Bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am Sonntag werden voraussichtlich rund 64 Millionen türkische Bürger ihre Stimme abgeben. Das Kräftemessen zwischen Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan und Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu wird darüber entscheiden, ob sich die Türkei wieder dem Westen zuwendet oder nicht. Zudem werden Dutzende von Parteien um die Kontrolle der 600 Sitze in der Nationalversammlung kämpfen.
Recep Tayyip Erdoğan
Erdoğan ist seit 2014 Präsident und war zuvor elf Jahre lang Ministerpräsident. Er ist ein sozialer Konservativer, der die Türkei von der EU-Integration weggeführt hat, während er im eigenen Land eine gemäßigte islamistische Politik fördert. Nachdem Erdoğan im Jahr 2016 einen Putschversuch einer Fraktion des türkischen Militärs vereitelt hatte, stärkte er im darauffolgenden Jahr mit einem Paket von Verfassungsreformen die Macht des Präsidenten drastisch.
Der 69-Jährige ist Gründer und Vorsitzender der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP), die derzeit die größte Fraktion im Parlament bildet.
Kılıçdaroğlu, Erdoğans größer Herausforderer, ist ein 74-jähriger ehemaliger Beamter, der die Republikanische Volkspartei (CHP) anführt. Er hat versprochen, die Befugnisse des Präsidenten zu beschneiden und die Türkei zu einem parlamentarischen System mit einem Premierminister an der Spitze zu führen. Gleichzeitig will er die von der EU geforderten Justiz- und Menschenrechtsreformen umsetzen.
Seine Partei CHP ist derzeit die zweitstärkste im Parlament.
Außenseiter-Kandidaten
Zwei weitere Kandidaten bewerben sich um das Präsidentenamt. Sinan Oğan ist ein Akademiker und ein rechter Nationalist, der versprochen hat, syrische Flüchtlinge abzuschieben. Obwohl er früher Mitglied der mit Erdoğan verbündeten Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) war, kandidiert Ogan als Unabhängiger.