oft, dass wir diese Fähigkeit alle für etwas Selbstverständliches halten. Dabei ist das gar nicht so. Im Gegenteil, es ist eine seltene – um nicht zu sagen einzigartige – Eigenschaft, über die nur sehr wenige Länder und Völker verfügen. Jedenfalls kann der Westen, selbst im Bewusstsein der eigenen Probleme und des sich beschleunigenden Prozesses des eigenen Niedergangs, diesen Trend bisher nicht aufhalten. Gerade deswegen hofft er jetzt so inbrünstig, dass sich alles irgendwie selbst regeln werde: Russland werde zusammenbrechen und zerfallen, China auf die Knie gebeugt werden und die restliche Welt wieder gefügig werden – bis alles wieder beim Alten sein wird.
Möge er weiter hoffen.
Auf uns warten die Sterne.
Allen einen frohen Tag der Raumfahrt!
Übersetzt aus dem Russischen und zuerst bei RIA Nowosti erschienen am 12. April 2024 .
Irina Alksnis ist eine russische Politologin und Publizistin.
Anmerkung der Redaktion: Am 7. April 2011 wurde auf einer Sonderplenarsitzung der UN-Generalversammlung eine Resolution verabschiedet, die den 12. April offiziell zum Internationalen Tag der bemannten Raumfahrt erklärte. Mehr als 60 Staaten haben die Resolution mitunterstützt.
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