Meinung Finnland tauscht seine Zukunftsaussichten gegen einen NATO-Beitritt
Das finnische staatliche Energieunternehmen Fortum Oyj, das 90 Kilometer von Helsinki entfernt zwei noch in der Sowjetzeit gebaute WWER-Reaktoren betreibt, schloss in den 1990er Jahren einen Vertrag mit der British Nuclear Fuel Ltd., die heute zu Westinghouse Electric Co. gehört. Und am Ende? Am Ende mussten die Brennstäbe dann doch wieder von Rosatom gekauft werden.
Viele Kaufwillige
Kasachstan scheint ja zunächst als alternativer Lieferant eine gute Wahl zu sein: Immerhin entfallen 25 Prozent der weltweiten Exporte auf diese ehemalige Sowjetrepublik. Allerdings sind Astanas Kapazitäten für einen Ausbau der Ausfuhr höchst fraglich. Und nach Prognosen des Weltnuklearverbandes wird die Nachfrage nach Uran bis zum Jahr 2030 um ein Drittel steigen.
Die Bemühungen um kleineren CO₂-Ausstoß haben das Vereinigte Königreich, Frankreich und die USA dazu gezwungen, die Kernenergie neu zu überdenken. Der Bau neuer Reaktoren wird dort in Angriff genommen. Doch der wichtigste Punkt ist die Schaffung einer stabilen Brennstoffversorgungskette – und hier sind die Aussichten düster. Leonid Chasanow, ein unabhängiger Branchenexperte, erklärt:
“Es gibt einfach kein überschüssiges Uran auf dem Weltmarkt, und überhaupt ist es damit nicht wie mit Aluminium oder Kupfer: Man kann damit nicht einfach so handeln – sondern es sind extrem strenge Anforderungen bei der Lieferung zu erfüllen. In dieser Branche werden nur langfristige Verträge abgeschlossen. Hinzu kommt, dass die Wiederinbetriebnahme des Kernkraftwerks in Japan und die Inbetriebnahme neuer Anlagen in China in den Startlöchern stehen. Auch dort wird Uran benötigt werden, was bedeutet, dass die Preise erheblich steigen werden.”
Und es gibt noch mehr Feinheiten zu beachten, so Chasanow weiter:
“Erstens besitzt Rosatom sechs Minen gemeinsam mit der kasachischen Kazatomprom – und somit könnte sehr schnell die Frage der ‘politischen Reinheit’ des Urans aufgeworfen werden. Zweitens müssen dafür noch unerschlossene Vorkommen erst für die Förderung vorbereitet werden, was sowohl Zeit als auch Geld kostet.”
Eine Möglichkeit wäre ja, dass die osteuropäischen Kernkraftwerke einfach Yellowcake (ein Zwischenprodukt der Uranerzaufbereitung) kaufen. Allerdings müsste man sich dann mit der Anreicherung befassen – und das sind gänzlich neue Dimensionen von Kopfzerbrechen.
Russland wird Absatzmärkte finden
Eine Abkehr Osteuropas vom russischen Uran, sofern sie geschieht, könnte bis zu zehn Jahre dauern. In dieser Zeit würde Rosatom den Bau von Kernkraftwerken in einer Reihe von befreundeten Ländern abschließen und damit die Exporte und Einnahmen sicherstellen. Für Russland wäre es nicht schwierig, auf andere Märkte auszuweichen – genau so, wie es das zuvor mit dem Öl getan hat, macht Wladimir Kowaljow aufmerksam:
“China wird in ein paar Jahren 18 Reaktoren in Betrieb nehmen. In der Türkei und Bangladesch sind Kernkraftwerke im Bau. Die bereits bestehenden Kapazitäten in Asien werden ermöglichen ihrerseits, die Stromproduktion zu erhöhen, wofür ebenfalls zusätzliche Brennstäbe benötigt werden. Russland wird die Lieferungen dorthin umlenken.”
In Europa droht jedoch aufgrund von Selbstüberschätzung die Fortsetzung desselben, wovon es auch heute bereits geplagt wird: einer wachsenden Energiekrise. Kernbrennstoff ist anders beschaffen als Erdgas oder Kohle und erfordert präzise konstruierte Anlagen, die den Genehmigungsanforderungen aller möglichen Sicherheitsbehörden entsprechen.
Ein Bruch mit Russland würde die Stromversorgung von fast 100 Millionen Menschen bedrohen – vor allem in Ländern, die auf die Kernkraft als primäre Quelle für saubere Energie angewiesen sind.
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei RIA.
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