Quelle: Legion-media.ru © NWCipurestockxfour
Von Richard Mahnke
Es ist ein Phänomen der vergangenen Jahre, dass sich bei den Politikerauftritten in sozialen Netzwerken die Parodie immer schwerer vom Original unterscheiden lässt. Das war nicht immer so. Noch vor ein paar Jahren etwa wäre es undenkbar gewesen, dass ein Ministerium darauf hinweist, dass ein X-Post nicht von der Ministerin, sondern von einem Satire-Konto stamme. Politik und Parodie sind sich zum Verwechseln ähnlich geworden.
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Das liegt natürlich auch an dem erschreckend niedrigen Niveau, das die politische Klasse mittlerweile mit nur wenigen Ausnahmen erreicht hat. Die meisten der heutigen Minister hätten noch vor wenigen Jahrzehnten Schwierigkeiten gehabt, einen Praktikumsplatz in ihren Ministerien zu bekommen. Aber das Problem reicht tiefer und ist grundsätzlicher Natur.
Seit spätestens den 90er-Jahren hat die Politik, wie sie im Bundestag diskutiert und den Menschen in der Tagesschau erklärt wird, sich immer mehr von der realen Welt in eine virtuelle verlagert. Immer stärker ging und geht es nicht mehr um den Umgang mit realen Problemen, sondern um das Verbreiten bestimmter Erzählungen, aus denen wiederum bestimmte Politiken abgeleitet werden, die die Menschen sehr wohl real betreffen. In der Regel negativ.
Propaganda, Interpretationen und Umschreibungen von Gegenwart und Vergangenheit als Instrument politischer Interessen hat es immer gegeben. Aber dass den Menschen eine komplette Fassadenwelt aus angeblichen Krisen, Bedrohungen und Bösewichtern vor die Augen gestellt wird, während ihre tatsächlichen Probleme nicht zu existieren haben, das ist neu und erinnert im zu erkennenden totalitären Anspruch an den Roman 1984.
Zumal die Fassaden bei Bedarf auch schnell ausgetauscht und die Erzählungen verändert werden. Deswegen wirken die Politikdarsteller und ihre Sprechblasen immer mehr wie Komparsen in einem schlechten Theaterstück, die sich ihre absurden Skripte immer wieder selbst in Erinnerung rufen müssen. Man vergleiche nur eine Pressekonferenz der Ampelspitzen mit einem Auftritt des russischen Präsidenten.
Verdrängung der Realität verstellt die Sicht auf ihre Zerstörung. Dabei geht es nicht nur um das Abräumen der sozialen und ökonomischen Verhältnisse, sondern auch um einen Angriff auf das Menschsein an sich, wie etwa das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz und der dort und in der Klimadebatte durchschimmernde Todeskult zeigen.
Die Sprechköpfe sind ein schlechter Witz, das macht die im Hintergrund wirkenden Kräfte allerdings nicht weniger tödlich. Es bleibt die Hoffnung, dass die Zuschauer des Spektakels beizeiten feststellen, dass es eben ein solches ist – und sie die Wirklichkeit wieder nach ihren Bedürfnissen und nach menschlichem Maß gestalten.
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