Meinung

Generationengerechtigkeit? Die aktuellen Politiker hinterlassen ein Europa in Scherben

Generationengerechtigkeit? Die aktuellen Politiker hinterlassen ein Europa in Scherben

Quelle: www.globallookpress.com Aktivisten von “Die letzte Generation” bei einer Aktion im März in Berlin am Brandenburger Tor

Von Gert Ewen Ungar

Vor rund 20 Jahren tauchte in der öffentlichen Diskussion ein Begriff neu auf: die Generationengerechtigkeit. Er wurde den Deutschen regelrecht in die Augen und Ohren gerieben. Gekoppelt war er zunächst an andere Begriffe – wie den des demographischen Wandels beispielsweise. Im Verbund mussten sie beide als Begründung für die Absenkung des Rentenniveaus und die Erhöhung des Renteneintrittsalters herhalten.

Populistisch und griffig war der Begriff durchaus. Mit ihm wurde von ganz interessierter Seite nämlich von den deutschen Unternehmen verdeutlicht, dass aufgrund der niedrigen Geburtenrate in Deutschland immer weniger Menschen im arbeitsfähigen Alter mit ihren Leistungen immer mehr Rentner finanzieren müssten. Das System müsse daher zusammenbrechen, wenn man es nicht grundlegend “reformiert”. Die nachwachsende Generation würde von “den Alten” finanziell förmlich ausgesaugt. Das sei ungerecht gegenüber den Jüngeren. So einleuchtend die Erklärung auf den ersten Blick scheint, so falsch ist sie de facto, denn in der Rechnung wird eine wichtige Variable einfach unterschlagen: der fortwährende Produktivitätszuwachs. Die Unternehmer konnten sich mittels der Litanei von der Generationengerechtigkeit aus der paritätischen Finanzierung der Rentenversicherung schleichen. Und das war der eigentliche Sinn und Zweck. 

Die Rente

Dessen ungeachtet war ein einprägsamer PR-Begriff gefunden, der auf ein ethisches Missverhältnis zwischen den Generationen aufmerksam macht und seine Behebung einfordert. Eine griffige Wortmarke überdeckt oftmals einfach argumentative Mängel durch ihre moralische Aufladung.

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Das neue Lieblingswort der PR-Branche war also Generationengerechtigkeit. Vor allem im Rahmen der Finanzkrise ab 2009, die zu einer Staatsschuldenkrise umgedeutet wurde, wurde das Wort Generationengerechtigkeit erneut ins mediale Rampenlicht gehoben. Künftige Generationen müssten die Staatsschulden, welche ihre Eltern- und Großelterngeneration aufgenommen hatten, zurückzahlen. Das sei ungerecht, deswegen müsse man sparen, brauche man eine Schuldenbremse und müsse staatliche Ausgaben zurückschrauben. Auch das war auf den ersten Blick ziemlich schlüssig, auf den zweiten jedoch ebenfalls ziemlich falsch. Denn unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten werden mit den Schulden auch immer die Forderungen daran vererbt. Die Bilanz zwischen vererbtem Vermögen und vererbten Schulden ist aber null. Dennoch wurde auch hier das Ziel erreicht. Deutschland schrieb sich die Schuldenbremse in die Verfassung. Keine Investitionen mehr auf Pump lautet die neue Regel. Man lässt lieber die Infrastruktur verrotten und verliert technologisch den Anschluss. Wie sich das wiederum mit der Forderung nach Generationengerechtigkeit in Übereinstimmung bringen lässt, ist bisher unbeantwortet geblieben. 

Die Staatsschulden und das Klima

Auch angesichts des Klimawandels und des damit verbundenen Ziels einer Energiewende in Deutschland wird ausgiebig von Generationengerechtigkeit gesprochen. Eine ganze Bewegung hat den Begriff der Generationengerechtigkeit gleich in doppelter Weise für sich in Anspruch genommen. Die Aktivisten von Die letzte Generation behaupten von sich, die letzte Generation zu sein, welche die klimarelevanten Fehler aller vorausgegangenen Generationen noch korrigieren können. Sollte das nicht gelingen, wäre “die letzte Generation” tatsächlich die allerletzte, weil dann nach Ansicht zahlreicher Aktivisten menschliches Leben auf der Erde unmöglich werden würde.

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Interessant ist nun, in welchem Kontext gerade nicht von Generationengerechtigkeit gesprochen wird. Und zwar ist das die Sanktions- und Eskalationspolitik der Bundesregierung und der EU gegenüber Russland – und künftig wohl verstärkt auch gegenüber China. Diese Politik hat aber massiven, ausschließlich negativen Einfluss auf die nachfolgenden Generationen. Dass der Eiserne Vorhang wieder hochgezogen wird und durch das Sanktionsregime schon jetzt die Reisefreiheit massiv eingeschränkt ist, mögen unter Klimaschutz-Aspekten einige der Aktivisten sogar befürworten. 

Definitiv nicht zu befürworten ist aber, dass Deutschland mit dem Festhalten an den Sanktionen die eigenen Klimaschutzziele gar nicht einhalten kann. Gleichzeitig wird die deutsche Wirtschaft dauerhaft beschädigt. Während sich unter volkswirtschaftlichen Aspekten Staatsschulden nicht vererben lassen, trifft das leider auf eine kaputte Infrastruktur und zugrunde gegangene Industrien nicht zu. Dieser Mangel wird tatsächlich und sehr real an die nächste Generation weitergegeben. Auch mit der sozialen Spaltung, die sich aus den hohen Energiepreisen und der steigenden Inflation ergibt, wird die nachfolgende Generation mit all ihren Begleitphänomenen leben müssen: Verelendung der Innenstädte, zunehmende Obdachlosigkeit, soziale Unruhen, Massenarbeitslosigkeit.

Die aktuelle Politik ist alles andere als generationengerecht 

Vererbt werden wird auch ein völlig zerrüttetes Verhältnis zu Russland und vermutlich auch zu China. Die aktuell in verantwortliche Positionen gewählte Politiker-Generation zerschlägt derart viel diplomatisches Porzellan, dass es Jahrzehnte dauern wird, das zerstörte Vertrauen in Deutschland wieder zurückzugewinnen. Bis dahin werden die nachfolgenden Generationen mit diesem tiefen Misstrauen ihnen gegenüber leben müssen. Deutschland ist kein verlässlicher Partner, ist an Frieden und an einem friedlichen Zusammenleben der Nationen auf dem europäischen Kontinent nicht interessiert, wird die Lehre lauten, die andere Staaten auf der Welt aus dieser aktuellen Krise gelernt haben werden.

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Zudem wird der nachfolgenden Generation eine hochverschuldete Ukraine überlassen, die absehbar ihren Schuldendienst gar nicht leisten kann, was sich zusätzlich dämpfend auf die ohnehin am Boden liegende Wirtschaft der Geberländer auswirken wird. Das ist sicherlich nicht abschließend analysiert. Was aber deutlich geworden sein sollte, ist, dass die aktuelle Politik der Konfrontation den nachfolgenden Generationen eine schwere Last aufbürdet. 

Während der Begriff der Generationengerechtigkeit bisher vielfach populistisch und zur Durchsetzung von Lobbyinteressen gebraucht wurde, wäre er im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt tatsächlich angebracht. Denn es ist zu befürchten, dass diese Politiker-Generation ihren Erben nichts weniger hinterlässt als ein Europa in Scherben.

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