Analyse Alexander Dugin: Die zweite Welt löst die erste ab – die multipolare Welt wird Realität
In diesem Punkt unterscheiden wir uns von Washington, wie auch Dmitri Peskow erklärte. Als die russische Führung ursprünglich die Schaffung einer neuen Weltordnung ankündigte, verkündete sie einen Kurs zur Verwirklichung einer multipolaren Weltordnung. Hierfür haben wir aufseiten Chinas volle Übereinkunft gefunden.
Biden, Blinken, Johnson und andere selbst ernannte Ideologen der neuen Weltordnung versuchen, uns ein Konzept aufzuzwingen, das von Rudyard Kipling in seinem Gedicht “The White Man’s Burden” beschrieben wurde. Darin heißt es, dass man “Halbwilde und Halbkinder” beherrschen und nicht versuchen solle, sich mit dem Gerede über ihre Freiheit abzulenken.
Der russische Politikwissenschaftler Sergei Michejew hat dieses Konzept sehr treffend beschrieben:
“Die westlichen Eliten bieten die Ein-Mann-Herrschaft über die Welt an. In Form eines geeinten Antlitzes werden wir – so sagen sie – euch alle regieren. Ihr alle solltet glücklich darüber sein. Gleichzeitig werden wir euch alle noch in Bürger der höchsten Klasse, der ersten, der zweiten, der dritten Klasse und so weiter einteilen.”
Aber das ist doch dieselbe Welt, mit der niemand mehr zufrieden ist! Daher die Widersprüche, wenn Washington Russland vorwirft, die Weltordnung verändern zu wollen, und gleichzeitig fordert, dass die USA dasselbe tun. Der russische Senator Alexei Puschkow stellte einst fest:
“Die Vereinigten Staaten können die neue Welt nicht anführen, weil sie ihr Bestes tun, um an der alten festzuhalten.”
Wir können also festhalten: Washington hat sich lange und hartnäckig an die alte Weltordnung geklammert und Russland und China vorgeworfen, sie zerstören zu wollen, hat aber nun erkannt, dass es unmöglich ist, sie aufrechtzuerhalten. Und darin sind wir uns schließlich einig. Bidens Team hat jedoch Henry Kissingers Warnung nicht begriffen, dass “kein Land allein die Weltordnung gestalten kann”. Während Moskau und Peking den Globalen Süden einbinden und gemeinsam das Bild der Zukunft gestalten, versucht Washington einmal mehr, die neokoloniale “Last des weißen Mannes” zu schultern. Naiverweise hält man den Enthusiasmus von “zustimmenden Grunzern” wie Boris Johnson für eine Art kollektive Kreativität. Dieser Ansatz ist jedoch bereits einmal gescheitert, warum hätte man ihn sonst aufgegeben?
Übersetzung aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst am 24. Oktober 2023 auf RIA Nowosti erschienen.
Wladimir Kornilow ist ein sowjetischer, ukrainischer und russischer Politologe, Geschichtswissenschaftler, Journalist, Schriftsteller und gesellschaftlicher Aktivist. Er ist zudem politischer Beobachter bei der russischen Internationalen Nachrichtenagentur Rossija Sewodnja.
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