Quelle: www.globallookpress.com © Michael Kappeler Annalena Baerbock in einer Kaffeerösterei in Addis Abeba (13. Januar 2023)
Von Dagmar Henn
Wenn die Gesichter der Menschen ihr tatsächliches Inneres zeigen würden, wie sähe dann das Gesicht von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock aus? Könnte sie sich noch im Spiegel betrachten? Würde sich ihr noch irgendjemand nähern wollen?
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So etwas geht einem durch den Kopf, wenn man ihre Rede vor dem Europarat anhören muss. In der erzählt sie, wie üblich, in schlechtem Englisch eine rührende Anekdote, von einer 16-Jährigen, die sie in Charkow getroffen habe, die nicht mehr zum Volleyball könne und sich im Keller verstecken müsse, die aber aus Italien zurückgekehrt sei, weil das ihre Heimat sei.
Ganz abgesehen davon, dass jeder, der in Bezug auf Deutschland das Wort Heimat auch nur in den Mund zu nehmen wagte, sofort die grünen Inquisitoren von Correctiv und Volksverpetzer auf den Hals gehetzt bekäme; abgesehen davon, dass das vielleicht zu einer Kreistagsabgeordneten passt, solche Geschichtchen zu erzählen, aber nicht zu einer Außenministerin, ist das die übliche Heuchelei von “Da sterben Menschen”. Denn der einzige Grund, warum man Probleme hätte, dieser 16-Jährigen eine Altersgenossin aus dem Donbass, sagen wir mal, aus Gorlowka entgegenzustellen, ist, dass die dortige 16-Jährige vielleicht nie dazu kam, Volleyball zu spielen, weil ihre Schule schon seit über acht Jahren immer wieder unter Beschuss liegt. Ansonsten befinden sich, so sehr das Frau Baerbock überraschen mag, auf jeder Seite jedes Krieges immer Menschen.
Nur dass ihr die Tatsache, deutsche Außenministerin zu sein, das Recht nimmt, eine solche Geschichte zu erzählen. Denn entgegen ihrer Selbstdarstellung ist sie nicht Beobachterin dieser Ereignisse, sondern Täterin. Ganz persönlich. Sie hätte die Möglichkeit gehabt, die Minsker Vereinbarungen umzusetzen oder deren Umsetzung zumindest zu versuchen. Dann müsste weder das Mädchen in Charkow noch das in Gorlowka seine Nächte im Keller verbringen.
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Zugegeben, als Darstellerin ist sie gut gewählt. Sie hat immer diesen Welpenblick, man ist versucht, ihr das unschuldige Getue abzunehmen. Aber gerade heutzutage darf man nie, unter keinen Umständen vergessen, dass die Informationen, die in den Ministerien vorliegen, sich längst extrem von jenen unterscheiden, die den deutschen Massen verabreicht werden. Natürlich kennt man im Auswärtigen Amt die gesamte Vorgeschichte, bis zurück zur deutschen Förderung der Bandera-Ideologie in der Ukraine ab 1992; man weiß vom Krieg im Donbass, genau genug, dass der pathetische Verweis auf Kinder, die jetzt in anderen Teilen der Ukraine ums Leben kommen, nicht getrennt werden kann von der Liste all der Kinder, die ukrainischen Geschossen zum Opfer fielen.
Die rhetorische Unfähigkeit, die von ihren Mitarbeitern konstruiert sein muss, denn es ist kaum vorstellbar, dass am Werderschen Markt niemand mehr übrig ist, der ein halbwegs elegantes Englisch formulieren kann, dieses sprachliche Gestolpere dient nur dazu, die vermeintliche Kindlichkeit weiter zu unterstreichen.
Dabei gab es seit Langem keinen Inhaber dieses Amtes in Deutschland, der so viel Blut an den Händen hat wie Baerbock. Ihre wahre Gestalt müsste eine breite, rotglänzende Schleifspur auf dem Boden hinterlassen. Was sagte sie noch, warum man unbedingt an der Seite der Ukraine stehen müsse? Weil man keine Welt wolle, in der Herrscher ihre Bürger wie Bauern in einem geopolitischen Schachspiel verwenden?
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Wenn sie nicht weiß, dass genau das gerade mit den Ukrainern geschieht, zu Zehntausenden, in Artjomowsk, dann nur, weil sie konsequent weggehört hat. Und weggesehen. Weggelesen. Es ist erst wenige Tage her, dass der Spiegel mit Berufung auf den BND mal ein wenig Wahrheit über die ukrainischen Verluste dort verbreitete. Das war nur ein Ausschnitt aus dem, was im Auswärtigen Amt auf dem Tisch landen dürfte. Aber Baerbock hat vermutlich jemanden beauftragt, das alles an ihrer Stelle zu lesen und dann Schweigen darüber zu bewahren, damit keine Falte ihre Maske der Unschuld beeinträchtigt.
Selbst das Pentagon hat in der US-Presse mittlerweile verkündet, es wolle, dass Wladimir Selenskij seine Truppen aus Artjomowsk zurückzieht. Sicher ist nicht ganz klar, ob das der eigenen Absicherung dient oder wirklich entsprechende Anweisungen an den Kiewer Statthalter gingen; aber eines ist nicht von der Hand zu weisen – selbst als Ausrede würde das nicht gebracht, wenn die Verluste dort nicht entsetzlich wären.
Sieht sie sich an, wie es dort aussieht? Die Aufnahmen aus den Schützengräben? Oder nur die riesigen Gräberfelder in der Ukraine? Sieht sie die Videos, die zeigen, wie selbst in Lwow, der Hochburg der Bandera-Ideologie, inzwischen die Rekruten von der Straße weggefangen werden? Wie sogar Krankenwagen zur Tarnung genutzt werden, um Nachschub für den Fleischwolf zu beschaffen? Wenn sie schon kein Mitleid mit den Mädchen in Gorlowka hat, hat sie es wenigstens mit diesen ukrainischen Männern, die unerbittlich weiter ins Feuer der russischen Artillerie gejagt werden?
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Nein, sie sieht sich das alles sicher nicht an. “Wir mussten zwischen Ungerechtigkeit und Gerechtigkeit, Freiheit und Unterdrückung wählen”, sagte sie in Straßburg. Dass sie Ungerechtigkeit und Unterdrückung gewählt hat, sagt sie nicht.
Man muss entweder sehr dumm oder sehr bösartig sein, um eine solche Vorstellung abzuliefern. Das war auch bei ihrer Kritik an der Türkei zu merken, der sie die Inhaftierung eines Journalisten vorhielt. Wirklich, die Türkei ist das Problem? Wie ist das noch einmal mit Julian Assange, der von einem Mitglied des Europarats in Haft gehalten wird, unter hanebüchenen Vorwänden?
Vielleicht gibt es gar keine deutsche Außenministerin Baerbock, und wir haben es mit einem entronnenen Exemplar der Stepford Wives zu tun, einem Roboter, dessen Gedächtnis täglich gelöscht wird, damit nicht aus Versehen doch Assange oder Gorlowka mit der Vorführung kollidieren. Denn die eiserne Disziplin, das abzusondern, was sie absondert, ohne mit der Wimper zu zucken, die ist menschlich schon kaum mehr vorstellbar.
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“Was uns alle im Rat bindet, ist unsere Hingabe an die Herrschaft des Rechts.” Diesen Moment sähe man gerne in einer globalen Konferenzschaltung, von Argentinien bis Simbabwe, wenn Baerbock von Hingabe an die Herrschaft des Rechts spricht. Wobei nicht lange etwas zu sehen sein dürfte, da es die meisten Zuschauer vor Lachen vom Stuhl reißen würde. Gerade jetzt, da die EU sich daranmacht, das neunte völkerrechtlich völlig illegale Sanktionspaket zu verabschieden und gleichzeitig die Mitgliedsstaaten gierig nach eingefrorenen russischen Vermögenswerten greifen. Nachdem bekannt ist, dass alle Beteiligten der Minsker Vereinbarungen mit Ausnahme der Donbassrepubliken und Russlands diese nur unterzeichnet hatten, um Zeit für die Aufrüstung der Ukraine zu gewinnen, und damit in eklatanter Weise gegen das Völkerrecht verstießen, vorsätzlich, da die Vereinbarungen schließlich vom UN-Sicherheitsrat verabschiedet und damit zu Völkerrecht gemacht worden waren …
“Wir würden gerne den Nutzen eurer Lektionen aus der Vergangenheit haben”, führt sie dann noch eine weitere Gestalt an, die sie diesmal in Kasachstan gefunden haben will. Sicher, junge Leute, die unter den Einfluss westlicher NGOs geraten, glauben, dass im Westen alles, das glänzt, Gold sei. Die wichtigste Lektion aus der Vergangenheit wäre, sich nie wieder über andere Völker zu erheben. Das ist passgenau die Lektion, die Baerbock nie gelernt hat. Sie merkt es nicht, dass sie mit ihrem Schweigen zu Assange bei gleichzeitigem Angriff gegen die Türkei eine Grenze zwischen Herren und Knechten zieht; und das Gleiche tut sie mit ihrem Schweigen zu Gorlowka.
Sie tut das auch den Ukrainern gegenüber, was Sinn ergibt, wenn man sie gerade zu Tausenden abschlachten lässt. Sonst könnte einen doch irgendwann ein schlechtes Gewissen quälen. Das zu übertünchen wäre dann aber zu viel Arbeit für die Visagistin, die dafür bezahlt wird, das Antlitz der Annalena von der heiligen Unschuld immer makellos zu halten.
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“Wie, wollen diese Hände denn nie rein werden?” Nein, sie werden es nicht mehr. Denn neben ihrer Forderung, deutsche Panzer gen Russland zu schicken, in einen Krieg, den sie gefördert hat und der gerade eine ganze Generation der ihr vermeintlich so wertvollen jungen Ukrainer zermalmt, hat sie noch etwas anderes getan, das ein deutscher Minister nie wieder hätte tun dürfen. Und sicher ist es ihr dabei wichtig, “dass wir es gemeinsam tun und dass wir uns in Europa nicht gegenseitig die Schuld zuschieben”. Schon allein, weil ihr eigener Anteil an dieser Schuld nicht unbeträchtlich ist.
Wie ist es, wenn es gesagt ist? Gelten dann alle rechtlichen und materiellen Konsequenzen? Oder zieht sie sich darauf zurück, dass sie ja nur die Außenministerin ist und das folgenlos bliebe, solange es nicht der Kanzler sagt oder gar als Urkunde in Moskau eingeht? Schläft sie noch immer zu gut oder leidet sie unter unstillbarer Blutgier?
“Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland.” Da ist er, der Satz. Wenn es einen Satz gibt, mit dem ein Mitglied einer deutschen Regierung das Urteil der Geschichte über sein gesamtes Tun fällt, dann ist es dieser. Da hilft kein noch so unschuldiges Gesicht. Da gibt es auch keine Waschschüssel, die groß genug wäre, diese Hände wieder rein werden zu lassen. Das ist ein Satz, für den sie womöglich noch Generationen verfluchen werden.
“Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland.” Darauf kann man nicht anders antworten als die Kammerfrau von Lady Macbeth: Ich möchte nicht ein solches Herz im Busen tragen, nicht für den Königsschmuck des ganzen Leibes.
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