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Die Ernte könnte um ein Drittel schrumpfen: Russische Ökonomen über den globalen Mineraldüngermarkt

Die Ernte könnte um ein Drittel schrumpfen: Russische Ökonomen über den globalen Mineraldüngermarkt

Quelle: www.globallookpress.com © Christoph Hardt / Geisler-FotopresSymbolbild

von Ekaterina Kyjko

Die Ausfälle bei den Exporten von Mineraldünger aus Russland sind auf den Zusammenbruch der Logistikketten infolge antirussischer Sanktionen zurückzuführen. Das erklärte Prof. Swetlana Awdaschewa, Leiterin der Abteilung für angewandte Wirtschaft an der Nationalen Forschungsuniversität “Hochschule für Wirtschaft” (HSE University), in einem Gespräch mit RT. Die Einschränkung der Lieferungen könne zu negativen Folgen globalen Ausmaßes führen, betonte der ehemalige Vize-Minister für Landwirtschaft und Ernährung, Leonid Cholod. Experten glauben, dass es nicht einfach sein wird, Alternativen zu heimischen Produkten zu finden. Außerdem könne der Mangel an Düngemitteln aus Russland und Weißrussland zu einem erheblichen Rückgang der Ernteerträge und infolgedessen zu Hungersnöten in einigen Regionen der Welt führen.

RT: UN-Generalsekretär António Guterres erklärte auf dem Ministertreffen “Roadmap on Global Food Security – A Call to Action”, dass die in Russland produzierten Lebensmittel und Düngemittel auf den Weltmarkt gebracht werden müssen, um die Nahrungsmittelkrise zu bewältigen. Wie steht es derzeit um die Lieferungen russischer Düngemittel ins Ausland, zumal die USA und die EU ihre Einfuhr nicht offiziell beschränkt haben?

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Leonid Cholod: “Die Russische Föderation ist einer der größten Lieferanten von Mineraldünger auf dem Weltmarkt. Doch der Sanktionen wegen kamen die Exporte zum Erliegen, es entstanden Probleme mit der Logistik und der Bezahlung. Die ausländischen Händler wissen oft nicht, wie sie mit den russischen Lieferanten zusammenwirken sollen, und diese wiederum fürchten sich vor möglichen Problemen.”

Swetlana Awdaschewa: “Das Haupthindernis für die Zulieferung russischer Produkte ist heute der Zusammenbruch der Logistikketten, weil internationale Transportunternehmen sich weigern, die Häfen Russlands anzulaufen.”

RT: Darf man von einer Krise auf dem globalen Markt für Düngemittel sprechen?

Swetlana Awdaschewa: “Im Jahr 2020 begannen die Energiepreise zu steigen. Daher war ein Anstieg der Preise für Mineraldünger unvermeidlich, besonders weil es sich um eine nicht erneuerbare, endliche Ressource handelt. Ein stetiger Anstieg der Preise war über mehrere Jahre in Folge zu beobachten, und vor allem während der COVID-19-Pandemie. Doch jetzt, aufgrund der Störungen in den Lieferketten, könnte es gewaltig werden.”

RT: Welchen Marktanteil haben die russischen Düngemittel auf dem globalen und insbesondere auf dem europäischen Markt?

Leonid Cholod: “Noch zu Zeiten der UdSSR hat sich diese Industrie aktiv entwickelt, da die entsprechenden Rohstoffquellen – Phosphatgestein, Kalisalz usw. – erschlossen wurden. Im Jahr 2021 lieferte die Russische Föderation 37,6 Millionen Tonnen Mineraldünger im Wert von 12,5 Milliarden USD auf den Weltmarkt. Das entspricht etwa 20 Prozent der weltweiten Düngemittelausfuhren, sodass Russland als ein wichtiger Akteur auf dem Weltmarkt angesehen werden kann.”

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Swetlana Awdaschewa: “Ich möchte daran erinnern, dass es mehrere Arten von Mineraldüngern gibt, und bei der Produktion jedes einzelnen von ihnen ist der Anteil Russlands ziemlich hoch, aber vor allem bei Kali-Düngemitteln, deren Anteil am Weltmarkt für diese Stoffe ein Viertel beträgt. In der Europäischen Union sind es etwa 60 Prozent. Die größten Käufer von russischem Kalidünger sind Brasilien und China. In Regionen Afrikas und Südostasiens gibt es Länder, deren Bedarf durch russische Kalidünger-Lieferungen komplett gedeckt wird.”

RT: Wie stark ist der Westen von russischen Düngemitteln abhängig? Gibt es alternative Anbieter?

Leonid Cholod: “Lateinamerika und europäische Länder sind die wichtigsten Importeure russischer und weißrussischer Produkte. Zwar haben sie die Wahl zwischen verschiedenen Anbietern, doch eine solche Umstellung erfordert Zeit und Geld. Möglich ist auch eine Steigerung der Produktion von Kali- und Phosphatdünger, wenn entsprechende Lagerstätten und Aufbereitungsanlagen vorhanden sind. Schwieriger ist es mit Stickstoffdüngern, die nicht nur eine große und gut ausgestattete Produktionsstätte, sondern auch eine Menge Erdgas erfordern.”

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Swetlana Awdaschewa: “Russland bedient 10 Prozent des US-Marktes für Mineraldünger. Angenommen man möchte die Preise für die Landwirte erhöhen und russische Produkte ablehnen, so könnte Kanada diese Produkte liefern. Komplizierter ist die Situation in der EU. Deutschland ist so ziemlich das einzige Land mit einer eigenen Kaliproduktion. Aber es ist schwer zu sagen, ob die deutschen Lieferungen die russischen für ganz Europa ersetzen können.

Sollte Kanada seine Dünger-Exporte auf die USA verlagern, so wird es nicht zum gleichen Preis nach Afrika und Südostasien liefern können. Die Preise werden folglich höher sein. Russische Lieferanten dagegen sind in der Lage, potenziellen Käufern Preisnachlässe zu gewähren.”

RT: Derzeit wird auf höchster Ebene über eine potenzielle globale Hungersnot gesprochen. Solche Prognosen sind nicht nur in Russland zu hören. Wie wahrscheinlich ist das? Und welche Rolle könnte dabei die Situation auf dem Weltmarkt für Mineraldünger spielen?

Leonid Cholod: “In Europa, wie in den meisten Ländern, sind Schwarzerde-Böden selten und die Böden sind stark ausgelaugt. Zur Aufrechterhaltung normaler Erträge werden viele Düngemittel benötigt. Ohne sie kann es kritisch werden, entsprechend werden die Preise steigen. Es erübrigt sich zu sagen, dass ein solches Szenario nicht zur Lösung des Hungerproblems beitragen wird.”

Swetlana Awdaschewa: “Der Markt für Mineraldünger spielt in diesem Fall eine Schlüsselrolle. Somit ist nicht auszuschließen, dass der Verzicht auf diese Ressource zu einem Rückgang der Ernteerträge um ein Drittel führen wird. Was jedoch nicht bedeutet, dass die ganze Welt hungern wird. Doch globaler Hunger im Sinne von Nahrungsmittelknappheit in einer Gruppe von Ländern und Regionen ist durchaus möglich.”

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