Am Donnerstag ist bekannt geworden, dass der russische Inlandsgeheimdienst FSB im Vorfeld des 9. Mai einen Versuch des ukrainischen Auslandsgeheimdiensts vereiteln konnte, über 30 Strommasten zweier Atomkraftwerke in den Gebieten Leningrad und Twer zu sprengen. Den Terroristen gelang es, einen Strommast zu sprengen und vier weitere Strommasten des Atomkraftwerks Leningrad zu verminen sowie sieben Strommasten des Atomkraftwerks Kalinin mit Sprengsätzen zu versehen.
Russische Ordnungskräfte nahmen die Mitglieder der Sabotagegruppe fest: die ukrainischen Staatsangehörigen Alexandr Majstruk, Jahrgang 1978, Rufname “Mechaniker”, und Eduard Ussatenko, Jahrgang 1974, Rufname “Max”. Darüber hinaus wurde der russische Staatsbürger Juri Kischtschak, Jahrgang 1963, Rufname “JuBK”, zur Fahndung ausgeschrieben. Nach Angaben der Ermittler hält er sich derzeit in Belgien auf.
Der FSB erklärte, dass die Saboteure im September 2022 von dem Mitarbeiter des ukrainischen Auslandsgeheimdiensts Oberst Witali Gorbatjuk angeworben und in Lagern in den Gebieten Kiew und Nikolajew ausgebildet wurden. Später kamen sie aus der Ukraine über Polen nach Weißrussland und überquerten illegal die russisch-weißrussische Grenze im Gebiet Pskow.
Zudem wurden zwei Handlanger der Saboteure festgenommen – russische Staatsbürger, die den Tätern Fernmeldegeräte und Autos mit gefälschten Nummern zur Verfügung stellten. Von den Verhafteten wurden 36,5 Kilogramm Plastiksprengstoff C-4, 61 Elektrozündsätze, 38 Zeitschalter und zwei Pistolen des Typs PM samt Munition beschlagnahmt.
Nach Angaben des FSB wurde der Sprengstoff über internationale Speditionen aus der polnischen Stadt Chełm nach Šalčininkai in Litauen und von dort aus über Weißrussland in den Kreis Rschew des russischen Gebiets Twer eingeschleust. Zur Tarnung wurde ein mit Geheimfächern ausgestatteter Anhänger verwendet.
Die Saboteure wurden gemäß den Straftatbeständen der “Sabotage” und des “illegalen Erwerbs, der Übergabe, Veräußerung, Lagerung, des Transports, Versendens oder Tragens von Sprengstoffen oder Sprengsätzen” des russischen Strafgesetzbuchs angeklagt. Der erste Artikel sieht bis zu 20 Jahre Haft vor, der zweite zwischen sechs und acht Jahren Haft.
Auf einem vom FSB veröffentlichten Video ist zu sehen, wie die ukrainischen Saboteure ein Versteck mit Sprengstoff, Zündsätzen und Zeitschaltern einrichten. Ein weiteres Video zeigt einen an einem Strommast angebrachten Sprengsatz, umgestürzte Strommasten und schließlich die Festnahme der Verdächtigen. Später verrieten die Saboteure, wo sie den Sprengstoff und Bauteile für die Anfertigung von Sprengsätzen aufbewahrten.
Der Sprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow, erklärte, dass der Sabotageversuch an den Atomkraftwerken Leningrad und Kalinin von den andauernden Feindseligkeiten Kiews zeuge. Er betonte, dass die Verantwortung für den Sabotageversuch bei Terroristen liege und dass russische Rechtspflegebehörden die Terroristen weiterhin bekämpfen.
Es handelte jedoch sich nicht um den ersten Versuch der Ukraine, Objekte der russischen Atomindustrie zu beschädigen. Das Ziel der meisten Angriffe ist seit Langem das Atomkraftwerk Saporoschje, das das ukrainische Militär häufig unter Beschuss nimmt. Darauf weist auch die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) hin, deren Inspektoren sich in dem Kraftwerk befinden.
So erklärte der Leiter der IAEA, Rafael Grossi, Anfang Mai, dass die Lage um das AKW Saporoschje immer unvorhersehbarer und gefährlicher werde. Der IAEA-Chef zeigte sich angesichts der “durchaus realen Risiken für die nukleare und physische Sicherheit, denen das Atomkraftwerk ausgesetzt ist”, äußerst besorgt. Dabei ist der Beschuss durch Kiews Militär nicht die einzige Bedrohung, die von der Ukraine ausgeht.