© Chris Emil Janssen Bundeskanzler Olaf Scholz während der Veranstaltungsreihe “KanzlerGESPRÄCH” in Mannheim, 02.11.2023
Für den Kanzler war es ein lockerer Start. Die erste Frage einer Ärztin und Gründerin lautete, wie man Kontakt zum Bundesgesundheitsminister erhält. Sie entwickle KI-Arztbriefe und würde ihr Unternehmen gern mit Karl Lauterbach besprechen. Eine Frage zum Aufwärmen. Scholz versicherte, dass er den Kontakt herstellen werde.
Dann wurde es sportlicher. Eine Kolumbianerin, die als Kind nach Deutschland kam, spricht den Bundeskanzler auf die “Diversität” an Deutschlands Gesamtschulen an. Ihre Tochter habe mittlerweile an eine private Realschule gewechselt, weil die Zustände so unerträglich seien. Ihre Frage: “Machen Sie sich auch mal Gedanken darüber?”
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Kein Geld, keine Handlungsoptionen
In Kürze lautete die Antwort: Die Politik sei bereits aktiv und das werde schon. Nun wurde es knackig. Ein Rentner informierte den Kanzler darüber, dass er in den 1980er Jahren vom Staat ermuntert worden war, in Form einer Lebensversicherung privat für seinen Lebensabend vorzusorgen.
Im Jahr 2004 wurde allerdings die Gesetzeslage geändert. Die Lebensversicherung wurde in eine betriebliche Altersvorsorge umgemünzt, auf deren monatliche Auszahlung rund 20 Prozent an die Krankenkasse gezahlt werden müssen – inklusive Arbeitgeberanteil. Der Herr hat offenbar ein gutes Gedächtnis, denn Scholz habe vor zwei Jahren im Wahlkampf versprochen, dass er diese Ungerechtigkeit abschaffen werde. “Wann, bitte schön?”
Der Kanzler gab dem Herrn Recht, versicherte allerdings nur, dass es eine rückwirkende Änderung nicht geben werde, da es zu teuer sei. “Das alles rückabzuwickeln ist außerhalb der Handlungsoptionen und kann deshalb auch niemand versprechen, der je glaubt, dass er mal ein Regierungsamt ausüben wird.” Der Fragensteller ist, wenig überraschend, nicht zufrieden, Applaus gibt es für die Antwort auch keinen.
Auch an anderer Stelle wird deutlich, wie wenig Deutschlands Regierungschef tun kann, wenn es nicht darum geht, den Kontakt zu Karl Lauterbach herzustellen. Ein junger Mann erkundigte sich nach den Gründen für die Passivität der Bundesregierung bezüglich des Schicksals von Julian Assange.
Erneut verweist Scholz auf fehlende Handlungsoptionen, die “bekanntermaßen an den [deutschen] Außengrenzen” enden würden. Man habe aber immer darauf geachtet, dass “alles” nach rechtsstaatlichen Kriterien vor sich gehe. Für die Aufdeckung dürfe niemand verurteilt werden, da sei man “sehr klar”.
Habeck und Baerbock: Rauswerfen oder Nachhilfe
Der Endgegner des Abends war jedoch ein zweiter älterer Herr, der zum einen Scholz’ Rolle im Cum-Ex-Ausschuss ansprechen wollte. “Da habe ich die Sorge, dass Sie sehr vergesslich sind.” Unsicheres Lachen im Zuschauerraum. Offenbar sind die meisten im Bilde.
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Wie der Herr ausführt, sorge er sich um die Wahrnehmung Deutschlands im Ausland, wo man sich über den vergesslichen Kanzler bereits lustig mache. “Glauben Sie nicht, wenn Sie diese Last mal von sich werfen und Klarheit schaffen, dass Sie sowohl Deutschland als auch Ihrer Partei helfen würden?”
Die zweite Frage betrifft die Bundesregierung, insbesondere die bekannten fachlichen und sprachlichen Aussetzer des Wirtschaftsministers und der Außenministerin. Habeck wisse demnach nicht, was ein Konkurs ist, und in Baerbocks Geschichtskenntnissen fuhren bereits zu Zeiten Napoleons Panzer über die Schlachtfelder.
“Haben Sie da keinen Einfluss? Entweder müssen Sie sie rauswerfen oder Sie müssen Nachhilfeunterricht geben.”
Scholz’ Kommentar: “Na, das musste ja alles mal raus.” Echte Antworten gab es aber natürlich nicht. Zu Cum-Ex sagte Scholz knapp: “Ich erinnere mich daran, an das ich mich erinnere.” Und für die Arbeit Habecks und Baerbocks fand er lobende Worte. Daraus, wie die Antwort des Kanzlers ausfiel, darf man aber wenigstens entnehmen, dass ihm die zahlreichen Ausfälle seiner Minister wohlbekannt sind.
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