Analyse Wie bereitet sich Transnistrien auf einen möglichen Angriff der ukrainischen Streitkräfte vor?
Das wird das rumänische Parlament derzeit kaum offiziell beschließen, aber es zeigt, dass es bereits Überlegungen gibt, die Landkarte neu zu zeichnen. Und wer auf die Landkarte schaut, der stellt fest, dass Moldawien und Transnistrien danach praktisch von Rumänien umschlossen wären, weshalb man nicht viel Fantasie braucht, um zu verstehen, welche Pläne man in Rumänien wohl für Moldawien haben könnte.
Die Reste aufteilen
Dass auch Polen Gebietsansprüche an die Ukraine hat, ist ein offenes Geheimnis. Die polnische Regierung, ebenfalls eine klar nationalistisch orientierte Regierung, träumt recht offen davon, die Grenzen zu verschieben und mindestens die polnischen Grenzen von vor dem Zweiten Weltkrieg wiederherzustellen, als Teile der heutigen Westukraine zu Polen gehörten.
Polen ist dabei bisher sehr geschickt vorgegangen, denn es hat eine Reihe von Abkommen mit Kiew geschlossen, die Polen bereits weitgehende Sonderrechte in der Ukraine einräumen. Außerdem spielt sich Polen in der EU als der wichtigste Helfer der Ukraine auf und möchte auch beim “Wiederaufbau” der Ukraine die Führungsrolle übernehmen.
Seit Beginn der Eskalation des seit 2014 andauernden Ukraine-Krieges vor einem Jahr testet Polen immer wieder die Entsendung von “Friedenstruppen” in die Westukraine aus, was faktisch deren Besetzung durch Polen bedeuten würde. Bisher schreckt Polen vor diesem Schritt zurück, weil die USA deutlich zu verstehen geben, dass daraus resultierende militärische Zusammenstöße mit der russischen Armee kein Fall für die NATO wären, Polen also alleine gegen Russland bestehen müsste.
Polen hat sich mit seinen Bemühungen trotzdem in eine fast perfekte Position manövriert, wenn die Ukraine als Folge des Krieges auseinanderfallen sollte. Polens eigener Anspruch, eine Art Schutzmacht der Ukraine zu sein, wäre ein guter Vorwand, Teile der Ukraine im Falle ihres Auseinanderfallens – quasi zum “Schutz” der Menschen dort – zu übernehmen.
Aktuell hat der polnische Botschafter in Frankreich in einem Interview gesagt:
“Wenn die Ukraine ihre Unabhängigkeit nicht verteidigt, haben wir keine andere Wahl, als in den Konflikt einzugreifen.”
Die Aussage hat Wirbel gemacht, und die polnische Regierung versuchte, die Aussage damit zu begründen, dass Russland nach einem Sieg in der Ukraine weiter nach Europa marschieren werde. Aber vor dem Hintergrund dessen, was ich hier ausgeführt habe, dürfte klar sein, was der Botschafter meinte: Sollte Russland gewinnen, muss Polen sich “seine” ukrainischen Gebiete notfalls mit Gewalt von den Russen zurückholen.
Der Kampf bis zum letzten Ukrainer
Wie gesehen, kann man auch die rumänische Position so ähnlich interpretieren wie die polnische. Auch Rumänien macht sich unauffällig bereit, im Falle eines Falles zumindest die Teile der Ukraine zu übernehmen, die früher mal rumänisch waren und wo es rumänische Bevölkerungsgruppen gibt. Im Falle Rumäniens könnte der Funke dafür in Transnistrien zünden, jedenfalls bereitet die moldawische Präsidentin, die selbst für einen Anschluss Moldawiens an Rumänien ist, dafür den Weg.
Dass derzeit Spezialeinheiten der NATO in Moldawien Übungen abhalten, passt perfekt ins Bild. Die gemeinsamen Militärübungen von Spezialeinheiten der britischen, moldawischen, rumänischen und US-amerikanischen Streitkräfte in Moldawien tragen den schönen Namen Joint Combined Exchange Training und dauern bis zum 7. April, wie das moldawische Verteidigungsministerium mitteilte.
Kiew kämpft derweil bis zum letzten Ukrainer gegen Russland und wird dabei von denen angefeuert, die selbst recht offen Appetit auf Teile der Ukraine haben. Daher ist die Frage, die russische Analysten oft stellen – nämlich, ob es in zwei oder drei Jahren überhaupt noch einen ukrainischen Staat geben wird – nicht unbegründet.
Zuerst veröffentlicht auf dem Medienportal Anti-Spiegel am 28. März 2023.
Thomas Röper ist Herausgeber und Blogbetreiber der Webseite Anti-Spiegel.
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