Am vergangenen Sonntag wurde in Nordmazedonien, der seit 1991 unabhängigen ehemaligen Teilrepublik Jugoslawiens, einer der früheren albanischen Rebellenführer, Talat Xhaferi, zum Premierminister des Landes ernannt. Talat Xhaferi (andere Schreibweise: Talat Jaafari) desertierte während der 2001 beinahe zu einem Bürgerkrieg ausgewachsenen Unruhen der albanischen Minderheit des Landes aus der offiziellen Armee und schloss sich den Rebellen der albanischen “Nationalen Befreiungsarmee” an.
Diese militarisierte Gruppe griff seit dem 22. Januar 2001 Einheiten der nordmazedonischen Armee an, kontrollierte bald größere Gebiete im Norden und Westen des Landes und hatte sich im März desselben Jahres der Hauptstadt Skopje auf eine Entfernung von 20 Kilometern genähert. Es kam zu regelrechten Schlachten mit zahlreichen Toten auf beiden Seiten, und erst im August konnte der Konflikt durch das Ohrid-Friedensabkommen beigelegt werden. Xhaferi wurde auf Grundlage dieses Abkommens amnestiert und bekleidete ab 2013 sogar den Posten als Verteidigungsminister Nordmazedoniens. Nun stieg er gar auf den wichtigsten Regierungsposten auf.
Nicht wenigen in Nordmazedonien kommt das alles wie ein böser Traum vor. Das Balkanland entstand durch den Zerfall des ehemaligen Jugoslawiens und wurde im Jahr 2001 zum Schauplatz bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen albanischen Rebellen und der offiziellen Regierung der damaligen FYROM (ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien). Unter diesem Namen fand auch die Aufnahme in die UN statt.
Dies ist nicht der Wille der Bürger Nordmazedoniens, insbesondere nicht der Wille seiner Mehrheitsbevölkerung, sondern Folge von verfassungsrechtlichen Lösungen, die das Land unter dem Druck des Westens umsetzen musste, um sich der EU anzunähern und zum jüngsten Mitglied der NATO zu werden. Nach einem langjährigen Streit mit Griechenland, das jegliche Fortschritte des Balkanstaates in seinen euroatlantischen Bestrebungen verhinderte, erfolgten tektonische Veränderungen, die die Staatlichkeit und Souveränität Mazedoniens bedrohten.