Am 29. August 2022 hielt der deutsche Bundeskanzler an der Prager Karls-Universität eine Rede, die Anlass zu Mutmaßungen über die Zukunft der Europäischen Union (EU) gibt.
Hier ein erster Ausschnitt:
“In diesen Tagen stellt sich erneut die Frage, wo künftig die Trennlinie verläuft zwischen diesem freien Europa und einer neoimperialen Autokratie. Von einer Zeitenwende habe ich nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar gesprochen. Putins Russland will mit Gewalt neue Grenzen ziehen – etwas, das wir in Europa nie wieder erleben wollten. Der brutale Überfall auf die Ukraine ist somit auch ein Angriff auf die europäische Sicherheitsordnung. Dem stellen wir uns mit aller Entschlossenheit entgegen. Dafür brauchen wir eigene Stärke – als Einzelstaaten, im Verbund mit unseren transatlantischen Partnern, aber eben auch als Europäische Union.”
Mit “neoimperialer Autokratie” meint Scholz Russland. Auch sonst ist die Auslegung des Politikers zu dem Krieg in der Ukraine mit der üblichen, taubstummen Naivität behaftet. Er kommt aber auch auf die Europäische Union als Ganzes zu sprechen. Er beschreibt die Notwendigkeit, “ihre Unabhängigkeit und ihre Stabilität” in Zukunft zu gewährleisten – im Hinblick auf die Bedrohung aus dem Osten. Dieses “geeinte Europa” identifiziert Scholz als einen “Dorn im Auge Putins”. Mit diesem Vorwort bricht der Bundeskanzler auf zur eigentlichen Prämisse: Es müssen “EU-Reformen” her.