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Von Alexander Männer
Der infolge der russischen Intervention in der Ukraine im Februar 2022 gestartete Sanktionskrieg des Westens gegen Russland galt für Moskau als die größte wirtschaftliche Herausforderung des vergangenen Jahres. Vor allem die Erdöl- und Gasproduzenten des Landes haben seit fast einem Jahr mit schwerwiegenden Wirtschaftsbeschränkungen seitens der westlichen Staaten zu kämpfen. Trotzdem konnte sich der russische Rohstoffsektor, wie auch andere Bereiche der russischen Wirtschaft, relativ gut an die neue Situation anpassen. Zumindest haben sich die meisten westlichen Prognosen, die im Laufe der Einführung der Sanktionen erstellt worden waren, bislang nicht bestätigt.
Diesbezüglich hat Russlands Energieminister und Vizeregierungschef Alexander Nowak in seinem am Montag veröffentlichten Bericht “Russische Energie 2022: Herausforderungen, Ergebnisse und Perspektiven” Bilanz gezogen und zugleich die Pläne und Ziele für die kommenden Jahre benannt.
Erdöl
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In Bezug auf den Erdölsektor führt Nowak unter anderem das von der EU verhängte Embargo für den Transport von Erdöl und Erdölprodukten aus Russland an, weshalb man das Öl mit einem großen Abschlag von 20 bis 30 US-Dollar absetzen musste. Die Sanktionen haben auch die russischen Ölunternehmen getroffen: So musste Rosneft, der größte Produzent des Landes, seine Produktion im Jahresverlauf um zwei Prozent senken. Dessen ungeachtet betrug die Gesamtförderung in Russland 2022 535 Millionen Tonnen – eine Steigerung von zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr, so Nowak.
An dieser Stelle ist anzumerken, dass sich die meisten westlichen Experten im vergangenen Sommer noch einig gewesen waren, dass das russische Produktionsvolumen im Laufe des Jahres aufgrund von Sanktionen, logistischen Problemen, einem niedrigen Weltmarktpreis und den großen Rabatten auf Erdölprodukte zwangsläufig zurückgehen wird. Jedoch konnte der Abschwung dank der Neuausrichtung der Exporte nach Osten, vor allem nach China und Indien, verhindert werden. Insgesamt stiegen die Exporte dem Bericht zufolge um 7,6 Prozent und beliefen sich auf 242 Millionen Tonnen.
Was das aktuelle Jahr angeht, so rechnet Nowak mit einem Rückgang der Ölproduktion. Sie soll etwa 490 Millionen Tonnen ausmachen, da bereits unter anderem eine Drosselung der Produktion im März um 500.000 Barrel pro Tag beschlossen wurde.
Interessant sind die Vorgaben für 2023 beim Export: Mehr als 80 Prozent der Ausfuhren und 75 Prozent der Ölprodukte sollen in die sogenannten “befreundeten Länder” gehen, die sich hauptsächlich in Asien befinden. Im Rahmen dieser neuen Exportstrategie wurde ein entsprechender Plan zur Neuausrichtung der Lieferwege von West nach Ost und damit eine Steigerung der Öllieferungen in die Länder des asiatisch-pazifischen Region umgesetzt. Im Ergebnis konnten die Transporte auf 42 Millionen Tonnen Öl pro Jahr gesteigert werden.
Erdgas
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Bei Erdgas sieht die Lage für Russland folgendermaßen aus: Die Gasförderung 2022 betrug rund 674 Milliarden Kubikmeter, was 89 Milliarden Kubikmeter weniger sind als 2021. Der Gesamtexport ging sogar um ein Viertel auf 184 Milliarden Kubikmeter zurück, da die Ausfuhren nach Europa um 45 Prozent beziehungsweise 98 Milliarden Kubikmeter sanken.
Parallel dazu haben sich jedoch die Lieferungen nach China erhöht. Die Exportmenge betrug 15 Milliarden Kubikmeter, was einer Steigerung von 48 Prozent entsprach. Diese Entwicklung wird voraussichtlich auch in diesem Jahr anhalten, weil die Pipeline “Kraft Sibiriens”, die das Gas in die Volksrepublik leitet, noch nicht vollständig ausgelastet ist. Außerdem ist der Bau der Leitung “Kraft Sibiriens 2”, die ebenfalls in das Nachbarland führt, in vollem Gange.
In Anbetracht der Förder- und Exportmenge scheint es so, dass der russische Gassektor aufgrund der Sanktionen deutlich mehr Schaden erlitt als die Ölbranche. Betrachtet man jedoch die Umsätze und Gewinne der großen Gasunternehmen, so kann von einer Katastrophe keine Rede sein. Der staatliche Mineralölkonzern Gazprom etwa profitierte fast das ganze Jahr über von steigenden Gaspreisen und damit auch von Rekordumsätzen. Laut Angaben von statista.com belief sich der Nettogewinn von Gazprom allein im ersten Halbjahr 2022 auf rund 42 Milliarden US-Dollar und bedeutete damit einen Rekordgewinn seit 2004, wobei die Förderung des Unternehmens gegenüber 2021 um fast 20 Prozent beziehungsweise 96 Milliarden Kubikmeter gesunken ist.
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Auf lange Sicht bleibt für Russlands Gasbranche, wie im Übrigen auch für die Ölbranche, ein Hauptproblem bestehen, das wenig Grund für Optimismus bietet: Der Verlust eines Großteils des europäischen Marktes, der den Russen generell die meisten Einnahmen einbrachte, kann kurz- bis mittelfristig nicht vollständig ersetzt werden. Aus diesem Grund wird Russland Verluste beim Export in den kommenden Jahren hinnehmen müssen. Gleichzeitig muss man in den Flüssiggassektor investieren, um die Exporte (per Schiff) anzukurbeln.
Eine leichte Steigerung ist dem Bericht zufolge bereits jetzt zu verzeichnen. Die LNG-Exporte stiegen im vergangenen Jahr um fast acht Prozent auf knapp 46 Milliarden Kubikmeter. Nowak betont diesbezüglich, dass die russische Regierung an der technologischen Entwicklung der Branche arbeitet und in erster Linie den Bau von weiteren inländischen Gasverflüssigungsanlagen plant. Die “Umsetzung und Teilfinanzierung von vier Projekten zum Bau von LNG-Anlagen” werde bereits in Angriff genommen. Insgesamt “sind 18 solcher Projekte in Russland geplant”, heißt es.
Kohle
Die Kohleindustrie war im vergangenen Jahr einer der ersten Industriezweige in Russland, die mit Lieferbeschränkungen der westlichen Länder konfrontiert wurde. Die heimischen Kohleunternehmen konnten ihre Exportstrategie jedoch relativ schnell daran anpassen und den Kohleabbau darum sogar leicht steigern.
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2022 wurden in Russland fast 444 Millionen Tonnen Kohle abgebaut. Die Exporte gingen um siebeneinhalb Prozent beziehungsweise 211 Millionen Tonnen zurück, gleichzeitig stiegen aber die Lieferungen auf den Inlandsmarkt um etwa zwölf Prozent auf etwas mehr als 172 Millionen Tonnen.
Nowak weist darauf hin, dass die Bemühungen der Regierung und der Kohleunternehmen darauf abzielen, den Export in die asiatischen Länder neu auszurichten und das Wachstum der Nachfrage nach Kohle auf dem heimischen Markt zu stärken. Dafür werde ein Teil des östlichen Bahnnetzes modernisiert, so der Vizepremier, um eine Erhöhung der Transportkapazitäten der Baikal-Amur-Magistrale und der Transsibirischen Route von 180 Millionen Tonnen pro Jahr zu erreichen. Zudem soll der Bau einer Teilstrecke in den fernöstlichen Regionen Jakutien und Chabarowsk die Ausfuhren um 30 Millionen Tonnen pro Jahr bis 2030 erhöhen.
Die Hauptabnehmer russischer Kohle bleiben weiterhin China und Indien: Diese beiden Länder sind gerade dabei, ihre Importe aus Russland zu steigern. China hat im vergangenen Jahr fast 60 Millionen Tonnen russischer Kohle importiert – ein Plus von elf Prozent. Indien führte fast 17 Millionen Tonnen ein, was einem enormen Zuwachs von 148 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. “Wir rechnen damit, dass die Kohleexporte in die Länder der asiatisch-pazifischen Region bis zum Jahr 2030 um das Eineinhalbfache bis Doppelte ansteigen werden”, so der Energieminister.
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