Im Rückblick war stets von den westlichen diplomatischen Anstrengungen kurz vor dem 24. Februar, als russische Truppen in der Ukraine einmarschierten, die Rede. Doch die vielen Termine, ob beim russischen Außenminister Sergei Lawrow oder bei Präsident Wladimir Putin, waren zum Scheitern verurteilt. Weder Bundeskanzler Olaf Scholz noch der französische Präsident Emmanuel Macron, die am Morgen des 22. Februar noch trilaterale Gespräche mit Russland ankündigten, eigneten sich als Vermittler, um die russischen Bedingungen vom 18. Dezember, in denen es um die gesamteuropäische Sicherheit ging, auf eine diplomatische Verhandlungsebene zu bringen.
Und dies aus mehreren Gründen:
Aus russischer Sicht ging es in erster Linie um Sicherheitsgarantien – Stichwort NATO-Beitritt der Ukraine, wie dieser seit 2008 betrieben wurde – und erst in zweiter Linie um Territorialfragen. An der brisanten Frage der fortgesetzten NATO-Osterweiterung manövrierten sämtliche Gäste in Moskau vorbei. Der Fokus war die territoriale Integrität der Ukraine, und damit wurde die Krim-Frage in den hinlänglich bekannten Gesprächsnotizen vorgebracht.
Letztere, im Englischen als “talking points” bezeichnet, wurden sowohl in den politischen Gesprächen hinter verschlossenen Türen als auch bei den Pressekonferenzen gleichsam wiedergekäut, ohne dass auch nur ein westlicher Regierungsvertreter neue Ideen für die russischen Forderungen vorlegte. Lawrow fasste dieses Patt nach dem Treffen mit seiner damaligen britischen Amtskollegin Liz Truss so zusammen: Frau Truss spricht in Tweets.
Das Kriegsgeschehen in der Ostukraine seit 2014 und der schwierige Alltag der Menschen interessierte kaum die Staatengemeinschaft. Einzig Ungarn verwies in den EU-Räten konsequent auf die Lage der Minderheiten und die Repressionen durch Kiew. Der Beobachter-Mission der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, fehlte es an kluger Führung. Die teils unlesbaren Berichte zirkulierten kaum in den Staatskanzleien.
Vertrauen lässt sich nicht in 30 Minuten und nachfolgender Pressekonferenz aufbauen. Diese Termine waren vor allem ein Fotospektakel, ein Monolog reihte sich an den nächsten. Von einer Konsenssuche war keine Spur.
Das russische Misstrauen sollte rund zehn Monate später durch die Aussagen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel bestätigt werden.