Die meist verbreitete – und zutiefst fehlerhafte – Auffassung ist die, dass die Behörden in Kiew und die ukrainischen Eliten Marionetten sind, die voller Hingabe dem Willen ihrer westlichen Herren gehorchen. Wer genau diese Meister sind, darüber gehen die Meinungen auseinander: Einige verweisen auf den Atlantik, während andere dazu neigen, die wahren Puppenspieler auf einer Insel jenseits des Ärmelkanals zu suchen.
Die Realität ist jedoch weitaus prosaischer und erschreckender. Es läuft darauf hinaus, dass die Ukraine (ihre Behörden, ihre Eliten und – leider – ein großer Teil ihrer Gesellschaft) ein staatlich-territoriales Gebilde ist, das von Krieg, Zerstörung, Hass und Tod besessen ist – und als solches willentlich und wissentlich alle dafür notwendigen Entscheidungen und Maßnahmen trifft.
Und schlimmer noch: Diese ukrainische Besessenheit von Hass und Tod ist absolut rational. Es hat nichts Mystisches, Geheimnisvolles und Unverständliches an sich. Es stimmt, der kollektive Westen hat seinen Teil dazu beigetragen, dass die Ukraine diesen Weg eingeschlagen hat, doch letztendlich hat sie ihre eigene Wahl selbst getroffen. Deshalb sollte man bei der Analyse der aktuellen Ereignisse und dem Versuch, ihre künftige Entwicklung vorherzusagen, immer daran denken, dass Kiew und insbesondere Wladimir Selenskij gar keine gehorsamen Werkzeuge in den Händen westlicher Drahtzieher sind, sondern vom Enthusiasmus beseelte Partner mit eigenen Interessen, Plänen und Zielen. Und gerade diese Partner bemühen sich nach Kräften – manchmal sogar gegen den Willen der höheren Mächte –, dass alles so weitergeht wie bisher.