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Die USA schleichen sich langsam aus dem Ukraine-Konflikt raus

Die USA schleichen sich langsam aus dem Ukraine-Konflikt raus

Quelle: Gettyimages.ru © Anna MoneymakerUS-Präsident Joe Biden am 15. März 2024 im Oval Office des Weißen Hauses.

Von Dmitri Trenin

Das Abkommen von Istanbul – der Entwurf eines Waffenstillstands, der im Frühjahr 2022 zwischen Russland und der Ukraine erzielt werden konnte – ist erneut ins Gespräch gekommen. Allerdings ist dieses Abkommen in der damaligen Fassung zum heutigen Zeitpunkt nicht mehr relevant und dürfte in Zukunft kaum noch von Nutzen sein. Die Realitäten vor Ort, die Positionen in den Herzen und Köpfen vieler Personen in wichtigen Schlüsselfunktionen haben sich seither völlig verändert.

"Die Zeit läuft ab": Deutscher NATO-General a.D. hadert mit "zu langsamer" Waffenhilfe für Kiew

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Dennoch ist es kein Zufall, dass die Debatte über Verhandlungen für einen Waffenstillstand zum selben Zeitpunkt in der Schweiz begann, als dem Westen klar wurde, dass die Ukraine nicht in der Lage sein wird, irgendeine Form von Sieg erreichen kann. Und dabei ist nicht von einem ultimativen Sieg die Rede, sondern von jeglichen bedeutsamen Erfolgen auf dem Schlachtfeld.

Diese Initiative wurde nicht von der Ukraine selbst in die Wege geleitet, sondern von Russlands westlichen Gegnern, mit denen sich Russland mittlerweile tatsächlich im Krieg befindet. Hinter all diesen diplomatischen Manövern steht der Wunsch, einen offensichtlichen russischen Sieg um jeden Preis zu verhindern. Worüber wir jetzt wirklich reden, ist eine Propagandakampagne, weil derzeit im Westen niemand in der Stimmung für ernsthafte Verhandlungen ist.

Lassen Sie mich erklären, was das bedeutet. Aus der Sicht Russlands wären echte Verhandlungen solche, die jene Fragen lösen würden, die ursprünglich zur militärischen Intervention in der Ukraine geführt haben. Wenn diese Fragen nicht gelöst werden können, werden wir in der Zukunft mit einem umfassenderen Krieg konfrontiert sein, vielleicht einem noch schrecklicheren, mit noch schwerwiegenderen Folgen. Oder anders gesagt: Wenn man zu den Waffen greift, dann muss man bereit sein bis zur Neige zu gehen, um eine Lösung für jene Probleme zu erzwingen, die überhaupt erst Anlass für kriegerische Maßnahme waren.

Der Westen versucht einen Sieg Moskaus zu verhindern – und das wird auch ganz offen kommuniziert. Und der Westen versucht dies auf zwei Arten zu erreichen: Der eine Weg besteht darin, Waffen und Geld in die Ukraine zu pumpen. Der andere Weg ist diplomatisch, indem der Anschein erweckt wird, dass man Verhandlungen anstrebt, was letztlich reine diplomatische Propaganda darstellt. Die Idee dahinter besteht darin, Dutzende Staaten zu vereinen, ein Gruppenfoto zu knipsen und psychologischen Druck auf die russische Führung auszuüben. Aber ich bin davon überzeugt, dass sie sich alle Beteiligten sehr wohl darüber im Klaren sind, dass dies alles weitgehend irrelevant ist, sollte Moskau seine erklärten Ziele der Militäroperation nicht erreichen. Andernfalls werden die von Russland erbrachten Opfer, von den Verlusten auf dem Schlachtfeld bis zu zahlreichen anderen Opfer, umsonst gewesen sein.

Gleichzeitig schleichen sich die USA von der ukrainischen Front weg. Washington hat zwar immer noch das letzte Wort, ist aber jetzt, wie Obama zu sagen pflegte, “eine Kraft im Hintergrund”. Grundsätzlich tun die USA alles, damit sie im Falle eines direkten Zusammenstoßes mit Russland nicht zu Schaden kommen, während sie bestrebt sind, dass lediglich die Menschen an der Front leiden müssen. Und natürlich sind die USA noch nicht so sehr müde davon, Kiew zu unterstützen, vielmehr liegt es im Interesse der USA, dass sie ihre Ressourcen, die nicht unbegrenzt sind, in verschiedene Richtungen verteilen können. Ja, die Ressourcen der USA sind gigantisch, aber ich wiederhole, sie sind nicht mehr unbegrenzt. Und derzeit ist der Nahe Osten für Washington strategisch sehr viel wichtiger geworden als die Ukraine.

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Sie werden vielleicht bemerkt haben, dass ich nicht einmal das Thema China angesprochen habe, ein Thema, das die USA im Hinblick auf ihre Rolle im Weltgeschehen als existenziell betrachten. Bleiben die USA weiterhin die globale Nummer eins oder werden sie zur Nummer zwei degradiert? Für viele in den Korridoren der Macht in Washington wäre ein solches Szenario der reinste Todesstoß.

Derzeit hat Russland die Möglichkeit, ein langes Spiel zu spielen, die Machenschaften im Westen in Ruhe zu beobachten und diese konkret einzuschätzen. Auch deswegen ist es interessant zu beobachten, was derzeit über Verhandlungen gesagt wird – und nicht über das unvermeidliche Geschwätz über eine Niederlage Russlands auf dem Schlachtfeld. Aber diese Art des Geschwätzes ist für Russland lediglich von Vorteil.

Russland weiß, dass man im Westen mittlerweile verstanden hat, dass man Russland nicht besiegen kann und nun versucht, zur nächsten Position des Rückzugs überzugehen. Die Rhetorik im Westen verläuft jedoch immer noch entlang der Linie, dass es unmöglich sein muss, einen russischen Sieg zuzulassen. Für Russland selbst würde ein Teilsieg einer Niederlage gleichkommen. Der Westen würde dadurch in die Position kommen, auf jede erdenkliche Weise die Lage in Russland zu beeinflussen, sollte es Russland nicht gelingen, die erklärten Ziele der militärischen Operation zu erreichen.

Ich denke, die Zeit arbeitet zugunsten von Russland. Warten wir mal ab, was sich in den Vereinigten Staaten abspielen wird, im Zuge des Wahlkampfs für die nächste Präsidentschaft. Und beobachten wir, was nach der Wahl passieren wird. Gleichzeitig muss Russland selbst Fortschritte machen, während seine Gegner mit internen Problemen beschäftigt sind und nachdem ihre strategische Vision für den Nahen Osten, Ostasien und die Ukraine in Turbulenzen geraten ist.

Das sind die echten, und wirklichen Erfolge, die meines Wissens, von der russischen Armee derzeit auf dem Schlachtfeld erzielt werden.

Übersetzt aus dem Englischen.

Dmitri Trenin ist Forschungsprofessor und Institutsdirektor an der Fakultät für Weltwirtschaft und Weltpolitik der Moskauer Higher School of Economics sowie leitender Forscher am Nationalen Forschungsinstitut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen der Russischen Akademie der Wissenschaften.

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