Der kanadische Nationalsender CBC News hat am Montag eine große Recherche zu Betrugsmaschen veröffentlicht, mit denen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew ansässige Callcenter Kanadier um ihr Vermögen prellen.
Es gäbe, schreiben die Investigativjournalisten, die dem Wirken der Kriminellen nachgegangen sind, hunderte betrügerischer Callcenter in Kiew, die weltweit nach Opfern suchen und sie dazu bringen, Ersparnisse an kriminelle Strukturen zu überweisen. Allein in dem Callcenter an Kiews Prachtboulevard, der zu Ehren des Nationaldichters Taras Schewtschenko benannt wurde, seien, so der Bericht, jede Nacht 150 Mitarbeiter aktiv, deren einziger Job darin besteht, die Ersparnisse der Kanadier durch eine Vielzahl von Anlagebetrügereien zu stehlen.
Gesprochen haben die Journalisten mit einem Informanten, der früher in der Branche tätig war. Außerdem hatte sich einer der Reporter auf ein Stellenangebot des besagten Callcenters beworben und Telefonate geführt, in denen der ukrainische Recruiter erstaunlich offen über Tätigkeit und Vergütung sprach. Und natürlich liegt die Auswertung zahlreicher Ermittlungsakten der kanadischen Behörden der Reportage zugrunde. Allein 2023 haben ukrainische Betrüger nach Angaben des Canadian Anti-Fraud Centre (CAFC) mehr als 300 Millionen kanadischer Dollar durch Anlagebetrug gestohlen. Dies sei neunmal mehr als im Jahr 2020. Die Hälfte dieser Verluste war mit Kryptowährungsbetrug verbunden.
Der Vorwurf des von Radio Canada interviewten Whistleblowers lautet, dass kanadische Behörden nichts unternehmen, um den Massenbetrug zu stoppen:
“Ich sehe, dass Kanadier das Ziel Nummer eins sind. Ich denke, das liegt daran, dass die Strafverfolgungsbehörden die Betrüger nicht wirklich verfolgt haben. Ich habe viele Warnungen von Finanzbehörden in Kanada gesehen, aber keine wirkliche Strafverfolgung. Ich denke, dass dies bei den Betrügern den Eindruck erweckt, dass Kanada ein leichtes Ziel ist.”
Und so läuft der Betrug gewöhnlich ab:
Er beginne, so die CBC-Reportage, mit gefälschten Anzeigen in den sozialen Medien, meist auf Facebook. Sie zeigen in der Regel ein Foto eines berühmten Kanadiers ‒ etwa des Premierministers Justin Trudeau, des Oppositionsführers Pierre Poilievre oder des ehemaligen “Dragon’s Den”-Stars Kevin O’Leary ‒, der für ein neues Investitionsprogramm wirbt. Auch Tesla-Chef Elon Musk ist häufig zu sehen.