© Christoph Soeder Robert Habeck mit deutschen Wirtschaftsvertretern in Kiew am 4. April 2023
Von Dagmar Henn
Wer irgendwann einmal in der Schule gelernt hatte, Gewinne hätten etwas mit unternehmerischem Risiko zu tun, der kann diese Lektion jetzt getrost vergessen. Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck hat für deutsche Firmen, die jetzt in der Ukraine investieren, nun eine Direktleitung in den deutschen Staatshaushalt als Geldautomat verlegt.
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Der Chemiekonzern Bayer hat – Presseberichten zufolge – angekündigt, 60 Millionen Euro in der Ukraine investieren zu wollen. Was genau die Bayer AG dort produzieren will, ist nicht bekannt. Die Baustofffirma Fixit, die dort bereits tätig ist, beabsichtigt nun, ihre Produktionskapazität zu verdoppeln. Die meisten deutschen Unternehmen, die Produktionsstätten in der Ukraine haben oder bisher hatten, nutzen die Ukraine vornehmlich als Billiglohnland. Wobei sie augenblicklich vor dem Problem stehen, nur noch die billigen Arbeitskräfte zu bekommen, die die ukrainische Armee nicht an der Front verheizt.
Natürlich weiß Habeck ebenso gut wie die beteiligten Firmen, dass heute noch gar nicht klar ist, wer was in der Ukraine wiederaufbauen wird, sofern der Staat als solcher weiter bestehen bleibt. Aber das macht nichts. Denn im Gegensatz zu sonstigen Bürgschaften für Auslandsinvestitionen erklärte er für diesen Fall, das könne alles der deutsche Steuerzahler übernehmen.
“Sollte das Fabrikgebäude zerstört werden, etwa durch Raketenangriffe, garantiert oder haftet der deutsche Staat. Das machen wir normalerweise nicht, aber in diesem Fall machen wir das.”
Man könnte stattdessen auch schlicht versuchen, den Krieg zu beenden. Doch daran hat der Westen, wie in den letzten Wochen aus vielen Mündern deutlich erklärt wurde, gar kein Interesse – außer, die Sonne geht im Westen auf, also die Ukraine siegt.
Wobei allein die Annahme, diese Fabrikgebäude könnten zerstört werden, den Verdacht erregt, so gänzlich zivil sei die geplante Produktion womöglich nicht. Den Firmen kann es unter diesen Bedingungen egal sein; sie bekommen ja alles von Habeck garantiert. Das passt dazu, dass jüngst auch der IWF seine bisherige Regel, an kriegführende Länder keine Kredite zu vergeben, fallen gelassen hat.
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Warum sollen die Unternehmen unter diesen Bedingungen keine Anlagen hinstellen, die ihnen hinterher einfach “vom Staat” bezahlt werden? Im Regelfall werden Auslandsinvestitionen nicht komplett abgesichert, aber die Ukraine ist kein Land wie andere, sondern die große Bühne, auf der sich der um Dominanz ringende Westen als edler Retter inszeniert, während er es komplett zugrunde richtet.
Und wer sagt denn, dass da tatsächlich gebaut werden muss? Eine Direktleitung in den Staatshaushalt, für Investitionen in einem Land, das für seine Korruption berüchtigt ist, in dem größere und kleinere Dinge gerne irgendwohin verschwinden und sich mühelos jemand findet, der gegen eine kleine Beteiligung fingierte Rechnungen ausstellt?
Beabsichtigt der Bundeswirtschaftsminister, regelmäßig Kontrollkommissionen in die Ukraine zu schicken, um zu überprüfen, dass das, was eventuell als “zerstört” gemeldet wird, vorher tatsächlich existiert hat? Oder ist das einfach ein freundliches Angebot zur Selbstbedienung aus dem deutschen Staatshaushalt für alle, die eventuell gerade Absatzprobleme in Deutschland haben?
Klar, abgesehen vom abnehmenden Angebot an Arbeitskräften hat die Ukraine tatsächlich genau das, was so euphemistisch “gute Investitionsbedingungen” genannt wird. Beschäftigte haben inzwischen keinerlei Rechte mehr, und es dürfte kaum ein effektiveres Zwangsmittel geben, als möglichen Unruhestiftern zu drohen, sie an die Front schicken zu lassen. Man könnte sagen: selbst für Einweginvestitionen sind das geradezu paradiesische Bedingungen. Und warum sollte ein deutscher “Grüner”, der die nachhaltige Zerstörung der Ukraine durch den Westen für moralisch erhebend hält, irgendwelche Skrupel bezüglich ganz ordinärer Ausbeutung hegen?
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Wenn diese Nummer Schule macht und sich das Erwerbsmodell über die bisher erwähnten zwei Firmen hinaus ausweitet, könnte das natürlich ziemlich teuer werden. Aber auch diese Variante eines Raubzuges dürfte widerstandslos durchgehen. Wer weiß, selbst Rheinmetall könnte in Versuchung geraten, das angekündigte Reparaturwerk für die gelieferten Rüstungsgüter doch in der Ukraine zu bauen; mit den Vorteilen der Korruption sind Unternehmen des militärisch-industriellen Komplexes schließlich traditionell bestens vertraut.
Die Berichterstattung über Habecks Zusicherung von staatlichem Vollkasko lässt jedenfalls erkennen, dass niemand mehr erkennt, wenn eine weitere Runde der Selbstbedienung an Steuereinnahmen eingeleitet wird. Während die deutsche Infrastruktur weiter zerfällt und die Entwicklung im deutschen Einzelhandel belegt, dass aus der Bevölkerung nur noch wenig zu holen ist, weil sich die Inflation fast eins zu eins im Umsatzrückgang niederschlägt, fallen im Umgang mit dem Projekt Ukraine sämtliche Schranken, vor allem die des Anstands und der Vernunft.
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