Im russischen Massenbewusstsein wird die Ukraine als ein kritisch wichtiger geostrategischer und soziokultureller Faktor für Russland wahrgenommen. Dabei wird außer Acht gelassen, dass dieses Land wegen seiner geografischen Lage und der von der Sowjetunion geerbten Infrastruktur eine ebenso fundamentale Rolle für die Länder Europas spielt. Nach einer Analyse von Marktdaten berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg mit offensichtlichem Verdruss, dass Österreich nicht vorhabe, auf den Kauf russischen Gases zu verzichten. Dieser Schluss wurde auf Grundlage der Betriebsdaten des Central European Gas Hub (CEGH) in Baumgarten gezogen.
Noch vor zwei Jahren waren das ukrainische Gastransportsystem (UGTS) und der Transit des russischen Gases eines der meistdiskutierten Themen, doch der Beginn der russischen Militäroperation und die nachfolgenden Ereignisse in der Welt lenkten die öffentliche Aufmerksamkeit davon ab. Versuchen Sie, sich zu erinnern, wann Sie in der Mainstream-Presse größere und regelmäßigere Erwähnungen des Transits von Kohlenwasserstoffen durch das Gebiet der Ukraine gesehen haben. Nicht-Spezialisten werden sich mit einer Antwort sicherlich schwertun.
Dabei berichtet Bloomberg die reinste Wahrheit.
Kiew, das wohl auf der Hälfte aller Bühnen der Welt zu Wort gekommen ist, schwor hoch und heilig, prinzipiell über keine einzige Frage mit Russland zu verhandeln. Deshalb schweigen sich die ukrainischen Medien über die vergleichsweise unbequeme Tatsache aus, dass zwar eine der Annahmestellen in der Region Woronesch geschlossen wurde, die zweite jedoch – die Gasmessstation Sudscha im Gebiet Kursk – ohne Ausfälle oder Unterbrechungen weiter betrieben wird. Darüber wurde während des gesamten letzten Jahres Gas geleitet, selbst als die Front direkt bei Kiew verlief. Auch in diesem Jahr, als die Kampfhandlungen in eine Stellungsphase übergingen, hörte dieser Prozess nicht auf.