Analyse Es ist keine Verschwörung, wenn links und rechts zusammenarbeiten
Klar, die Behauptung, politische Bewegungen seien von Russland gelenkt, ist ein zentraler Punkt der aktuellen westlichen Propaganda, und, nebenbei bemerkt, der demokratiefeindlichste davon (da Demokratie nur funktionieren kann, wenn die vorhandenen Positionen als gegeben akzeptiert werden; sobald die Sicht dominiert, einzelne Punkte seien echt, andere nicht, sind Verhandlungen und Kompromisse unmöglich, womit die demokratischen Prozesse im Kern tot sind). Aber wenn man mit solcher Absolutheit behauptet, bestimmte politische Überzeugungen seien das Ergebnis externer Manipulation, genauer, externer Manipulation, die einem geopolitischen Gegner zugeschrieben wird, und in der Darstellung die nicht unbedeutende Frage nach originärer politischer Bewegung gar nicht auftaucht, dann gibt es eine Bedingung, unter der so etwas tatsächlich geglaubt wird (und es gibt leider deutliche Hinweise darauf, dass die Verbreiter solcher Behauptungen es wirklich glauben): dass alle anderen Organisationen, Bewegungen und Strukturen unter der eigenen Kontrolle sind.
Die WP ist nicht gerade ein der US-Buchstabensuppe fernstehendes Medium, im Gegenteil, sie spuckt in der Regel aus, was die Buchstabensuppe gedruckt sehen will. Wir reden hier nicht von den Ergebnissen von Recherchen, sondern von Informationen, die zum Zwecke der Veröffentlichung aus der Buchstabensuppe durchgestochen wurden, um verschiedene Ziele zu erreichen. Das Ziel, das mit diesem Artikel erreicht werden soll, ist klar. Jene Teile möglicher Wagenknecht-Anhänger abzuschrecken, die die Funktion des “Querfront”-Vorwurfs immer noch nicht durchschaut haben, und Wagenknecht selbst, die als konfliktscheu bekannt ist, zu einem Dementi zu bewegen, das die objektiv nötige Sortierung der deutschen Opposition erschwert.
Ein Musterbeispiel für diese Vorgehensweise lieferte jüngst auch das Neue Deutschland (ND) , seit Jahren Sprachrohr des rechten Flügels der Linkspartei, der inzwischen ganz in den Armen der NATO angekommen ist. Weil Jürgen Elsässer auf der vom Ostdeutschen Kuratorium von Verbänden (OKV) organisierten Friedenskonferenz anwesend war – wohlgemerkt, nur anwesend, kein Referent –, ist das gleich Anlass, um die Räume des OKV im ND -Gebäude am Franz-Mehring-Platz in Frage zu stellen. So, wie in dem Artikel der WP Ralph Niemeyer, der Ex-Ehemann von Sahra Wagenknecht, genutzt wird (oder sich nutzen lässt), um die gewünschte Aussage zu erreichen, so ist es in diesem Fall Jürgen Elsässer, der bereits seit 2014 die Rolle spielt, wo immer es gewünscht ist, einen Anlass für Verdächtigungen zu liefern. Bei beiden ist eine Tätigkeit für russische Dienste eher unwahrscheinlich, weil sie sich in den letzten Jahren schlicht als gar zu nützlich für die westliche Seite erwiesen. Nachdem niemand im OKV wusste, wie Elsässer von der Veranstaltung, die auf persönliche Einladung erfolgte, erfahren konnte, stellt sich die Frage, ob nicht die Rosa-Luxemburg-Stiftung oder andere Exponenten des NATO-freundlichen Flügels der Linkspartei Herrn Elsässer informierten, um auf diese Weise den Stachel im Fleisch zu entfernen, den sie im OKV sehen.
Meinung Hartleibige Uneinsichtigkeit: Wie das deutsche Establishment den Ukraine-Krieg debattiert
Nun ist der OKV eines der wenigen, weitgehend unbeeinträchtigten Reststücke der ursprünglichen deutschen Linken, wenn auch womöglich nur, weil die Mitgliedschaft der Verbände eine starke DDR-Bindung hat und die Wendung ins Woke nicht mitvollzog (andere Organisationen, wie die VVN, wurden in den letzten Jahren erfolgreich auf NATO-Kurs gebracht). Und weder den ehemaligen NVA-Militärs noch Rainer Rupp könnte man auch nur ansatzweise glaubwürdig unterstellen, “rechts” zu sein. Was die Konferenz tatsächlich besprach, lässt sich im Internet betrachten. Darüber lässt sich das ND wohlweislich nicht näher aus. Aber es ist wie mit dem Artikel in der Washington Post . Eine wirkliche, offene Debatte um die Fragen, die über die deutsche Zukunft entscheiden, wird mit allen Mitteln sabotiert.
Wobei natürlich die vielfachen Strippen, an denen die deutsche Politik hängt, genau so lange halten, wie die Machtposition des Strippenziehers hält, und auch die vielfachen Beeinflussungen im Inneren durch sechzehn Verfassungsschutzämter und hunderte Stiftungen nur funktionieren, solange das Geld fließt. Bis dahin jedoch sollte man sich darüber im Klaren sein, dass ein Ende dieser allgegenwärtigen Einflussnahmen eine notwendige Voraussetzung dafür ist, in Deutschland überhaupt wieder von einer Demokratie sprechen zu können. Und es ist nicht Russland, das die Demokratie in Deutschland stranguliert.
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