Westukrainer: Keine Flüchtlinge, sondern Privilegierte
Ich treffe dort eine Studentin, die mehr Fragen hat als mein neugieriger Nachbar in Kiew. Sie will wissen, ob ich Geld auf einem ukrainischen Konto habe. Natürlich nicht, ich bin ja offiziell pleite. Auf die Frage, ob ich eine Wohnung in Kiew habe, sage ich ebenfalls nein. Die vermiete ich doch an die Ostukrainer aus Lugansk. Ein Auto? Meint sie meinen Tesla? Ha, der gehört noch meiner Tante! Den werde ich noch umschreiben, keine Sorge.
Ich bekomme ein Zimmer im Zentrum von Zürich, Haltestelle Stauffacher, also quasi mitten im Paradies, könnte man sagen. Allerdings, diese Glocken! Als würde jemand mit einer Kuhglocke im Wohnzimmer jonglieren. Wie leben die Schweizer damit? Ich habe mich ernsthaft gefragt, ob ich Ohrstöpsel oder gleich eine Abrissbirne brauche.
Die Studentin erklärt mir die Rechte und Pflichten der Flüchtlinge auf Deutsch, was wie eine monotone Vorlesung in einer fremden Sprache klingt. Ich bat die ukrainische Übersetzerin, mir das Ganze auf Russisch zu übersetzen, weil ich den interessanten Punkt des Gesprächs bereits verstanden hatte: Wann bekomme ich mein Willkommensgeschenk? Es stellte sich heraus, dass die Schweizer nicht gern Bargeld verteilen.
Stattdessen gibt es einen Scheck, und man muss ins Rathaus laufen, um ihn einzulösen. Zum Glück sprechen sie auch dort Russisch. Nach meiner kurzen Zeit stelle ich fest, dass in Zürich in den Geschäften, auf den Straßen und an den Haltestellen mehr Russisch als Englisch gesprochen wird. Es ist erstaunlich, wie viele Ukrainer hier sind, und alle sprechen Russisch miteinander. Sehr patriotisch.
Aber dann kam der große Moment: 1.250 Franken in bar! Oder besser gesagt, in Scheckform. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie einen Fehler gemacht hatten. Aber nein, die Studentin entschuldigte sich sogar bei mir, weil zusätzliche 300 Franken für meine Brille noch fehlten. Sie versprach, es so schnell wie möglich zu klären und mir nächste Woche den fehlenden Scheck zu schicken.
Dann kommt die Studentin auf mich zu und fragt, ob ich einen Psychologen brauche. Ich bin mir nicht sicher, wer von uns beiden einen Psychologen braucht. Vielleicht sollte sie einen Termin für uns beide machen. Sie fragt mich, ob ich ein Post-Putin-Trauma habe. Nochmals, wer hat da eigentlich das Trauma – sie oder ich?
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Anschließend sagt sie, dass sie mir 60 Franken extra pro Monat zahlt, wenn ich Deutsch lerne. 60 Franken! Was kann man damit schon machen? Vielleicht ein Kino besuchen oder eine Tai-Chi-Stunde nehmen. Aber Moment, sie bieten auch eine Ganzkörpermassage an. Und das zahlt die Krankenkasse? Wo ist der Haken? Wo ist der Haken, bitte schön?
Ich informiere noch die Studentin, dass ich nächste Woche dieses Geld nicht abholen kann, weil ich Urlaub in der Ukraine machen will. Ich muss meinen Tesla zurück in meine Garage in der Ukraine bringen und ihn schnell auf meine Tante umschreiben, damit ihn die Schweizer nicht konfiszieren.
Vielleicht kann ich auch ein paar Kisten mit Schuhen und Kleidung aus Schweizer Spenden in meiner Garage verstauen. Die Studentin wünscht mir eine gute Reise zurück in die Ukraine und warnt mich, dass ich als ukrainischer Flüchtling mit Schutzstatus S nicht mehr als zwei Wochen in der Ukraine sein darf. Keine Sorge, sage ich ihr, das ist nur ein kurzer Trip. Ein schneller Urlaub zurück in das Land, aus dem ich angeblich fliehe. Auf dem Weg nehme ich noch drei Ukrainerinnen als Mitfahrerinnen mit, die mir bereits für die Fahrt Geld gegeben haben.
Aber am Ende des Tages denke ich mir, die Schweizer sind reich, aber auch unheilbar dumm. Oder bin ich das? Wer kann das schon genau sagen?
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