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Kein Gastransit mehr durch die Ukraine? Europa drohen wieder Energieknappheit und steigende Kosten

Kein Gastransit mehr durch die Ukraine? Europa drohen wieder Energieknappheit und steigende Kosten

Quelle: www.globallookpress.com © Stefan Sauer/dpaUngenutzte Reserveröhren für Nord Stream 2 im Hafen von Mukran auf Rügen am 25. Oktober 2023: Steigende Kosten für Erdgas sind dank der antirussischen Sanktionen und der Sprengung der Nord-Stream-Leitungen vorprogrammiert. (Symbolbild)

Für den Augenblick erscheint die europäische Gasversorgung gesichert. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit verkündet die Berliner “Ampel”, man habe die durch die antirussischen Sanktionen selbst verursachte Energiekrise gut in den Griff bekommen. Der pannengebeutetelte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Grüne) hat momentan eher mit den Ungereimtheiten und Manipulationen rund um die AKW-Dokumente zu kämpfen, die im von ihm geführten Ministerium stattgefunden haben.

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Auffüllen der Speicher

Doch spätestens Ende dieses Jahres könnte EU-Europa mit neuerlichen Einschnitten bei der Gasversorgung aus Russland konfrontiert sein. Denn im Dezember 2024 läuft ein Gas-Transitabkommen aus, das die Ukraine und Russland vor fünf Jahren geschlossen hatten. Darauf wird in einer Analyse der Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN) aufmerksam gemacht. Gegenwärtig lägen die Großhandelspreise für Erdgas so niedrig wie “seit gut drei Jahren nicht mehr”, heißt es in dem Beitrag. In den Frühjahrs- und Sommermonaten werden üblicherweise die europäischen Gasspeicher wieder befüllt. Wegen des relativ milden Winters und des rückläufigen Verbrauchs der Industrie seien die Speicher bereits zum jetzigen Zeitpunkt mit 63,8 Prozent außerordentlich gut gefüllt; Deutschland könne sogar eine Befüllung seiner Speicher zu 68 Prozent vorweisen. Der Experte der DWN führt die günstige Situation auch darauf zurück, dass noch russisches Erdgas per Pipeline über die Ukraine in die EU gelangt. Damit sei jedoch absehbar Schluss.

Ukraine verweigert Neuverhandlungen

Wie ein Vertreter der Ukraine bei einem Branchentreffen in Amsterdam Ende April erklärt habe, sei eine Neuverhandlung des Durchleitungsabkommens ausgeschlossen. Eine Versteigerung der Leitungskapazitäten werde es nicht geben. In Fachkreisen habe die ukrainische Haltung für Überraschung gesorgt. Allerdings scheinen die Branchenvertreter vergessen zu haben, dass Kiew bereits in der Vergangenheit seine Verfügungsgewalt über die Transitleitungen durch die Ukraine dazu genutzt hatte, den Gashahn ganz oder teilweise zuzudrehen, um höhere Durchleitungsgebühren und günstigere Konditionen für sich zu erpressen. Nicht zuletzt aus diesem Grunde fiel die daraufhin die Entscheidung zum Bau von Nord Stream 1 und später dann Nord Stream 2.

Während 2023 immerhin noch 15 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas via Pipeline durch die Ukraine in die EU gelangten, dürfte dieser Weg 2025 abgeschnitten sein. Auch wenn diese Menge im Vergleich zu den 2021 über Nord Stream 1 bezogenen über 59 Milliarden Kubikmetern Gas eher gering erscheint, würden sie doch der Gasmenge entsprechen, mit denen die Niederlande im Winterhalbjahr vollständig versorgt werden könnten.

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Fehlende Alternativen

Nach der Sprengung der Nord-Stream-Leitungen würden alternative Lieferrouten fehlen. Insbesondere Binnenländer wie Österreich und die Slowakei seien auf den Bezug russischen Gases über das ukrainische Transitnetz angewiesen. Die von Russland in die Türkei verlaufende TurkStream-Pipeline könne keine Entlastung bieten, da ihre Kapazität mit nur vier Milliarden Kubikmetern pro Jahr viel zu gering sei. So habe allein Österreich 2023 über die Ukraine annähernd sieben Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland bezogen.

Ukraine als Speicherort wird unsicher

Zwar sei es gelungen, die inländischen Erdgasspeicher zu einem sehr frühen Zeitpunkt “auf einem für diese Jahreszeit rekordverdächtigen Niveau” zu befüllen. Doch zusätzliche Kapazitäten, die man in der Vergangenheit zur Speicherung in der Ukraine genutzt habe, würden entfallen. Die Ukraine verfügt eigentlich über die größten Erdgas-Speicherkapazitäten Europas. Trotz der in letzter Zeit erfolgten russischen Angriffe auf die Speicherinfrastruktur in der Westukraine will Kiew, so heißt es im Bericht, weiterhin seine Speicherkapazitäten an die Europäer vermarkten.

Auch das nun deutsche Unternehmen SEFE (“Securing Energy for Europe GmbH”), bis Juni 2022 ein Teil des russischen Gazprom-Konzerns, dann faktisch von der Bundesregierung enteignet – “unter treuhänderischer Verwaltung” gestellt – und schließlich verstaatlicht, will weiterhin in der Ukraine Gas speichern. Konkretisiert hätten sich diese Pläne allerdings noch nicht. Ein Grund dafür mögen die fortgesetzten Angriffe des russischen Militärs auf Ziele auch in der Westukraine sein, die auch zu Beschädigungen an den Gasspeichern geführt haben sollen.

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Preissteigerungen absehbar

Auch wenn die Lage momentan noch vergleichsweise stabil erscheine, braue sich “unter der Oberfläche” etwas zusammen, so die DWN. Erdgashändler zeigten sich “alarmiert”. Unsicherheit und Besorgnis würden bei Termin- und Optionsgeschäften durch extreme Preisschwankungen besonders deutlich. Auf Druck der EU wurde der Gasmarkt noch vor Beginn des russischen Militäreinsatzes “liberalisiert” und von langfristigen Verträgen auf spekulative Preisfindung an Börsen umgestellt. Entsprechend machen sich Krisen wie die gegenwärtige im Nahen Osten oder der auslaufende Gastransit durch die Ukraine durch Preisschwankungen bemerkbar. So habe sich seit Ende Februar “der europäische Erdgas-Benchmarkkontrakt an der niederländischen Title Transfer Facility (TTF) in der Spitze um gut 49 % verteuert”; gegenwärtig tendiere der Handel nur wenig darunter. Und Daten der Londoner Rohstoffbörse ICE zeigten, dass “das Volumen der Erdgasoptionen im Jahresvergleich im vergangenen Monat um 84 % gestiegen” sei, “während das Open Interest, das ist die Summe aller ausstehenden Optionspositionen, im gleichen Zeitraum um 117 % zugenommen” habe.

Angesichts der zu erwartenden drastischen Preissteigerungen für Erdgas sei in Erinnerung gerufen, dass die im Dezember 2021 ins Amt gekommene Bundesregierung und insbesondere Wirtschaftsminister Habeck – noch vor Beginn der militärischen Sonderoperation Russlands – die Zulassung von Nord Stream 2 außerordentlich verzögert hatten, obwohl die Pipeline seit September 2021 betriebsbereit gewesen war. Seither sind in Deutschland die Gasvorräte immer wieder knapp.

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