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Deutschland in der US-“Rüstungsfalle”?

Deutschland in der US-"Rüstungsfalle"?

Quelle: Gettyimages.ru © Rick Madonik/Toronto Star via Getty ImagesDampf im Getümmel um Rüstungsaufträge: Ein US-amerikanischer F-35-Kampfjet auf der Luftfahrtschau in Toronto, 3. September 2022

Von Alexander Männer

Der russische Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar führte zweifellos zu einer massiven Verschiebung in der Sicherheitspolitik der Europäischen Union, deren Folge ein signifikanter Anstieg der Ausgaben für Verteidigung in mehreren EU-Ländern war. Vor allem in Deutschland wurde mit dem sogenannten Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Streitkräfte ein tiefer Einschnitt in die bisherige Rüstungspolitik vorgenommen.

Vergangene Woche verabschiedete der Bundestag im Rahmen des Bundeshaushalts für das Jahr 2023 unter anderem das neue Verteidigungsbudget in Höhe von 50 Milliarden Euro und legte damit den finanziellen Grundstein für die kommenden Rüstungsprojekte. Die Entscheidung darüber, welche Waffensysteme angeschafft werden sollen, fiel in Deutschland allerdings schon vor Monaten und größtenteils zugunsten der US-Industrie. Kritiker weisen indes darauf hin, dass diese Strategie aus deutscher Sicht mit negativen Folgen im Technologiebereich sowie mit ökonomischen Risiken und Nachteilen verbunden sei.

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Gefahr für die Souveränität im Rüstungssektor

So heißt es diesbezüglich in dem Wirtschaftswoche-Artikel “Unsere Souveränität dürfen wir nicht für 50 Jahre in US-Hände geben” von Max Biederbeck-Ketterer und Rüdiger Kiani-Kreß, dass Deutschland von dem Verlust seiner technologischen Autonomie bedroht sei. Grund dafür seien demnach die an US-Unternehmen verteilten milliardenschweren Rüstungsaufträge, die nun der heimischen Rüstungsbranche fehlen.

Dies sei weder gut für das Geschäft, noch für den technologischen Bereich, wie diverse Topmanager aus der Branche dem Artikel zufolge anprangern. Laut Gerardo Walle, dem Gesellschaftervertreter im Fluggeschäft des Nürnberger Konzerns Diehl, gefährdet die Bundesregierung mit ihrer Vorgehensweise den Verlust “wichtiger Schlüsseltechnologien” und damit die deutsche Autonomie und Souveränität in Rüstungsfragen. Denn die Ampelkoalition setzt vorwiegend auf “fertige und schnell lieferbare Produkte von der Stange”, wie den neuen F-35-Kampfjet von Lockheed Martin oder den schweren Transporthubschrauber Chinook von Boeing.

Deutschlands Rüstungsmanager mahnen in diesem Zusammenhang, dass US-Aufträge mit klaren Gegenleistungen verbunden sein sollen, da dies die heimischen Produzenten sonst hart treffen könnte. Die Rede ist von “detaillierten Bedingungen wie einer Wertschöpfung im eigenen Land”, der Nutzung der Geräte “im Einsatz gemäß der eigenen Bedürfnisse” und davon, dass die Bundesrepublik hierbei nicht in eine Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten geraten dürfe. Martin Kroell, geschäftsführender Gesellschafter der für seine Panzer- und Schleudersitze bekannten Mittelständlers Autoflug aus Rellingen bei Hamburg, sagt dazu: “Wir müssen im Hinblick auf die deutsche Souveränität sicherstellen, dass wir uns für die kommenden 30 bis 50 Jahre nicht voll in die Hände der Amerikaner geben.”

Man darf außerdem nicht außer Acht lassen, dass der Kauf von US-Waffensystemen auch die dafür notwendige Schulung des Personals sowie die Wartung und die Lieferung von Ersatzteilen durch US-Unternehmen vorsieht. Airbus-Manager Wolfgang Schoder zufolge machen die Kosten für diese Dienstleistungen “über einen Lebenszyklus von bis zu 40 Jahren 70 Prozent der Gesamtkosten aus”.

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Kostenfaktor “Krisenjet” F-35

Im Hinblick auf die Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist es wichtig zu betonen, dass immer mehr Experten den USA vorwerfen, die Konfrontation des kollektiven Westens mit Russland zu nutzen, um die eigenen wirtschaftlichen Probleme lösen zu können. Die Sanktionen im Energiebereich etwa hatten zur Folge, dass Amerika zum größten Flüssiggaslieferanten Europas aufsteigen konnte, zum wirtschaftlichen Nachteil der Europäer selbst wohlgemerkt.

Die wirtschaftlichen Nachteile in der besagten Rüstungsproblematik stellen aber nicht nur die versäumten Aufträge für die deutsche Industrie dar, sondern auch der hohe Kostenfaktor bei dem Geschäft mit den US-Herstellern. Als Beispiel ist der bereits erwähnte US-Tarnkappenbomber F-35 anzuführen, dessen Beschaffung für die Bundeswehr als wesentlicher Teil des “Sondervermögens” gilt.

Dieser Kampfjet der 5. Generation ist in der Lage, senkrecht zu starten, und kann zudem als Träger für Atombomben verwendet werden. Damit soll der F-35 den veralteten “Tornado” ablösen und dazu beitragen, die atomare Schlagkraft der NATO zu gewährleisten. Laut US-Angaben belaufen sich die Gesamtkosten für die 35 Maschinen, die die Bundeswehr bekommen soll, auf 8,4 Milliarden US-Dollar. Damit liegt der Stückpreis offenbar bei zirka 240 Millionen US-Dollar.

Dabei ist der F-35 längst nicht unumstritten. Der Kampfjet gilt als eines der teuersten Militärflugzeuge der Welt und die damit verbundenen Risiken führten bislang zu Debatten und Widerständen in den Ländern, die den F-35 kaufen wollen. Nach einhelliger Meinung der Experten ist der F-35 das weltweit fortschrittlichste Kampfflugzeug, allerdings sind sich die meisten auch darüber einig, dass dieses Rüstungsprojekt technologisch und ökonomisch nach wie vor höchst problematisch abläuft.

Es geht vor allem um die technologischen Aspekte, die die Gewährleistung der Kampffähigkeit des F-35 betreffen und direkt mit den wirtschaftlichen Aspekten des F-35-Programms zusammenhängen. Militärexperten haben immer wieder thematisiert, dass dieses komplexe Waffensystem trotz aller Bemühungen von Lockheed Martin weiterhin zahlreiche Mängel aufweist. Die Behebung dieser Mängel führte bislang zu Verzögerungen bei der Serienproduktion und damit zu steigenden Kosten beziehungsweise Kostenrisiken, die nur schwer zu berechnen sein sollen.

Diesbezüglich schreibt der Journalist Karl-Heinz Peil in seinem Online-Artikel unter Verweis auf eine aktuelle Greenpeace-Studie, dass das Problem mit den hohen Kosten für den F-35-Kampfjet unter anderem den mehr als 800 bekannten und zum Teil gravierenden Mängel geschuldet sei, die auch nach zwei Jahrzehnten der Entwicklung existierten und die Maschine nicht voll einsatzbereit machen würden.

Diese in der Studie aufgezeigten Kostenrisiken verweisen in puncto Abschätzung der Beschaffungs- und Betriebskosten auf eine “völlige Intransparenz der Kostenermittlung, die auch vertraglich mit dem Hersteller kaum reduziert werden können”, so Peil. Er gehe davon aus, dass die tatsächlichen Kosten “eine Mischung von variablen Kosten aufgrund der Stückzahlen, der Einbeziehung von Betriebsmaterial pro Einheit und Fixkosten für die zugehörige Infrastruktur” seien, weshalb mindestens ein Drittel der Beschaffungskosten die Fixkosten ausmachen würden.

Was die Beschaffungskosten für die 35 Bundeswehr-Maschinen angeht, so haben sich diese Kosten aufgrund zwischenzeitlich erfolgter Wechselkursverluste des Euro gegenüber dem Dollar bereits deutlich erhöht. Allein seit Jahresbeginn ist der Kurs des Euro in Dollar laut dem Portal Business-Insider um mehr als 15 Prozent zurückgegangen.

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