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Elektronische Kampfführung: Warum Russland Masseneinsatz der FPV-Drohne nicht in den Griff kriegt

Elektronische Kampfführung: Warum Russland Masseneinsatz der FPV-Drohne nicht in den Griff kriegt

© Anadolu AgencySymbolbild

Von Alex Männer

Der Ukraine-Krieg ist der erste große Militärkonflikt in der Geschichte, in dem die Mittel der sogenannten “Elektronischen Kampfführung” (EloKa) massenweise und erfolgreich zum Einsatz kommen. Verwendet werden diese Systeme vor allem bei der Bekämpfung von Drohnen, deren massives Auftreten in den vergangenen Jahren die moderne Kriegsführung maßgeblich verändert hat.

In Anbetracht dessen besteht die Aufgabe der elektronischen Kampfführung vor allem darin, mittels elektromagnetischer Wellen die Kommunikation zwischen der feindlichen Drohne und ihrem Operator zu stören oder das Fluggerät durch die Unterdrückung der Satellitennavigation vom Kurs abzubringen, damit es entweder ein bestimmtes Gebiet nicht ausspähen oder eine Sprengladung nicht ins Ziel leiten kann.

Diesbezüglich haben die Kampfhandlungen in der Ukraine deutlich gemacht, dass die Russen, die in diese Technologie schon vor dem Krieg viel investiert hatten, heute wahrscheinlich die besten EloKa-Systeme besitzen. Dies konstatierten unter anderem westliche Medien, die schon mehrfach von einer Überlegenheit Russlands in diesem Bereich berichteten.

In der Tat hat das russische Militär viele Beobachter mit seinen Möglichkeiten bei der elektronischen Kampfführung überrascht. Zum Beispiel wurde damit ein enormer Beitrag geleistet, um die hochgepriesene türkische Kampfdrohne vom Typ “Bayraktar-TB2” bereits in den ersten Monaten der russischen Intervention in der Ukraine komplett auszuschalten. Seitdem sind der einstige “Gamechanger” sowie andere große ukrainische Kampfdrohnen für das Kriegsgeschehen im Grunde irrelevant geworden.

Dominanz der FPV-Drohnen

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Abgesehen davon kann Russland aber nach wie vor das Problem der kleinen und doch sehr tödlichen First-Person-View-Drohnen (FPV) nicht lösen. Wie russische Kriegsreporter berichten, kommen unlängst Hunderte der feindlichen FPV-Drohnen – hauptsächlich entlang der Front- beziehungsweise Kontaktlinie – täglich zum Einsatz und sollen inzwischen für mehr als die Hälfte der Verluste auf der russischen Seite verantwortlich sein. Das liegt auch daran, dass diese ursprünglich zur Aufklärung eingesetzten Drohnen sehr effektiv bei der Bekämpfung der gegnerischen Infanterie und Kriegstechnik verwendet werden. Ihre Dominanz auf dem Schlachtfeld ist inzwischen ein wesentlicher Faktor dafür, warum der Positionskampf gefestigt wird und beide Kriegsparteien davon absehen, breit angelegte Offensiven zu starten.

Dagegen reichen die (taktischen) Mittel der Russen zur Bekämpfung von FPV-Drohnen bei Weitem nicht aus. Da gäbe es zwar Drohnenabwehrkanonen oder kompakte Störsender, die bereits industriell hergestellt werden. Und zudem unzählige, von freiwilligen Helfern in Russland selbstgebaute Störsender, die an die Truppen übergeben werden. Trotzdem fehlt es an diesen Mitteln, womit sich die Frage stellt, warum Russland nicht die bereits vorhandenen Systeme nutzen und etwa eine Flugverbotszone für FPV-Drohnen an bestimmten Frontabschnitten schaffen kann?

Technisch ist man zwar durchaus in der Lage, feindliche Drohnen massenweise vom Himmel zu holen, allerdings erlauben es gewisse Umstände nicht, die niedrigen Höhen nahe der Kontaktlinie ausreichend abzudecken. Bekanntermaßen ist die heutige EloKa-Ausrüstung primär für die Bekämpfung der in großer Höhe operierenden Kampfdrohnen bestimmt und daher sehr leistungsstark, weshalb sie relativ groß ist und auf einem Lkw oder Kettenfahrzeug montiert wird. Dadurch passt sie in keinen Schützengraben und darf auch nicht in der Nähe abgestellt werden, um kein visuelles Ziel für die gegnerische Artillerie abzugeben. Zudem kann dieses Arbeitsgerät während seiner Nutzung vom Gegner geortet werden, sodass es von einem Ort zum anderen verlegt werden muss, um einem feindlichen Angriff vorzubeugen.

Es fehlen taktische EloKa-Mittel

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Wie Wladislaw Schurygin, einer der derzeit bekanntesten russischen Militärexperten, betont, sind diese Systeme ursprünglich auch nicht dafür entwickelt worden, um aus einem Schützengraben gegen sehr tief fliegende Ziele eingesetzt zu werden. Denn bei der Entwicklung von elektronischen Kampfsystemen hatte man an sowas wie FPV-Drohnen noch gar nicht gedacht. Daher fehlt in diesem Bereich eine taktische Komponente, die den Einsatz der elektronischen Kampfmittel in kleineren Einheiten – wie einem Zug oder einer Kompanie – vorsieht.

Trotzdem soll die “bedingungslose Vorherrschaft der FPV-Drohnen” nicht ewig anhalten, meint Schurygin:

“Sobald der militärisch-industrielle Komplex der Industriestaaten Kuppeln und Firewalls der elektronischen Kampfführung über der taktischen Zone errichtet, wird die Vormachtstellung der FPV-Drohnen zu Ende gehen.”

Unter anderem, weil diese Neuerungen sich entscheidend auf den Kostenfaktor der Drohnen auswirken könnten, so der Experte. Denn schließlich müsste dann deutlich mehr in diese Fluggeräte investiert werden, um das taktische EloKa-System zu überwinden. Es könnte sogar so weit kommen, dass die Produktion und der Einsatz dieser Drohnen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit sich nicht mehr lohnen würden.

Mit Blick darauf wird in Russland an mehreren vielversprechenden Projekten gearbeitet, von denen sich einige im Endstadium der Entwicklung befinden. Eines davon ist die bereits erwähnte “Kuppel”, die vom Zentrum für die Förderung von Verteidigungsinnovationen (ZFV) entwickelt und erfolgreich getestet wurde. Darüber berichtete RT Deutsch. ZFV zufolge bildet das Gerät mit der Bezeichnung ORK-M1 eine Art elektromagnetische Kuppel mit einem Durchmesser von 100 Metern und einer Höhe von bis zu 150 Metern. Beim Eintritt in diese Zone wird die Kommunikation der Drohne mit der Bedienerkonsole des Operators gestört und somit verhindert, dass etwa eine Sprengladung ins Ziel geleitet werden kann.

Darüber hinaus entwickelt das ZFV andere wirksame Drohnenabwehrsysteme für das russische Militär. Dazu gehören die Gewehre “Garpija” und “Kurskaja Duga”, deren Funktionsweise auf der Unterdrückung der Satellitennavigation basiert.

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